Naturschutzamt prüft Ordnungswidrigkeit
Illegale Baggerarbeiten stören Ökosystem
Laute Motorengeräusche und ein gelber Baggerarm, der über den Wall am Baggersee am Schragenberg in Nottensdorf ragt: Es herrschen Aufregung und Unsicherheit in der Gemeinde. Erst in der vergangenen Woche beobachteten Anwohner Baggerarbeiten an der stillgelegten Sandkuhle. Seit Stilllegung des Sandabbaus im Jahr 2020 wurde das Gelände rund um den Baggersee der natürlichen Sukzession, also sozusagen sich selbst, überlassen. Dies wurde als Ausgleichsmaßnahme für den Sandabbau festgelegt, der für den Bau der A26 erfolgte. Die Natur sollte sich erholen - und das tat sie: Flora und Fauna haben das Gelände erobert. Nachdem der Bagger gesichtet wurde, informierte das Naturschutzamt die Baufirma Bunte, der das Gelände gehört, umgehend über die geltende Rechtslage. Mulchen sei kein Problem, die Gehölze Richtung Ufer und am Hang sowie die Anpflanzungen in Richtung Zaun sollten jedoch stehen bleiben. Am Montag ertönten dann erneut die Motoren: Dieses Mal veranlasste die Firma jedoch mehr als nur Mulcharbeiten.
Wie der Landkreis Stade mitteilt, wurden trotz der Mahnung durch das Naturschutzamt in der vergangenen Woche kleinere Gehölze entfernt. "Das Naturschutzamt hat die Arbeiten stilllegen lassen und die Eigentümerfirma informiert. Außerdem wird die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens geprüft", bestätigt Pressesprecher Daniel Beneke am Dienstag - nach der Begehung des Geländes durch Fachpersonal. "Der Schaden für die Natur ist überschaubar, doch die Firma Bunte hat gegen die Auflagen verstoßen", erklärt Dr. Uwe Andreas, Leiter des Naturschutzamtes im Landkreis Stade. Nachdem die Prüfung der Einleitung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erfolgt ist, wird voraussichtlich eine Anhörung erfolgen.
Wertvolles Refugium für Flora und Fauna
Dass das Gelände am Baggersee außerordentlich schützenswert ist, berichtet der NABU. "Da tobt das Leben", sagt Wolfgang Ebbinghaus, Vorsitzender des NABU Kreisverbandes Stade. Er bezeichnet das Gebiet, das der NABU als wichtiges Trittsteinbiotop betrachtet, als "Pionier-Gelände", da sich das Leben nach dem Sandabbau dort schnell erholt und toll entwickelt habe. Neben den zahlreichen Insekten, wie etwa einer gefährdeten Wildbienen-Art, Schmetterlingen und dem Dünensandlaufkäfer, bietet das Ökosystem auch Brut- und Rastvögeln, Fledermäusen und Rebhühnern ein Zuhause. Letztere wurden sogar in einer für die Region untypisch großen Schar von zehn Tieren gesichtet. Durch das Entfernen kleinerer Büsche durch die Firma Bunte sei den Rebhühnern der Unterschlupf genommen worden, so Wolfgang Ebbinghaus. Das bestätigt auch Uwe Andreas. Die Nester der Uferschwalben, die am Westhang zu finden waren, seien bereits durch den Sandabbau zerstört worden, so die Anschuldigungen des NABU. Am Südhang seien hingegen noch mehrere hundert nistende Uferschwalben vorzufinden.
Bürgermeister Hartmut Huber erklärte auf WOCHENBLATT-Nachfrage, dass aktuell keine konkreten Baumaßnahmen in die Wege geleitet würden: "Mit den Maßnahmen sollen keine Tatsachen geschaffen werden." Bei den Arbeiten ginge es seines Wissens nach lediglich um jährliche Pflegemaßnahmen durch die Firma Bunte. Ob die Möglichkeit besteht, am Rande des Geländes in Richtung Straße zukünftig Wohnmöglichkeiten zu schaffen, werde derzeit geprüft. "Die Natur wird niemals beeinträchtigt werden", verspricht Huber, auch wenn ein Baugebiet am Baggersee Wirklichkeit werden würde.
Firma Bunte bestreitet rechtswidriges Handeln
Auf Nachfrage des WOCHENBLATTS äußerte sich die Firma Bunte wie folgt zum Sachverhalt: "Es handelt sich um naturpflegerische Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde." Weiterhin habe sie nicht wissentlich gegen die Auflagen des Naturschutzamtes gehandelt. In Bezug auf die geplante Nutzung des Geländes sei die Firma im Abstimmung mit den zuständigen Behörden. Inwiefern diese Angaben mit den Angaben des Landkreises zu vereinen sind, bleibt im Zuge des Ordnungswidrigkeitsverfahrens abzuwarten.
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