Wie läuft der Rückbau in der Praxis?
Nach Urteil nur wenige Schottergärten verschwunden
Eigentlich dürfte es Schottergärten in Niedersachsen gar nicht mehr geben, doch die Realität sieht anders aus. Vor gut anderthalb Jahren bestätigte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, das den zuständigen Behörden in Niedersachsen eine Handhabe gegen großflächige Versiegelungen von Flächen mit Kies oder Steinplatten gibt.
Dabei sind die Steinwüsten sogar schon seit 2012 verboten. „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind“, heißt es im Paragraf 9, Absatz 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Mit dem Urteil aus dem Jahr 2023 entflammte bei Naturfreunden die Hoffnung, man könne dem "Umweltdesaster Schottergarten" den Garaus machen. Doch jetzt, anderthalb Jahre später, herrscht Ernüchterung, denn noch immer sind Schottergärten Teil des Landschaftsbildes in den Gemeinden. Das WOCHENBLATT hat beim Landkreis Harburg nachgefragt, wie das Vorgehen gegen Schottergärten in der Praxis aussieht.
"Es werden anlassbezogene Kontrollen durchgeführt", erklärt Andres Wulfes, Pressesprecher des Landkreises Harburg. Nach Hinweisen oder Meldungen, die an die Bauaufsicht herangetragen werden, erfolge die Prüfung der Flächen, mit einem Vor-Ort-Termin oder mittels Fotos und Luftbildern. Seit 2023 konnte die Behörde im Landkreis Harburg nur vier tatsächliche Verstöße gegen den Paragraf 9, Absatz 2 feststellen und bauaufsichtliche Verfahren einleiten. In diesen Fällen wurde zunächst mit den "Schottergärtnern" gesprochen und sie wurden schriftlich informiert. Nach Beratung und Absprache über die Maßnahme erfolgte in allen vier Fällen der Rückbau der Schottergärten. Die Betroffenen zeigten sich kooperativ, sodass keine Verfügung erwirkt und demnach auch kein Bußgeld erhoben werden musste.
Wieso sind sie so schlecht für die Umwelt?
In Schottergärten finden Insekten keine Nahrung oder Unterschlupf, denn neben Stein und Kies findet man oftmals, wenn es überhaupt ein wenig Grün gibt, keine heimischen Pflanzen. Das beeinträchtigt den Erhalt der Artenvielfalt maßgeblich, denn auch Vögel und Fledermäuse finden so keine Nahrung mehr. Zudem verhindert die Versiegelung des Bodens das Versickern von Niederschlägen, sodass es bei Starkregen zur Überlastung der Kanalisation oder in manchen Fällen zum Volllaufen des eigenen Kellers kommt. Die Folge: Der Regen landet nicht im Grundwasser. Laut NABU entstehe durch Schottergärten außerdem eine extreme Hitze, da die Steine von der Sonne aufgeheizt werden. Das führt wiederum zum Vertrocknen von Pflanzen. Auch Staub und Lärm seien ein Problem, denn durch das Fehlen der Bepflanzung können feine Staubpartikel nicht gefiltert werden, sodass sich vermehrt Stickstoffoxid anreichert. Autolärm würde durch den Schotter zudem verstärkt werden. Anders als angenommen, sind Schottergärten auch nicht pflegeleicht, denn die Steine müssen regelmäßig gereinigt werden - oft mit schädlichen Chemikalien.
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