Elstorf: Bauland wichtiger als Umgehungsstraße?
(mi). Wird hier das finanzielle Interesse weniger Landbesitzer über das Wohl eines ganzen Ortes gestellt? In Elstorf (Neu Wulmstorf) plant man offenbar die Ortsentwicklung ohne Rücksicht auf das Mammutprojekt Ortsumgehung „B3neu“.
Delikat: Ein Teil der betroffenen Flächen gehören dem Vater des an der Entscheidung beteiligten CDU-Fraktionsvorsitzenden Malte Kanebley. Scharfe Kritik kommt vom Elstorfer und Landtagsabgeordneten Heiner Schönecke (CDU).
Es sollte der ganz große Wurf werden: Fast 20 Jahre dokterten Politik und Verwaltung der Gemeinde Neu Wulmstorf an dem sogenannten Masterplan für Elstorf herum - einer Art informelles Handlungskonzept für die weitere Ortsentwicklung. Jetzt wurde der Masterplan einstimmig im Fachausschuss empfohlen. Doch auch wenn Politik und Verwaltung sich anscheinend einig sind, wirkt die Planung problematisch - und das in mehrfacher Hinsicht. Größter Streitpunkt ist, dass der Masterplan Wohnbebauung auch im Süden von Elstorf vorsieht und damit den Bau der Ortsumgehung konterkarieren könnte.
Hintergrund: Das gesamte nördliche Grenzgebiet des Landkreises Harburg leidet seit Jahren unter starkem Verkehr. In Elstorf ist es besonders schlimm: Die B3 läuft direkt durch den Ort. Geradezu unerträglich könnte die Situation dadurch werden, wenn die neue Autobahn A26 an der Landesgrenze nicht zügig gebaut wird. Hier wird die B3 zur Ausweichstrecke zum A1-Anschluss in Rade. Diese Verkehrsprobleme - da sind sich Experten und Politik weitgehend einig - sind nur durch eine Umgehungsstraße zu lösen. Vergangenes Jahr gelang es endlich, den Bau der Straße im Bundesverkehrswegeplan festzuschreiben - ein wichtiger Schritt für die Realisierung. Ausgerechnet jetzt plant die Gemeinde Neu Wulmstorf in unmittelbarer Nähe der möglichen Trassenführung am südlichen Ortsrand im Areal vom Lehmkuhlenweg bis zur Schützenstraße ca. 13 Hektar Bauland auszuweisen. . Einer der größten Kritiker des Masterplans ist der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke aus Elstorf, der sich massiv für den Bau der Umgehung eingesetzt hat. In einem Brief an Neu Wulmstorfs Bürgermeister Wolf-Egbert Rosenzweig warnt Schönecke davor, „Energie in eine Planung zu investieren, die sich kaum verwirklichen lassen wird.“ Nach eindringlichen Gesprächen mit dem Landkreis Harburg und der Straßenverkehrsbehörde in Lüneburg sei man übereingekommen, dass der Masterplan in seiner derzeitigen Form den Bau der Umgehungsstraße in einigen Teilen „beinahe unmöglich“ mache. Der Landtagsabgeordnete kritisiert weiter: Wichtigstes Ziel müsse es sein, die Verkehrsprobleme in der Region zu lösen. Schönecke: „Hier wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht.“ Bei der Gemeinde Neu Wulmstorf kann oder will man diese Tragweite nicht nachvollziehen. „Wir befinden uns noch in der Vorplanung. Die aufgeworfenen Probleme werden im Laufe des Verfahrens angesprochen und gelöst“, so die knappe Antwort von Pressesprecherin Sandra Lyck. Mit anderen Worten: Derzeit hat man noch keine Lösung.
Doch ist so eine Vorplanung nicht in jedem Fall ein falsches Signal? Das findet zumindest CDU-Vize Gerhard Peters. „Der richtige Weg wäre, erst die Trasse abzuwarten und dann die Entwicklung des Flächennutzungsplans daran zu orientieren“, sagte der erfahrene Kommunalpolitiker dem WOCHENBLATT. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Zu bedenken ist: Es hat Jahre gedauert, den Bau der Straße im Bundesverkehrswegeplan aufzunehmen. Jetzt derart vehement in das laufende Verfahren hineinzugrätschen, könnte da ein falsches Signal sein. Schließlich lässt sich auch die Priorisierung der Umgehungsstraße wieder zu Gunsten eines anderen Projekts aufheben.
Doch Kritiker wie Peters und Schönecke scheinen in Sachen Masterplan auf Granit zu beißen. Warum? Geht es vielleicht auch darum, dass im fraglichen Flächenbereich neben einer Erbengemeinschaft auch der Vater von CDU-Fraktionschef Malte
Kanebley rund zwei Hektar potenzielles Bauland erhalten könnte? Böse Zungen behaupten sogar, es habe einen Deal zwischen CDU und SPD gegeben. Dessen Inhalt: Die CDU gibt ihren Widerstand gegen das SPD-Wunschprojekt Famila-Markt auf dem ehemaligen Möbel-Meyn-Gelände auf, dafür nimmt man beim Masterplan bestimmte Flächen mit hinein. Belegen lässt sich das nicht. Fakt ist aber, dass Malte Kanebley - einer der schärfsten Kritiker des Famila-Marktes - jüngst seine Meinung änderte.
Darauf angesprochen, reagiert Kanebley gelassen: Ja, seine Familie profitiere von der Planung. Daraus habe er auch nie einen Hehl gemacht. Allerdings: Gerade diese Grundstücke beeinträchtigten den Bau der Umgehung in keinster Weise. Außerdem handele es sich beim Masterplan nur um eine Vorplanung. „Die Planung ist nicht fragwürdig, sondern mit der Raumordnung abgestimmt. Allen Kritikern sage ich: Auch im Rathaus sitzen profunde Kenner des Planungsrechts.“ Auf den vermeintlichen „Deal“ angesprochen, sagt der Fraktionsvorsitzende: „Soll ich das überhaupt kommentieren? Dazu fällt mir nichts ein. Man muss nicht immer in allem herumstochern. Im Übrigen sind von der CDU nur acht Leute im Rat, die SPD kann Famila also auch ohne unsere Zustimmung durchboxen.“
Ähnlich äußerte sich auch Hans Heinrich Wiegers (UWG). Mit ca. zehn Hektar potenziellen Baulands im Norden von Elstorf ist er der zweite große Gewinner der Masterplanung. Wiegers: „Ich habe die Flächen nicht vorgeschlagen und das auch nicht vorangetrieben. Außerdem geht es mir wie vielen Landwirten: Das Land im Erweiterungsbereich der Ortschaft gehört mir, soll ich deswegen nicht in die Politik gehen?“ Zumindest Wiegers kündigte dann noch an, wenn es um die konkrete Planung gehe, werde er sich der Stimme enthalten.
Übrigens: Der Masterplan soll schon am kommenden Dienstag im nicht öffentlichen Verwaltungsausschuss als Grundlage für den Entwurf eines Flächennutzungsplans beschlossen werden.
Redakteur:Mitja Schrader |
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