Verwaltungsgericht
Samtgemeinde-Bürgermeisterwahl Hollenstedt wird nicht wiederholt
Heiner Albers' Wahl zum Hollenstedter Samtgemeinde-Bürgermeister im vergangenen September ist gültig und muss nicht wiederholt werden. Das hat das Verwaltungsgericht Lüneburg entschieden.
Wie mehrfach berichtet, war die Wahl von Einwohner Aribert Otten u.a. angefochten worden, weil Heiner Albers unmittelbar vor der Wahl zweimal den Rathausbriefkasten mit Briefwahlunterlagen geleert und auch 24 Wahlbriefe am Wahltag aus den Wahllokalen mit ins Rathaus genommen hatte. Der Hollenstedter Samtgemeinderat hatte die Samtgemeinde-Bürgermeisterwahl mit großer Mehrheit für ungültig erklärt, wogegen Albers nun vor dem Verwaltungsgericht klagte. Das Gericht musste klären, ob er durch dieses Vorgehen die Wahl in unzulässiger Weise beeinflusst hat. "Ungeschickt war vieles", resümierte die Präsidentin des Verwaltungsgerichts, Karola Hoeft, in ihrer Urteilsbegründung. Der Wahleinspruch war ihren Aussagen zufolge zulässig und begründet, wurde aber dennoch im Hinblick auf alle vorgebrachten Wahlrechtsverstöße zurückgewiesen.
Die Samtgemeinde-Bürgermeisterwahl hatte Amtsinhaber Heiner Albers knapp mit nur 103 Stimmen Vorsprung gegen seine Mitbewerberin, die Hollenstedter Verwaltungsfachangestellte Kerstin Markus, für sich entschieden.
"Kniffelig" für eine Urteilsfindung war für die haupt- und ehrenamtlichen Richter die Tatsache, dass Kläger Heiner Albers im Kommunalwahlkampf gleichzeitig Samtgemeinde-Bürgermeister-Kandidat und auch Hauptverwaltungsbeamter und damit Teil der Verwaltung war.
Den Rathaus-Briefkasten habe er als Verwaltungschef geleert, weil darin auch die an die Samtgemeinde gerichtete Post ankomme. Als Verwaltungsrepräsentant habe er die Wahllokale besucht, um den Wahlhelfern mit Schokolade für ihren Einsatz zu danken und langjährigen Wahlhelfern Blumensträuße zu überreichen, so Albers. Dabei habe er auch 24 Wahlbriefe mit ins Rathaus genommen.
Der Sachverhalt: Die eingegangenen Briefwahlunterlagen wurden teilweise auf frei zugänglichen Tischen abgelegt und dann im abgeschlossenen EDV-Raum im Rathauskeller gelagert. Für den Raum gibt es zwei Schlüssel, von denen einer in einem nicht abgeschlossenen Rollcontainer gelegen hat, auf den somit auch unberechtigte Dritte Zugriff gehabt hätten.
Was die Briefkastenleerung betrifft, bemängelte Aribert Otten, dass Heiner Albers unbeobachtet Zugriff auf die Briefwahlunterlagen gehabt habe. Das sei ergebnisrelevant, weil die Wahl so knapp ausgefallen war. Otten habe erwartet, dass "unser Samtgemeinde-Bürgermeister" Anordnungen gebe, also andere Personen mit der Briefkastenleerung beauftrage, "damit er sich fernhält von diesen Dokumenten."
Ratsvorsitzender Manfred Cohrs sah nicht, dass organisatorische Maßnahmen ergriffen worden seien für die Leerung des Briefkastens durch eine unabhängige Person. Beide Kandidaten hätten im Rathaus Zugriff auf die Wahlunterlagen gehabt. Cohrs sah die Integrität des Wahlverfahrens als nicht gegeben an. Zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit müsse die Wahl wiederholt werden.
Die Besuche von Heiner Albers am Wahltag in den Wahllokalen sahen Cohrs und Rechtsanwalt Eckhard David, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Hannover, als Wahlwerbung und in seinem ungehinderten Zugang zu den Briefwahlunterlagen einen Wahlrechtsverstoß.
Dem widersprach Albers' Anwalt Dr. Ernst Ludwig Nell: "Die Unterlagen müssen in der Verwaltung verschlossen aufbewahrt werden, aber es muss auch jemand einen Schlüssel haben. Der Gesetzgeber vertraut darauf, dass die Person nicht pflichtwidrig eine Straftat, eine Urkundenfälschung, begeht oder Unterlagen vernichtet." Anders als bei einer Urnenwahl wird der Wahlzettel samt eidesstattlicher Versicherung in zwei verschlossene Umschläge gepackt. Auch hier schloss Nell die Möglichkeit einer Einflussnahme aus. "Dann müssten ein paar hundert Briefe fehlen. Er hätte den äußeren und den inneren Umschlag öffnen und die Stimmzettel mit dem falschen Kandidaten vernichten müssen. An der Rückläuferquote der Briefwahlunterlagen sehen wir, dass das nicht geschehen sein kann", sagte Nell. Albers hatte 50,8 Prozent der Stimmen auf sich vereint, an der Urne betrug der Stimmenanteil 51,1 Prozent, bei der Briefwahl 50,3 Prozent. "Nichts spricht dafür, dass es eine Beeinflussung gegeben hätte."
Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation von Albers' Anwalt. Die Wahl sei im Ergebnis nicht in unzulässiger Weise beeinflusst worden.
"Ich würde nie wieder den Briefkasten leeren", erklärte Heiner Albers. Er habe damit die Rathausmannschaft als Teamplayer unterstützen wollen. Die Mitnahme der Briefwahlunterlagen aus den Wahllokalen sah er als Service für ältere Mitbürger an, um ihnen den Weg zum Rathaus zu ersparen. "Das werde ich in Zukunft nicht mehr machen. Aber: Hier ist nichts Unrechtes gelaufen", betonte er. "Was mich stört, sind die Unterstellungen: Was hätte passieren können? In keinster Weise würde ich in eine Wahl eingreifen", so Albers.
Am Rande
Bei den zahlreich aus Hollenstedt nach Lüneburg gereisten Zuhörerinnen und Zuhörern kam nicht gut an, dass der Zuhörerraum als Ergebnis von Corona-Beschränkungen auf acht Plätze begrenzt war und kein alternativer Verhandlungsraum gesucht wurde. Daher konnten auch Hollenstedts Wahlleiter Alexander Schultz und der Erste Kreisrat Kai Uffelmann als Vertreter der Kommunalaufsicht nicht an der Verhandlung teilnehmen.
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