Jugendliche sagen dennoch "Ja" zum Glauben
Kirchenaustritte in der Region reißen nicht ab

Pastor Hans Georg Wieberneit, einer der stellvertretenden Superintendenten des Kirchenkreises Winsen | Foto: W. Staake
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"Stell dir vor, es ist Gottesdienst und nur der Pastor geht hin": Dieses Szenario kursiert unter manchen Theologen angesichts des nach wie vor hohen Mitgliederschwundes in den Kirchengemeinden. Laut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz traten 2024 deutschlandweit 345.000 bzw. 322.000 Menschen aus den beiden großen Kirchen aus. Im Vorjahr lagen die Zahlen mit 380.000 bzw. 400.000 Austritten zwar noch höher, aber auch die aktuellen Erhebungen sehen die Verantwortlichen mit Sorge.

667.000 Menschen traten 2024 aus den großen Kirchen aus

Auch im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Stade ist laut Superintendent Dr. Marc Wischnowsky ein Rückgang der Mitglieder zu beobachten. "Im Jahr 2023 standen 750 Todesfällen und Austritten 330 Taufen sowie Wiedereintritte gegenüber. Auch wenn die vollständigen Zahlen für 2024 noch nicht vorliegen, zeichnet sich hier ein ähnliches Bild ab: 580 Austritten und Todesfällen stehen 210 Taufen und Wiedereintritte gegenüber", so Wischnowsky gegenüber dem WOCHENBLATT. Die Gründe für den Rückgang seien vielfältig. Neben dem demografischen Wandel und der zurückgehenden Kirchenbindung spielten gesellschaftliche Veränderungen eine Rolle. Der Kirche gehe es wie anderen Institutionen, Vereinen und Parteien: „Lebenslange Mitgliedschaft ist out. Man bezahlt nur noch für eine Leistung.“ Die sinkenden Mitgliederzahlen seien auch ein "Appell, uns als Kirche neu zu denken und unsere Angebote stärker an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten".

"Der Kirchenkreis Winsen bildet leider keine Ausnahme vom allgemeinen Bundestrend. Wir haben derzeit rund 33.000 Mitglieder, verlieren aber jedes Jahr etwa drei Prozent durch Austritte, Todesfälle oder Wegzüge", so Pastor Hans Georg Wieberneit, einer der stellvertretenden Superintendenten. "Wir verfallen aber deswegen nicht in Depression, sondern wollen noch intensiver unseren Auftrag erfüllen - nämlich die Menschen und ihre Seele gerade in schwierigen Zeiten zu stärken und dem Nachwuchs durch eine ansprechende Kinder- und Jugendarbeit einen guten Start im Glauben zu ermöglichen."

Was Jugendliche über ihren Glauben sagen

WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann hat drei junge Leute gefragt, warum sie entgegen dem Trend "Ja" zum Glauben und zur Kirche sagen und sich als Zeichen dafür in diesem Jahr konfirmieren bzw. einsegnen lassen.

„Meine Eltern haben mich als Baby taufen lassen. Mit der Teilnahme am Konfirmandenunterricht und meiner Konfirmation möchte ich dieses Bekenntnis zu Gott bestätigen und auch meine eigene Entscheidung zum Ausdruck bringen, an Gott zu glauben“, sagt Elisa Kröger (13) aus Salzhausen (Landkreis Harburg).

Ihr Glaube macht die Gymnasiastin und passionierte Orchestermusikerin – um mit einem Songtitel von Udo Lindenberg zu sprechen – "stark wie zwei": „Wenn ich an Gott denke, fühlt es sich an, als ob er auch in schwierigen Zeiten bei mir ist. Das hat mir zum Beispiel Kraft gegeben, als meine Oma kürzlich verstarb. Wenn ich mich mal alleine fühle, ist Gott wie ein Ansprechpartner für mich“, erzählt Elisa.

Im Konfirmandenunterricht stand kürzlich eine Freizeit auf dem Programm. "Wir haben viele Spiele gespielt und uns mit Gott beschäftigt. Am letzten Abend haben wir die Freizeit am Lagerfeuer ausklingen lassen, gesungen und viel miteinander geredet. Das war eines meiner Highlights", berichtet Elisa begeistert von der erlebten Gemeinschaft.

