Eine Kehdinger Familie führt Regie
"Die Radikalkur" in Neulandermoor: Platt-Theater wieder mit vielen Raaps besetzt / Trauer um Erna Raap (†)
tp. Neulandermoor. Die Birkenstraße - eine wellige Teerpiste durchs Moor mit Weiden, Kanälen, Bauernhöfen und in gleichmäßigen Abständen Wohnhäusern, auf deren Türschildern meistens dieser Name steht: Raap. Die Laienschauspieler-Dynastie führt seit Generationen buchstäblich Regie im Dörfchen Neulandermoor bei Drochtersen. Großvater Heinz Raap (76), der jahrzehntelang künstlerischer Kopf der "Moorer Speeldeel" war, hat zur neuen Saison die Leitung an seine Söhne Stefan (49) und Fred Raap (48) abgegeben.
Das war nicht der einzige Bruch in der Familientradition, in der sich Veränderungen sonst eher behutsam vollzogen: Im Sommer verstarb Heinz' Ehefrau Erna Raap (75 †) nach kurzer, schwerer Krankheit. Unter Kennern der Volkstheaterszene im Landkreis Stade galt sie als Heidi Kabel des Laienspiels.
Wie bei der berühmten Hamburger Ohnsorg-Familie, stehen auch bei den Raaps aus Neulandermoor mehrere Generationen gemeinsam auf der Bühne. Und wie die Vorbilder aus der Weltstadt Hamburg, richten sich auch die Raaps aus dem beschaulichen Kehdingen nach dem Geschmack des breiten Publikums, spielen rustikale Schwanks zum Lachen, greifen gerne auf Kassenschlager wie "Wer het, der het", "In Hamburg auf St. Pauli" oder "Dat Doktorbook" zurück. Auch zur aktuellen Inszenierung des Platt-Dreiakters "Die Radikalkur", die, wie seit Jahrzehnten, im Gasthaus Charly Drewes gleich gegenüber dem Wohnhaus der Familie Raap aufgeführt wird, ist wieder die Hälfte der Rollen mit Mitgliedern des Raap-Clans besetzt. Vor Jahren waren acht von zwölf Speeldeel-Akteuren aus dem Hause Raap.
In die Vorfreude auf den Start der Theatersaison gleich nach dem Jahreswechsel mischt sich Trauer: Das herzliche Lachen von Erna Raap, routinierte Darstellerin seit den 1950er Jahren, und Mittelpunkt der Familie, werde fehlen, sagt Stefan Raap. Der Bootsbauer steht seit seiner Kindheit im Rampenlicht der Dorfbühne und betreibt die Hobby-Schauspielerei - wie seine Eltern - mit professionellem Anspruch: "Trotz des schmerzlichen Verlustes wollen wir uns nichts anmerken lassen. Das Publikum soll Spaß haben."
Nur der ganz große Lacher wird bei dem neuen Stück wohl ausbleiben: Ein guter Witz von Erna Raap war Höhepunkt jeder Aufführung. Meistens brachte sie aus den Ferien einen pointieren Spruch mit, den sie etwa von einem Reisebusfahrer in Österreich aufschnappte. Ihr Ehemann Heinz Raap, der während der Urlaube bis zu drei Dutzend Drehbücher wälzte, übersetzte den Witz ins Plattdeutsche. Schenkelklopfer waren garantiert.
"De Radikalkur" von Max König wird an folgenden Terminen aufgeführt: Freitag, 13., 20. und 27. Januar, 20 Uhr, Samstag, 7. und 14. Januar, und 4. Februar um 14.30 Uhr, sowie 21. und 28. Januar um 20 Uhr, und Sonntag, 15., 22. und 29. Januar um 14.30 Uhr. Eintritt: 6 Euro. • Tel. 04770 - 217.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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