Interviews mit Politikern Heiner Schönecke und Michael Grosse-Brömer
CDU ist auf schwieriger Rollensuche
(os). Nach dem desaströsen Ergebnis bei der Bundestagswahl vor etwa zwei Wochen versucht die CDU, ihre Rolle zu finden. Mit minus 8,8 Prozent landeten die Christdemokraten mit 24,1 Prozent der Wählerstimmen nur noch auf Platz zwei hinter der SPD. Die Stimmen nach personellen Konsequenzen werden immer lauter. Im WOCHENBLATT-Doppelinterview nehmen CDU-Landtagsabgeordneter Heiner Schönecke (75) aus Elstorf und der amtierende Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer (60) aus Brackel, Stellung zur Situation der Partei.
HEINER SCHÖNECKE: Wir brauchen mehr Basisdemokratie!
WOCHENBLATT: Sie geben Friedrich Merz Recht, dass die CDU denkfaul geworden sei. Was fassen Sie darunter?
Heiner Schönecke: Zur Demokratie gehört eine innerparteiliche Streitkultur. Das ist in der CDU über Jahre nicht gepflegt worden. Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass das Regierungsprogramm mit den Mitgliedern besprochen worden wäre.
WOCHENBLATT: Sie fordern mehr Basisdemokratie in der CDU. Wie meinen Sie das?
Schönecke: In der jüngeren Vergangenheit wurden viele Entscheidungen von oben getroffen, bei denen die Mitglieder nicht mitgenommen wurden. Das reichte vom Ausstieg aus der Atomenergie bis zur Abschaffung der Wehrpflicht. Wie dürfen uns nicht davor scheuen, auch mal miteinander um die beste Lösung zu ringen.
WOCHENBLATT: Plädieren Sie dafür, dass die CDU in die Opposition geht?
Schönecke: Die CDU kann aus dem Wahlergebnis keinen Anspruch auf eine Regierungsbildung ableiten. Im Übrigen ist es in der Demokratie eine ehrenvolle Aufgabe, aus der Opposition Politik zu machen. Wir müssen aufpassen, dass keine Steuergelder verschwendet werden. Denn Steuergelder ausgeben, das können SPD und Grüne.
WOCHENBLATT: Was bedeutet das Wahlergebnis für die Landtagswahl im kommenden Jahr?
Schönecke: Ministerpräsident Stephan Weil hat gesagt, dass die Grünen sein Wunsch-Koalitionspartner sind. Da müssen wir genau hinschauen. Unsere Aufgabe ist es, die Erfolge deutlich zu machen, die die CDU auf Landesebene zu verantworten hat.
MICHAEL GROSSE-BRÖMER: Grundsatzdebatte ist notwendig
WOCHENBLATT: Heiner Schönecke gibt Friedrich Merz Recht, dass die CDU denkfaul sei. Wie stehen Sie zu der These?
Michael Grosse-Brömer: Wir haben in verschiedenen Konstellationen 16 Jahre lang erfolgreich regiert. In dieser Zeit bestand die Notwendigkeit, die Alltagsarbeit zu machen und Kompromisse zu schließen. Dabei steht die programmatische Arbeit, die Friedrich Merz anspricht, nicht immer im Mittelpunkt.
WOCHENBLATT: Wie stehen Sie zu den Forderungen nach mehr Basisdemokratie?
Grosse-Brömer: Noch unter dem Vorsitz von Annegret Kramp-Karrenbauer haben wir die Diskussion um ein neues Grundsatzprogramm angeschoben. Leider hat die geplante Diskussion darüber mit den Mitgliedern wegen der Corona-Pandemie nicht stattgefunden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Im Übrigen findet regelmäßig eine Konferenz mit den Kreisvorsitzenden statt, die die Ergebnisse an die Mitglieder der Kreisverbände weitergeben. Man kann rund 400.000 Mitglieder schlichtweg nicht bei jeder Frage direkt beteiligen.
WOCHENBLATT: Wie stehen für Sie die Chancen für eine Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen im Bund?
Grosse-Brömer: Ich halte Jamaika für sehr unwahrscheinlich, auch wenn für die FDP der Weg dahin deutlich kürzer ist als zur Ampel-Koalition. Im Übrigen gehört ein Regierungswechsel auch zur Demokratie dazu. Das wäre aus meiner Sicht ärgerlich, ich habe aber kein Problem damit, in die Opposition zu gehen, wenn gegen die Union eine Regierung gebildet wird.
WOCHENBLATT: Sie haben Ihr Direktmandat im Landkreis Harburg verloren. Woran lag das?
Grosse-Brömer: Es ist schwer, vor Ort Einfluss auf einen derart negativen Bundestrend zu nehmen, wie wir ihn bei dieser Wahl erlebt haben. An den Wahlständen wurde oft gesagt, dass der Grund, diesmal nicht die CDU zu wählen, auf Bundesebene zu suchen ist. Das ändert aber nichts daran, dass man gemeinsam zu diesem Wahlergebnis stehen muss."
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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