Vorerst kein Vollsortimenter in Sietwende
Verwaltungsgericht weist Klage der Altländer gegen Planungsstopp ab
![Am Ortsausgang von Grünendeich in Sietwende hätte der Supermarkt entstehen können | Foto: lt](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2021/07/06/5/442345_L.jpg?1625585003)
- Am Ortsausgang von Grünendeich in Sietwende hätte der Supermarkt entstehen können
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jab. Sietwende. Die Gemeinden Grünendeich und Hollern-Twielenfleth kämpfen seit Jahren gemeinsam mit Edeka und mit einem Investor für einen Vollsortimenter in Sietwende. Sogar so sehr, dass es vergangene Woche vor das Verwaltungsgericht ging. Allerdings ist der Kampf nun verloren, die Klage der Gemeinschaft wurde abgewiesen. Die Gemeinschaft gibt sich noch nicht geschlagen.
Bereits 2015 hatte Hollern-Twielenfleths Ortsbürgermeister Timo Gerke die Idee von einem Supermarkt in seiner Gemeinde. Schnell war auch Edeka mit im Boot. Gemeinsam wurde ein Einzelhandelsgutachten erstellt. Ergebnis: Hollern-Twielenfleth geht 75 Prozent der Kaufkraft verloren. Der Discounter im Ort kann den Bedarf allein nicht decken. Derzeit führen die meisten nach Stade und viele wünschen sich einen Supermarkt vor Ort. Das Gutachten sagt aber auch, dass weder dem Penny in Hollern-Twielenfleth noch dem Rewe in Steinkirchen ein existenzgefährdender Nachteil entstehen.
Allerdings ließ sich kein geeignetes Grundstück finden. Wenige Hundert Meter weiter wurde Gerke in Sietwende fündig. Das Grundstück gehört dem Deichverband in Grünendeich, der auch bereit ist zu verkaufen, und es liegt dazu noch zentral für beide Gemeinden. "Ein Supermarkt an dieser Stelle wäre für rund 5.000 Menschen schnell erreichbar", so Gerke. Während der gesamten Zeit war auch der Landkreis involviert, der das Projekt befürwortete. Zwar sei laut Landkreis die Planung eines 1.500 Quadratmeter großen Supermarktes nicht möglich gewesen, so Gerke. Eine Größe von 1.300 Quadratmetern mit Backshop hingegen sei machbar. "Auf dieser Grundlage haben wir weitergemacht."
Gemeinde verstößt gegen Landesraumordnungsprogramm
Die Rewe Group, zu der auch Penny gehört, war nicht einverstanden. Sie habe ebenfalls ein Gutachten erstellen lassen und in Hannover vorgesprochen, dass die Gemeinde gegen das Niedersächsische Landesraumordnungsprogramm (LROP) verstoße, so Gerke. "Das haben wir leider zu spät erfahren, somit konnten wir unsere Argumente nicht mehr rechtzeitig vortragen."
Somit verfügte das Land, dass der Landkreis eingreifen müsse. "Der Landkreis, der uns immer unterstützt hat, musste nun nach der Aufforderung durch das Land den Planungsstopp verhängen", sagt Gerke.
Gegen den Planungsstopp legte die Gemeinschaft Klage ein. Vor Gericht mussten sie nachweisen, dass die Gemeinden über eine sogenannte Atypik verfügen. Heißt: Dass es in der rund 20 Kilometer langen Samtgemeinde Lühe kein eigentliches Zentrum gibt. Laut LROP dürften nämlich nur dort Supermärkte errichtet werden, um die Zentren zu stärken. Im LROP gilt Steinkirchen als Zentrum.
Negativ beeinflusst durch Einzelhandelsgutachten
Was die Chancen der Klage zudem negativ beeinflusst hat, sei ein Einzelhandelsgutachten für die Samtgemeinde, das es so eigentlich noch gar nicht gibt. "Es wurde zwar in Auftrag gegeben, ein Entwurf auch bereits den Bürgermeistern vorgestellt, darüber abgestimmt wurde allerdings noch nicht", betont Gerke. Und nach seiner Meinung seien auch die meisten nicht dafür. Denn das Fatale: In dem Entwurf wurde Sietwende als möglicher Einzelhandelsstandort nicht berücksichtigt, dafür aber Hollern-Twielenfleth. "Das hat sich jedoch bereits erledigt."
"Wir haben es nicht geschafft, das Gericht davon zu überzeugen, dass wir nicht in das Schema passen", erklärt Gerke das Scheitern. Es sei ein faires Verfahren gewesen. Was Gerke allerdings bedauert: "Es ist schade, dass es zum Prozess gekommen ist. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass vom Landkreis während der Klage keine Unterstützung mehr spürbar war." Der Landkreis habe sich klar einverstanden mit dem Land gezeigt, das sei verwirrend.
Landrat meldet sich zu Wort
Landrat Michael Roesberg dazu: „Für eine gesunde Entwicklung der Gemeinden hätte die Kreisverwaltung von Anfang an mehr möglich gemacht, wir sind aber an die Weisungen aus Hannover gebunden." Bei anderen, richtigen Großprojekten in Niedersachsen auf der grünen Wiese werde häufig vom Land nach Lösungen für die Investoren gesucht. "Ich verstehe nicht, dass man bei doch eher unbedeutenden Projekten in kleinen Gemeinden dagegen diese strengen Regeln durchsetzt", so Roesberg. Außerdem sei bedauerlich, dass im Hintergrund zwei Einzelhandelsunternehmen miteinander um den Standort buhlen und die Gemeinde diesem Streit ausgesetzt werde. "Die Gemeinde wird aber gut beraten sein, kritisch zu hinterfragen, ob man wirklich in die nächste Instanz gehen will."
Weder die Gemeinden noch der Investor oder Edeka schmeißen jetzt die Flinte ins Korn. "Wir warten jetzt die schriftliche Begründung des Verwaltungsgerichts ab", so Gerke. Außerdem wollen sie das Gespräch mit dem Landkreis suchen und klären, wie das Projekt doch noch realisiert werden kann. "Es bleibt auch abzuwarten, ob die neuen Gemeinderäte im Herbst das Ganze weiterverfolgen wollen", so der Bürgermeister.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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