Karsten Rinck aus Grünendeich wandert durch Europa
Grüße aus Schottland
sla. Grünendeich. "Mit meiner Kilometerleistung bin ich zufrieden, ich hatte aber gedacht, dass ich weiter vorankäme", erzählt Karsten Rinck, der sich jetzt aus Schottland beim WOCHENBLATT meldete. Wie mehrfach berichtet, ist er unter seinem Spitznamen "Mütze" seit gut einem Jahr mit einem Handwagen und Hündin Lotte zu Fuß quer durch Europa unterwegs. Von seiner Ursprungsroute ist der Altländer, der in Grünendeich gestartet ist, bereits öfters abgewichen. "Schottland ist ein großer Meilenstein auf meiner einjährigen Wanderschaft." Inzwischen ist er über 5.000 Kilometer bis zu den Highlands gelaufen. "Eine Leistung, die ich allerdings nicht alleine geschafft habe, sondern jeden Tag erhalte ich Hilfe." Mal falle sie klein aus, etwa wenn ihm jemand einen Apfel zusteckt, mal aber auch groß, wenn ihm ein Hotelbesitzer ein Zimmer gratis anbietet.
Seit er in Großbritannien ist, erlebe er ein völlig neues Mit-einander. "Menschen sehen mich auf der Straße, fahren zum Supermarkt und suchen mich später wieder und überhäufen mich mit Tüten voller Vorräte." Nicht selten müsse er einiges ablehnen, weil es einfach zu viel sei. Um nicht unhöflich zu sein, nehme er etwas aus der Tüte. Auf der Insel sei es nicht ungewöhnlich, dass jemand so wie er unterwegs ist. Immer wieder wurde er gefragt, ob seine Unternehmung für einen guten Zweck sei oder ob er eine Hilfsorganisation unterstütze. Doch Mütze sammelt kein Geld, sondern Erfahrungen durch den Austausch mit Menschen. Aus der Erfahrung anderer lernen und geistig und handwerklich reifer werden, um eigene Probleme zu lösen, das ist sein Ziel.
In Bridgewater in Südengland hat er die Organisation "Rusty Roads 2 Recovery" besucht. Hier können Menschen mit seelischen Problemen einen Weg zurück ins Leben finden - einfach durch handwerkliches Arbeiten und den Austausch mit Gleichgesinnten. In Aberystwyth in Wales führte er ein längeres Gespräch mit der "Mental Health Monster"-Organisation, die sich jüngeren Menschen zuwendet. Dazwischen waren viele Unterhaltungen, etwa mit Polizisten, die pensioniert wurden, weil sie an einem posttraumatischen Stresssyndrom leiden. Gespräche mit Menschen, die ein schweres Schicksal hatten, etwa weil sie einen Freund oder das eigene Kind verloren haben, und was sie unternommen haben, um aus ihrem seelischen Tief zu kommen, hätten ihn sehr berührt.
Weitere Besonderheiten in Großbritannien: Häufig übernachtete Mütze bei der Feuerwehr. Bereits in Wales wurde er in Gerätehäusern untergebracht. Danach bildeten die Feuerwehren quasi eine Telefonkette, und kündigten ihn bereits in der nächsten Gemeinde an. Aber auch landschaftlich gab es auf der Reise einige Highlights: "Es ist unglaublich, wie schön mancher Landstrich ist: Das Hohe Venn in Belgien mit seinen vielen Bachläufen und Sumpflandschaften. Das Mittelrheintal. Der Snowdonia Nationalpark in Wales oder der Lake District Nationalpark in England. Die endlose Weite in Frankreich, mit seinen gigantisch großen Feldern. Und nun ist es Schottland, das von mir erkundet wird."
Das zweite Wanderjahr ist angebrochen. Loch Ness ist Mützes nächstes großes Ziel und Ende Mai will er auf der Fähre nach Nordirland sein. "Der Wahnsinn geht weiter und ich bin gespannt, was ich noch alles erleben darf."
Redakteur:Susanne Laudien aus Buxtehude |
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