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Umstrittene Klinikreform auch im Bundesrat bestätigt - ländliche Kliniken nun in Sorge

Einblicke in das "Wunderwerk Wald"
"Interview der Woche" mit Niedersachsens Waldbesitzer-Präsident Norbert Leben

Norbert Leben, Präsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen und Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Nordheide-Harburg | Foto: ce
  • Norbert Leben, Präsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen und Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Nordheide-Harburg
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ce. Schätzendorf. "Eine Bedrohung des Waldbestandes sehe ich nicht, auch wenn Schnittholz knapp und teuer wie lange nicht mehr ist und Sägewerke im Anschlag arbeiten. Seit über 300 Jahren wird forstliche Nachhaltigkeit in Deutschland praktiziert." Das sagt Norbert Leben (74), Präsident des Waldbesitzerverbandes Niedersachsen und Vorsitzender der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Nordheide-Harburg, zu den jüngsten Berichten über die akute Baustoffknappheit und deren Auswirkungen auf die heimische Flora. "Tatsache ist, dass immer noch niedrige Erlöse für das im Wald geschlagene Holz den stark steigenden Preisen und der Verknappung von Schnittholz gegenüberstehen. Die Preisdynamik ist bei den Waldbesitzern noch nicht angekommen. Dies muss schleunigst geändert werden, sonst wird das Holz noch knapper", mahnt er.
Im "Interview der Woche" sprach der in Schätzendorf wohnende Norbert Leben mit WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann darüber, wie es grundsätzlich um den Wald bestellt ist und welche Baumarten gerade im Trend liegen.
WOCHENBLATT: Herr Leben, wie geht es dem Wald in Niedersachsen allgemein und in unserer Region speziell?
Norbert Leben: Stürme, Trockenheit und Käferfraß der letzten drei Jahre haben dem Wald schwer zugesetzt. Ich denke, die entstandenen Schäden in unseren Wäldern werden noch viele Jahre nachwirken. Grund sind zum einen die langen Produktionszeiträume in der Forstwirtschaft (80 bis 120 Jahre und darüber hinaus), zum anderen der prognostizierte Klimawandel.
WOCHENBLATT: Inwiefern?
Leben: Das Ausmaß, die räumliche und zeitliche Verteilung sowie die Geschwindigkeit des Klimawandels sind dramatisch. Es gibt einen Anstieg der Temperatur mit wärmeren Sommern, deutlich wärmeren Wintern und verlängerten Vegetationszeiten mit hoher Frostgefahr. Eine veränderte Niederschlagsverteilung mit trockeneren Sommern und feuchteren Wintern ist ebenfalls zu beobachten. Hinzu kommen häufigere Witterungsextreme (siehe die vergangenen drei Jahre) mit Stürmen, Dürren und Starkregen. Leider bestätigen die Waldzustandserhebungen dieses Bild.
WOCHENBLATT: Inwiefern hat sich im Vergleich zu vor zehn Jahren die Waldstruktur verändert?
Leben: Zur Wiederbewaldung anstehende betroffene Flächen (Schadholz, Wiederaufforstung) sind natürlich massiv durch eine Strukturveränderung gezeichnet. Über 15 Millionen Festmeter Schadholz sind bis August 2020 angefallen, und 31.700 Hektar müssen in Niedersachsen aufgeforstet werden nach den letzten drei katastrophalen Jahren für die Forstwirtschaft. Die Fichte war besonders betroffen. Trockenheit und damit Wassermangel hatten dazu geführt, dass sich die Fichten gegen den - in dieser Masse bisher noch nie aufgetretenen- eindringenden Borkenkäfer nicht wehren konnten.
WOCHENBLATT: Gibt es Baumarten, die bei Anpflanzungen derzeit besonders im Trend liegen?
Leben: Gepflanzt werden standortgerechte, klimastabile Baumarten. Je nach Standort sind das verschiedene Baumarten in unterschiedlichen Mischungen. Hier spielen Bodenverhältnisse und Wasserverfügbarkeit eine große Rolle. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt hat Empfehlungen erarbeitet, die wir dann als empfohlene Waldentwicklungstypen wiederfinden.
Es liegt im besonderen Interesse des Waldbesitzers, einen stabilen und zukunftsfähigen Wald zu pflanzen. Wo immer möglich, wird auf Naturverjüngung gesetzt, so dass nicht immer vollflächig gepflanzt wird, auch so kommen wir zu einem neuen Mischungsverhältnis.
WOCHENBLATT: Wird der Wald in Coronazeiten verstärkt zum Rückzugsort für Naturfreunde? Gibt es Nebenwirkungen wie verstärktes Müllaufkommen?
Leben: Der Wald ist für manch einen neu erfunden worden. In Niedersachsen sind es mehr als 250 Millionen Waldbesucher jährlich, und die Zahlen steigen gerade in Zeiten der Corona-Pandemie weiter an. Wir würden uns wünschen, dass sich die vielen Besucher auch wie Gäste benehmen, doch leider entsorgen etliche von ihnen leere Getränkedosen, Flaschen oder auch Verpackungen im Wald. Wir haben damit große Probleme. Wer etwas mit in den Wald bringt, sollte auch in der Lage sein, die anfallenden Reste mit nach Hause zu nehmen und sie dort entsprechend zu entsorgen.
Darüber hinaus nutzen viele Menschen den Wald als Kulisse für ihre Aktivitäten und nehmen dabei leider nur wenig Rücksicht auf Flora und Fauna.
WOCHENBLATT: Können Sie in Ihrer Freizeit noch Wald sehen oder suchen Sie andernorts Erholung?
Leben: Ich gehe nach wie vor mit sehr viel Freude in unsere Wälder. Mir geht gerade in dieser Frühjahrszeit besonders das Herz auf, wenn ich den Wald mit allen Sinnen wahrnehmen kann - so wird er zu einer Wohlfühloase. Es ist fantastisch, zu sehen, wie sich der Wald mit unserer Hilfe auch aus einer schwierigen Situation heraus weiter als Klimaschützer entwickelt. Man kann daher von einem "Wunderwerk Wald" sprechen.
WOCHENBLATT: Herr Leben, vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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