Programmiertes Chaos bei Corona-Briefen des Landes
Selbst Tote erhalten Post von der Sozialministerin

Diesen Brief erhielten in dieser Woche zahlreiche Bürger - nicht immer waren sie die richtigen Adressaten
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(os/bim). Das, was viele bereits befürchtet haben, scheint jetzt einzutreten: Der Brief, mit dem Niedersachsens Gesundheits- und Sozialministerin Dr. Carola Reimann (SPD) in dieser Woche die über 80-jährigen Bürger über die Details der Corona-Impfung informierte, ging mitnichten nur an die Zielgruppe, sondern vielfach auch an deutlich jüngere Bürger. Sogar an Tote wurde der Einheitsbrief verschickt, der die Überschrift "Es ist soweit: Niedersachsen impft auch zuhause lebende Personen, die 80 Jahre und älter sind!" trägt.
Wie berichtet, hatte es u.a. von Seiten der Linken und der Grünen Kritik daran gegeben, dass das Sozialministerium beim Versenden der Briefe auf Adressenlisten des Dienstleisters DHL und nicht auf Datensätze aus den Kommunen zurückgreift. Die DHL-Listen scheinen nicht vollständig und in vielen Fällen fehlerhaft zu sein.
Offenbar orientieren sich die Mitarbeiter des Ministeriums beim Versand an den Vornamen der Bürger. Heinrich muss vermeintlich zu den über 80-Jährigen gehören, Jürgen dagegen nicht. Wie ist es sonst zu erklären, dass Buchholz' Stadtsprecher Heinrich Helms (61) den Brief aus Hannover erhielt, Jürgen Albers (84) vom Lions Club Buchholz-Nordheide dagegen nicht? Übrigens: Albers' Frau Gisela (74) wurde informiert.
Krass ist der Fall einer Frau* aus Seevetal: Nicht nur, dass die 69-Jährige den Brief erhielt, ohne zur Zielgruppe zu gehören. Das wortgleiche Schreiben ging auch an die Mutter der Frau. Kleines Problem: Die Seniorin ist bereits im März 2011 verstorben ...
Senioren, die 80 Jahre und älter sind und zu Hause leben, sollen ab Donnerstag, 28. Januar, über die Hotline 0800-9988665 (montags bis samstags von 8 bis 20 Uhr) oder über das Onlineportal www.impfportal-niedersachsen.de einen Impftermin vereinbaren.
Mal sehen, ob das besser funktioniert als der Versand der Corona-Infobriefe.


Deutliche Worte des Landrates

"Die Informations- und Kommunikationsweise des Gesundheits- und Sozialministeriums hat uns geärgert", fand Landrat Rainer Rempe in der Kreistagssitzung jetzt deutliche Worte zu der Anschreibe-Praxis des Landes. "Die Anschreiben wurden verschickt, ohne dass es einen Abgleich mit den Kommunen gab. Daher lagen die Daten der Hälfte der 80-Jährigen nicht vor, sodass sogar mehrjährig Verstorbene Briefe erhalten haben oder Menschen, deren Vorname nach höherem Alter klang. Dabei hatten die Kommunen, die über die Einwohnermeldeämter Zugriff auf die Daten haben, ihre Hilfe angeboten. Das hat das Sozialministerium ausgeschlagen."
Mit den Bürgermeistern habe sich der Landkreis darauf verständigt, dass jede Kommune jetzt die Bürgerinnen und Bürger im Alter von 80 Jahren und älter anschreibt, um über die Terminvergabe zu informieren - und zwar zusätzlich zu dem Anschreiben des Sozialministeriums. Kreisweit sind das rund 17.500 Bürger.


Unterstützung für nicht mobile Senioren

Den Senioren ab 80 Jahren, die zur sogenannten Risikogruppe gehören, sei es nicht zuzumuten, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Impfzentren in Buchholz oder Winsen zu fahren. Daher hatte die FDP-Kreistagsfraktion unter anderem beantragt, mobile Impfteams einzusetzen, die zu den Betroffenen nach Hause fahren, oder einen Fahrdienst für die Beförderung Betroffener zu den Impfzentren zu organisieren. In der Kreistagssitzung informierte Landrat Rempe darüber, dass solche Unterstützungs- und Hilfsangebote über die Kommunen organisiert und über die Zweitbriefe kommuniziert werden sollen. "Von Landkreis-Seite kann das nicht gesteuert werden", erklärte er. Vorstellbar seien Impfpaten, die Begleitung von Impfberechtigten oder Fahrdienste. Welches Angebot zum Tragen kommt, solle jeweils vor Ort entschieden werden.

* Name der Redaktion bekannt

Es gibt weniger Impfstoff als erwartet
Diesen Brief erhielten in dieser Woche zahlreiche Bürger - nicht immer waren sie die richtigen Adressaten
Landrat Rainer Rempe fand deutliche Worte für die Praxis des Sozialministeriums  | Foto: bim
Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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