Klimaforum
Eindringlicher Vortrag von Postwachstumsökonom Niko Paech
Grenzen setzen und genießen
Prof. Dr. Niko Paech (63) eckt gerne an. Seit vielen Jahren hält der Professor der Universität Siegen Vorträge zu seinem Forschungsschwerpunkt - der Postwachstumsökonomie - und sorgt stets für viel Nachdenklichkeit im Publikum. Denn aus seiner Sicht passen wirtschaftliches Wachstum und Nachhaltigkeit nicht zusammen. Menschen müssten ihr Leben radikal umkrempeln, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Jetzt war Paech auf Einladung des Klimaforums Buchholz zu Gast im Veranstaltungszentrum Empore. Mehr als 100 Gäste verfolgten seinen Vortrag und die anschließende Diskussion mit Sylvia Gienow-Thiele (Geschäftsführerin IN-TIME Transport), Dr. Jan Christian Dammann (SPD-Mitglied im Ortsrat Holm-Seppensen) und dem CDU-Landtagsabgeordneten und stellvertretenden Bürgermeister von Buchholz, Jan Bauer. Die Moderation des Abends übernahm Monika Griefahn, Vorsitzende des Buchholzer Klimabeirats.
"Wachstum und Nachhaltigkeit - ein unauflösbarer Widerspruch?" lautete das Thema des Abends. "Ich könnte es mir leicht machen, einfach 'ja' sagen und wieder gehen", sagte Paech. Es sei ihm jedoch ein Anliegen, seine These zu begründen. In der Forschung gebe es zwei Strömungen: Eine, die dem "Grünen Wachstum" dank neuer Technologien gute Chancen einräume, und eine mit wachstumskritischen Ansätzen. Paech gehört zu Letzterer.
Er verdeutlichte, dass die Grenzen des wirtschaftlichen Wachstums längst erreicht seien. Nachhaltige Entwicklung sei nur möglich, wenn man sie innerhalb strenger ökologischer Grenzen global gerecht verteile. Das führe dazu, dass jeder Einzelne seine Ansprüche zurückschrauben und bescheidener leben müsse. "Unser derzeitiges Wohlstandsniveau ist nicht aufrechtzuerhalten", betonte Paech. "Genießen heißt, sich selbst Grenzen zu setzen."
Drei Säulen sind nach seiner Theorie notwendig, um ein Leben in Würde bei gleichzeitiger Schonung der ökologischen Ressourcen zu ermöglichen: Suffizienz (Genügsamkeit), Subsistenz (Selbstversorgung, Reparieren, Teilen) und eine Abkehr von der Globalisierung (kurze Lieferketten, regionales Denken und Handeln). Wichtig sei auch, dass sich jeder Einzelne selbst hinterfrage: Derzeit verursache jeder Deutsche im Schnitt den Ausstoß von zwölf Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Rechnerisch dürfe es jedoch nur eine Tonne pro Person sein. "Es nutzt im Übrigen nichts, wenn man sich neue Fenster einbauen lässt, sich eine PV-Anlage auf dem Dach installiert, sich ein E-Auto kauft - und dann in die Karibik in den Urlaub fliegt", betonte Paech. "Oft sehe ich eine eher symbolische Kompensation der verursachten Klimagase."
"Vielen Dank fürs Wachrütteln", sagte Sylvia Gienow-Thiele nach Paechs eindringlichem Vortrag. Sie werde sich auf jeden Fall Gedanken machen, wo sie CO₂ einsparen könne. Im ersten Moment habe sie Zweifel gehabt, ob sie mit ihrem Transportunternehmen das Richtige tue. Das sei aber der Fall, da IN-TIME Transport vor allem regional tätig sei. "Im Übrigen bedeutet für mich Wachstum, die Arbeitsplätze für unsere 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sichern", sagte Gienow-Thiele.
Paech gab den Gästen viele Denkaufgaben mit nach Hause. Eine Antwort auf seine Utopie, dass die Menschen künftig nur noch 20 Stunden pro Woche arbeiten sollen, dürfte den meisten schwergefallen sein.
Alle Termine des Klimaforums Buchholz finden sich unter www.klimaforum.buchholz.de.
(Stadt Buchholz/tw).
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