Niedersachsen unter Bundesdurchschnitt
Altersarmut droht immer mehr Senioren

Bei vielen Senioren in Niedersachsen reicht die Rente nicht | Foto:  djd/Targobank/bilderstoeckchen - stock.adobe.com
  • Bei vielen Senioren in Niedersachsen reicht die Rente nicht
  • Foto: djd/Targobank/bilderstoeckchen - stock.adobe.com
  • hochgeladen von Nicola Dultz

Wenn die Rente nicht zum Leben reicht, stattdessen auf Flaschensammeln zurückgegriffen oder jeder Groschen dreimal umgedreht werden muss: Dann spricht man von Altersarmut. Die ist auch in Deutschland Alltagsrealität für Menschen. Armutsgefährdet ist bereits, wer weniger als 60 Prozent des mittleren monatlichen Haushaltsnettoeinkommens hat. Wie das Landesamt für Statistik Niedersachsen (LSN) jetzt bekanntgab, sind in Niedersachsen besonders viele Menschen -  und vor allem Frauen - von Altersarmut bedroht. 

Zahlen auf Höchstniveau

Es ist ein trauriger Rekord: Seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2005 waren im vergangenen Jahr 17,9 Prozent der über 65-Jährigen von Armut gefährdet - so hoch war die Zahl noch nie. Und das, obwohl die Armutsgefährdung in der Gesamtbevölkerung (16,6 Prozent) gesunken ist. Besonders schockierend: Jede fünfte Frau über 65 Jahren befindet sich an der Grenze zur Altersarmut. Das sind 20,4 Prozent, also 5,5 Prozent mehr im Gegensatz zu den gleichaltrigen Männern (14,9 Prozent). 

In Zahlen äußert sich das so: Einem Ehepaar, bei dem der Mann sein Leben lang in Vollzeit und die Frau in Teilzeit gearbeitet hat und sie zudem für den Haushalt und die Kinder zuständig war, steht rund 2.100 Euro im Monat zur Verfügung. "Damit liegt das Durchschnitts-Renteneinkommen eines Ehepaares nur knapp über der Armutsgrenze", weiß Neu Wulmstorfs SoVD-Ortsverbandsvorsitzende und Seniorenbeauftragte der Gemeinde, Hannelore Buls. Die Gründe dafür sind verschieden, die Wurzeln dafür lägen doch in der Vergangenheit. "Wir sehen jetzt die Ergebnisse früherer politischer Entscheidungen", so Buls. Zudem ist das Rentenniveau von 48,1 Prozent (2023) vergleichsweise niedrig. "Der Vergleich zeigt, dass Deutschland trotz eines hohen Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung gemessen am Bruttoinlandsprodukt relativ moderate Rentenausgaben aufweist, die unter dem Durchschnitt der EU-Mitgliedsstaaten liegen", heißt es auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).

Und auch die Kluft der Gefährdung zwischen den Geschlechtern hat seine Gründe, denn die ungleichen Lebenslaufbahnen begünstigen Altersarmut bei Frauen. Nicht nur verdienen Männer in vielen Bereichen - auch heute noch - mehr als ihre Kolleginnen. Auch beim Thema Kinder sind es oft Frauen, die zugunsten der Familienplanung und -fürsorge eine Erwerbspause einlegen und im Anschluss beispielsweise in Teilzeit gehen. Diese Einkommenslücke sei meistens nicht mehr einzuholen, erklärte der SoVD, der jedes Jahr auf den Equal Care Day aufmerksam macht. Dieser Aktionstag rückt jährlich im Februar die mangelnde Wertschätzung und unfaire Verteilung von Fürsorgearbeit in den Fokus. Frauen, die sich frühzeitig um Kinder und Haushalt kümmern, rutschen oft später auch in die Pflege Angehöriger - zulasten des eigenen Karriereweges. 

Von Altersarmut bedroht oder schon arm?

Das Landesamt für Statistik Niedersachsen gab an, dass trotz der hohen Armutsgefährdung der Anteil der 65-Jährigen und Älteren in Niedersachsen, die 2023 von erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen betroffen waren, mit 4,4 Prozent unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung von 7,7 Prozent lag. Wer betroffen ist, ist nicht immer sofort bemerkbar - auch nicht für Angehörige, denn Altersarmut äußert sich verschieden: Es kann simpel im Verzicht von Café- oder Kinobesuchen liegen, kann die Inanspruchnahme von Sozialkaufhäusern und Tafel bedeuten oder sich subtiler bemerkbar machen. Ein Beispiel, das Hannelore Buls heutzutage öfter begegnet, sind alte Brillen oder schlechte Zähne. "Die sind für viele Menschen nicht zu bezahlen - es ist kein Spielraum für derartige Rücklagen." Gerade in Zeiten der Energiekrise ist auch das Abstellen der Heizung ein Mittel Geld zu sparen. Decke und dicke Socken leisten Abhilfe. All das können Indikatoren für Altersarmut sein. 

Informationen und Tipps, wo Menschen in Altersarmut Hilfe finden, gibt es beispielsweise bei den Johannitern: https://acht.johanniter.de/familie/schwierige-lebenssituation-altersarmut/

Redakteur:

Pauline Meyer aus Neu Wulmstorf

Webseite von Pauline Meyer
Pauline Meyer auf Facebook
Pauline Meyer auf Instagram
Pauline Meyer auf YouTube
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

13 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Service

Wichtige WOCHENBLATT-Mail-Adressen

Hier finden Sie die wichtigen Email-Adressen und Web-Adressen unseres Verlages. Wichtig: Wenn Sie an die Redaktion schreiben oder Hinweise zur Zustellung haben, benötigen wir unbedingt Ihre Adresse / Anschrift! Bei Hinweisen oder Beschwerden zur Zustellung unserer Ausgaben klicken Sie bitte https://services.kreiszeitung-wochenblatt.de/zustellung.htmlFür Hinweise oder Leserbriefe an unsere Redaktion finden Sie den direkten Zugang unter...

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.