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Umstrittene Klinikreform auch im Bundesrat bestätigt - ländliche Kliniken nun in Sorge

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Krankenhaus Buchholz
Modellprojekt in Buchholz: Wie Patienten der Chirurgie schneller wieder gesund werden

Wollen Patienten schneller wieder gesund machen: Chefarzt Dr. Michael Scheruhn und ERAS-Nurse Britta Strauß | Foto: Krankenhaus Buchholz
  • Wollen Patienten schneller wieder gesund machen: Chefarzt Dr. Michael Scheruhn und ERAS-Nurse Britta Strauß
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Die Viszeralchirurgie im Krankenhaus Buchholz unter der Leitung von Chefarzt Dr. Michael Scheruhn begibt sich auf die Überholspur: Künftig sollen Patienten hier noch schneller wieder gesund werden. ERAS heißt das Konzept, das es möglich machen soll. Es wurde in den 90er Jahren in Dänemark entwickelt und von Professor Dr. Wolfgang Schwenk an der Charité eingeführt. Der Chirurg und Betreiber der Gesellschaft GOPOM (Gesellschaft für Optimiertes PeriOperatives Management) wird die Buchholzer Chirurgen und ihr Team bei der Implementierung der neuen Behandlungsstandards begleiten.

Nach der Operation lieber noch ein paar Tage länger im Krankenhaus versorgt zu werden - das wünscht sich so mancher ältere Patient. Doch nach Erfahrung von Dr. Scheruhn haben insbesondere Senioren eher Nachteile von einem langen Krankenhausaufenthalt: Kraftlosigkeit, Kreislaufprobleme, Verlust der Muskelmasse, ein erhöhtes Thromboserisiko sind nur einige der möglichen Folgen, die manchmal sogar den vorübergehenden Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung notwendig machen.

Mit vielen kleinen und größeren Veränderungen, in die die Patienten aktiv eingebunden werden, soll es gelingen, die Aufenthaltsdauer der im Bauchraum Operierten von jetzt durchschnittlich acht bis neun Tagen um die Hälfte zu verkürzen: Patienten, die der Teilnahme an dem Modellversuch zugestimmt haben, kommen künftig erst am Tag des Eingriffs auf die Station. Die Voruntersuchungen werden ambulant durchgeführt. Die Patienten werden nicht hungrig in den Operationssaal geschickt, sondern bekommen bis kurz vor der Operation noch kohlenhydratreiche Getränke und nach der Operation schon eine leichte Mahlzeit. Ab dem zweiten Tag gibt es bereits normale Kost - „natürlich keine Currywurst, aber eine speziell angepasste Ernährung“, erläutert Dr. Scheruhn. Damit das klappt, gibt es einen Trick: Kaugummikauen unmittelbar nach dem OP stimuliert durch den vermehrten Speichelfluss den Verdauungstrakt für die Nahrungsaufnahme.

Schon am Operationstag schauen die Physiotherapeuten vorbei und machen den Patienten buchstäblich Beine. Die Operierten sollen nämlich aufstehen und einmal das Bett umrunden, sich am zweiten Tag vier Stunden außerhalb des Bettes aufhalten und ab dem dritten Tag insgesamt acht Stunden mobil sein. Bereits am vierten Tag dürfen viele von ihnen nach Hause.

Natürlich gibt es auch zahlreiche Anpassungen im OP-Betrieb: Auf Darmspülungen vor der Operation samt dadurch bedingte Nahrungskarenz wird künftig verzichtet, da sie laut Dr. Scheruhn für den Patienten keinerlei Vorteil haben. Laparoskopische OP-Technik (keine großen Schnitte mehr), wird zum Behandlungsstandard. Auf äußere Zugänge - Katheter, Schläuche etc. - wird nach der Operation möglichst verzichtet, auch deshalb, weil sie die Beweglichkeit der Patienten behindern. Und die Schmerzmedikation wird so ausgewählt, dass die Patienten schnell wieder klar im Kopf sind. Kurz: „Mehr Normalität, weniger Krankenhaus“, formuliert es Dr. Scheruhn.

Die Erfolge von ERAS, das bereits an einigen Krankenhäusern erprobt wurde, können sich sehen lassen: Eine großangelegte Studie in Dänemark, an der auch Patienten über 80 Jahren teilnahmen, ergab: 40 bis 50 Prozent weniger Komplikationen, eine um 40 bis 50 Prozent kürzere Verweildauer und 40 Prozent weniger Pflegeaufwand. Das bedeutet für die Krankenhäuser personelle Entlastung und auch einen höheren Erlös. Doch mögliche finanzielle Vorteile sind nicht Dr. Scheruhns Motivation, sich an dem Modellversuch zu beteiligen: „Wir tun das, weil wir überzeugt sind, dass es unseren Patienten gut tut“, sagt er. Zunächst jedoch ist ERAS für das Krankenhaus Buchholz ein Mehrarbeitsprogramm: Täglich überprüft die speziell weitergebildete ERAS-Nurse Britta Strauß, wie eng die Behandlung der viszeralchirurgischen Patienten den ERAS-Vorgaben folgt. Die Küche des Krankenhauses entwickelt spezielle Rezepte für die Aufbaukost der Patienten. Und die Physiotherapie ist noch stärker als bisher gefordert. „Trotzdem ist das Projekt im Krankenhaus Buchholz auf große Zustimmung gestoßen, denn wir alle sehen, welche großen Vorteile es für unsere Patienten hat“, sagt Dr. Scheruhn. Nach erfolgreichem Verlauf wird die Abteilung für Viszeralchirurgie ein ERAS-Zertifikat erhalten und das Konzept möglicherweise auch von anderen Abteilungen übernommen, verrät Dr. Scheruhn.
(nw/nf).

Erste Urologin im Krankenhaus Buchholz
Redakteur:

Tamara Westphal aus Buchholz

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