Projekt am Brunsberg
Renaissance des Hirschkäfers
Sein markanter Kopfschmuck dient nicht nur dem guten Aussehen: Wenn es um die Gunst der Angebeteten geht, werden damit heftige Kämpfe ausgefochten. Der Rivale wird gepackt, hochgehoben und, wenn es gelingt, am besten gleich vom Baum geworfen. Der Hirschkäfer mit seinem großen Geweih ist ein imposantes Tier. Doch die größten Käfer Mitteleuropas sind bedroht, der Hirschkäfer steht längst auf der roten Liste. Am Brunsberg hat der Landkreis Harburg im Rahmen des Kompensationspools ein Refugium für die bedrohte Art geschaffen: Der Hirschkäferwald wird für eine Renaissance des Hirschkäfers sorgen. „Das ist eine Erfolgsgeschichte“, zieht Silke Hiller, die bei der Abteilung Umwelt des Landkreises für den Kompensationspool verantwortlich ist, eine positive Bilanz. Hier gilt: „Die Natur gewinnt.“
Dabei gilt allerdings: „Jetzt ist Geduld gefragt. Das alles ist eine Investition in die Zukunft. Wir müssen in Generationen denken“, sagt Silke Hiller. Denn bis der Eichenwald tatsächlich so weit entwickelt ist, dass er ein Hirschkäferwald ist, wird es noch dauern. „Wir schaffen alle Voraussetzungen, damit sich der gefährdete Hirschkäfer ansiedelt“, sagt Silke Hiller.
Renaturierung erfolgreich
Noch bis Herbst 2016 waren die Wälder gegenüber dem Wasserwerk am Brunsberg monoton und dunkel: Zwischen den dicht an dicht stehenden Fichten, Douglasien und Weißtannen fanden nur wenige Tiere und Pflanzen einen geeigneten Lebensraum. Auch die für die Region eigentlich charakteristischen Kiefern waren im dunklen Dickicht nicht mehr erkennbar. Dann begann die Renaturierung der ehemaligen Wirtschaftswälder – und die hat sich ausgezahlt. Inzwischen ist dort ein ökologisch wertvolles Refugium für Tiere und Pflanzen entstanden, das gleichzeitig ein beliebtes und attraktives Ziel für Spaziergänger ist. Die einst als „Wirtschaftsbäume“ gepflanzten Fichten wurden entnommen, und dadurch kamen viele der teilweise 80 Jahre alten, markanten Kiefern zum Vorschein.
Ziel ist es, dass dort einmal ein ökologisch wertvoller Laubwald zu finden ist. 5.000 Eichen wurden dazu gepflanzt. „Die Eichen sind extrem gut angewachsen“, stellt auch Torben Homm fest, Bezirksförster der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, der den Wald für den Landkreis betreut. „Und langsam erreichen sie mit ihren Wurzeln das Wasser in den tiefen Bodenschichten. Da kriegen die Eichen einen weiteren Schub“, prognostiziert er. Und irgendwann ist der Wald dann auch soweit entwickelt, dass sich der Hirschkäfer ansiedelt und wohlfühlt. Schließlich benötigt er das morsche Holz alter Eichenbäume. Dafür entwickelt sich der Wald, ohne eine forstwirtschaftliche Nutzung. Alle Bäume bleiben dauerhaft im Wald, auch nach dem Absterben sind sie wichtiger Bestandteil eines ökologisch wertvollen Waldes.
Weitere Arten finden im „Hirschkäferwald“ aber bereits jetzt ein Zuhause: Für Meisen und Fledermäuse wurden Nistkästen angebracht – als Ergänzung, bis im Laufe der Jahre natürliche Baumhöhlen als neue Lebensräume entstehen. Wo einst der japanische Staudenknöterich wucherte, wurde der Boden gut einen Meter tief ausgebaggert und eine Sandfläche als Lebensraum für Insekten wie Schlupfwespen geschaffen.
Mit 55 Hektar ist der Bereich am Brunsberg das größte Waldnaturschutzprojekt des Landkreises. Der Hirschkäferwald umfasst dabei rund sechs Hektar, daran schließen sich Eichenwald und die Sprötzer Fuhren an. Das ganze Projekt und der Reiz des Waldnaturschutzareals sind auch gut zu verfolgen: Zahlreiche Wanderwege führen durch das Gebiet – und werden auch gut genutzt. „Wir wollen, dass die Natur erlebbar ist“, betont Silke Hiller.
Zum Hintergrund
Wenn durch ein Bauvorhaben in die Natur eingegriffen wird, muss eine Kompensationsmaßnahme als ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Als Service für Kommunen sowie gewerbliche und private Investoren bietet der Landkreis Harburg seit 2009 einen eigenen Kompensationspool an. Alle Einnahmen fließen wieder in den Erwerb neuer Flächen sowie die Umsetzung von Maßnahmen – der Kompensationspool arbeitet rein kostendeckend. So können sinnvolle und zusammenhängende Kompensationsmaßnahmen auf eigenen Flächen in allen drei Naturräumen des Landkreises – Geest, Marsch und Moor – entwickelt werden. Der Kompensationspool verfügt inzwischen über gut 250 Hektar. Die Projekte sind aufgrund ihrer hohen naturschutzfachlichen Qualität auch über den Landkreis hinaus bekannt. Eine der ersten Maßnahmen war die Entwicklung der Este und ihrer Aue zwischen Podendorf und Emmen auf etwa 16 Hektar. Mit rund 55 Hektar stellen die Waldentwicklungsflächen zwischen dem Naturschutzgebiet Brunsberg und der Sprötzer Heide die größten zusammenhängenden Waldnaturschutzareale des Landkreises dar.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.