Als Konfirmationsspruch hat sie sich "Gott hat seinen Engeln befohlen, dich zu beschützen, wohin du auch gehst" (Psalm 91,11) ausgesucht: "Entschieden habe ich mich für den Spruch, weil ich mich mit ihm identifiziere und ich mich mit ihm immer daran erinnern kann, dass ich nicht alleine bin."

• Ebenso wie Elisa wird auch Malte Müller (15) aus Oelstorf (Kreis Harburg) im Mai konfirmiert. "Damit möchte ich das ‚Ja‘ zu Gott, das durch meine Taufe ausgesprochen wurde, auffrischen und bekräftigen", sagt Malte. "Der Glaube bedeutet mir sehr viel, weil ich weiß, dass mit Gott jemand hinter mir steht – vor allem in Situationen, in denen Menschen mich schlecht behandeln", gibt er sehr persönliche Einblicke. "Das habe ich leider erlebt, denn in der Grundschule wurde ich oft aufgrund einer Lese-Rechtschreibschwäche gemobbt.“ Sein Glaube an Gott habe ihm in dieser Phase geholfen und ihm auch die Kraft für eine Therapie gegeben, durch die sich die Schwäche erheblich reduzierte.

Viel Spaß macht ihm der sehr lebensnahe Konfirmandenunterricht, bei dem es verschiedene Tagesaufgaben gab – etwa zum Thema „Was würde Jesus tun?“: „Da sollten wir uns überlegen, wie wir mit einem Teil unseres Taschengeldes Menschen, die wenig haben, etwas Gutes tun könnten.“

Maltes Konfirmationsspruch ist Psalm 25,4: „Herr, zeig mir den Weg, den ich gehen soll; lass mich erkennen, was du von mir verlangst.“ Aus gutem Grund: "Meine Patentante hat mir den Spruch mal geschenkt, da fiel mir die Wahl jetzt leicht."

• Eine andere Variante der Konfirmation ist die Einsegnung, die Elisa Gellersen (13) aus Lübberstedt (Kreis Harburg) im August im Christus Centrum Tostedt (CCT), einer evangelischen Freikirche, feiern wird. Darauf vorbereitet werden die Jugendlichen in ein Jahr laufenden „Bibel Basics“ (BiBa). „Meine älteren Geschwister haben dort auch schon mitgemacht, und man erfährt sehr viel Lehrreiches über Gott, den Glauben und die Bibel allgemein“, begründet Elisa ihre Entscheidung für die „BiBa“.

Gestaltet sei der Basisunterricht im Glauben als eine Art Teenie-Gottesdienst: „Wir singen unter anderem Lobpreis-Lieder und reden darüber, wie wir beten und welche Themen wir mit Gott ‚besprechen‘“, erzählt Elisa. #%Ein fester Bestandteil der "Bibel Basics" ist das Mitgestalten eines Kindergottesdienstes einmal im Monat. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen aus dem „BiBa“-Unterricht und CCT-Mitarbeitern kümmert sich Elisa dabei um die Gruppe der Jungen und Mädchen im Grundschulalter. Zu den „BiBa“-Aktivitäten gehören auch Freizeiten wie die im vergangenen Herbst, bei der es nach Kiel ging. „Die tolle Gemeinschaft und das vielfältige Programm mit Lobpreis, Predigten und Ausflügen haben viel Spaß gemacht“, blickt Elisa zurück.#%„Ich kann mit Gott reden und die Beziehung zu ihm im Gottesdienst pflegen. Und wenn ich im Alltag in schwierigen Situationen zu ihm bete, hilft er mir“, bringt sie schließlich auf den Punkt, was ihr der Glaube bedeutet.

Pastor Hans Georg Wieberneit, einer der stellvertretenden Superintendenten des Kirchenkreises Winsen | Foto: W. Staake
Dr. Marc Wischnowsky, Superintendent des Kirchenkreises Stade | Foto: Kirchenkreis Stade
Elisa Kröger (13) vor der Salzhäuser St.-Johannis-Kirche, in der sie im Mai konfirmiert wird | Foto: Sandro Kröger
Malte Müller (15) freut sich auf seine Konfirmation | Foto: ce
Elisa Gellersen (13) wird im Sommer eingesegnet | Foto: ce
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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