Clan-Kriminalität in der Hansestadt
Blutige Fehde von Großfamilien verunsichert Stader Bürger
Zwei Wochen nach der tödlichen Messerattacke auf einen 35-jährigen Mann herrscht noch immer Entsetzen in Stade. Brutale Gewalttaten im Milieu von arabischen oder türkischen Familienclans verbindet man meist mit Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Bremen. Dass ein beschauliches Städtchen wie Stade zum Schauplatz von blutigen Streitigkeiten zweier Großfamilien wird, erschüttert viele Bewohner. Sie sorgen sich um die Sicherheit in der Hansestadt. Bereits Ende Januar war ein 44-Jähriger mit türkischer Abstammung am Stader Bahnhof Opfer einer Bluttat geworden, bei der es offenbar um Rache und verletzte Ehre ging. Zwischen beiden Taten besteht zwar kein Zusammenhang. Dennoch stellen sich viele Stader die Frage: Gehört Clan-Kriminalität hier bald zum Alltag?
Mehr Polizeipräsenz in der Stadt
Auch bei der Polizei haben die Verantwortlichen offenbar die Verunsicherung in der Bevölkerung wahrgenommen. Im Stader Stadtgebiet sind vermehrt Streifenbeamte unterwegs - auch in der Fußgängerzone, wo im Vorfeld des Messerangriffs ein Shisha- und Sportgeschäft demoliert wurde. Die erhöhte Polizeipräsenz mithilfe einer Verfügungseinheit der Polizeiinspektion Stade sowie von Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei aus Lüneburg soll das Sicherheitsgefühl stärken. "Wir wollen für die Menschen in der Stadt wahrnehmbar und direkt ansprechbar sein", erklärt Stades Polizei-Pressesprecher Rainer Bohmbach. Die verstärkte Streifentätigkeit der Polizei hat aber auch schon zu besorgten Nachfragen geführt: Ist Stade etwa so gefährlich geworden, dass deshalb mehr Polizisten im Einsatz sind?
Bereits in der vergangenen Woche hatte Stades Bürgermeister Sönke Hartlef (CDU) angemerkt, dass sich Gewalttaten im Clan-Milieu bisher nicht gegen Dritte gerichtet hätten. Außerdem verwies er in Sachen Clan-Kriminalität auf die Erfolge der Ermittler in jüngster Zeit. Im Rahmen von landes- oder sogar bundesweit koordinierten Polizeiaktionen habe es auch erfolgreiche Durchsuchungen in Stade gegeben - mit Festnahmen und Sicherstellung von Beweismaterial. Solche Maßnahmen würden auch dazu beitragen, "dass Stade eine sichere Stadt bleibt", so Hartlef.
Täter ist noch immer flüchtig
Während die mutmaßlichen Täter beim Tötungsdelikt vom Januar inzwischen ermittelt und festgenommen wurden, ist der Messerstecher vom 22. März noch immer flüchtig. Der Täter hatte dem Opfer nach einem vermutlich absichtlichen Crash auf der Straße "Beim Salztor" in den Kopf gestochen. Der Schwerverletzte starb am Tag darauf im Krankenhaus. Inzwischen hat die Stader Polizei eine Mordkommission eingerichtet. Der Unfall ereignete sich direkt vor dem Döner-Imbiss, in dem im September 2022 ein Mitarbeiter erschossen wurde. Auch hier bestehen laut Polizei keine Zusammenhänge. Wie die BILD-Zeitung berichtet, soll in Stade aktuell der Streit zweier Familienclans eskaliert sein. Demnach ist der mutmaßliche Täter Angehöriger des Bremer Miri-Clans, der ursprünglich aus dem Libanon stammt und laut BILD 30 Familien mit rund 3.500 Personen umfasst.
Konkurrenz zwischen zwei Shisha-Läden?
Durch einschlägige Posts in den sozialen Medien war bereits bekannt, dass der getötete K. soll der Großfamilie Al-Zein angehört. Deren Familienmitglieder sollen ebenfalls über den Libanon nach Deutschland gekommen sein. Wie die BILD berichtet, sitzt das Oberhaupt des Al-Zein-Clans wegen Geiselnahme und Sozialbetrugs im Gefängnis. Zu diesem Clan zählen auch die beiden Imame, die kurz nach der Tat nach Stade gekommen waren, um offenbar in dem Streit zu schlichten. Nach WOCHENBLATT-Informationen könnte der mutmaßliche Hintergrund für den Konflikt die Konkurrenz zweier Shisha-Läden in der Stader Altstadt sein. In die handgreifliche Auseinandersetzung nach dem Unfall am Salztor sollen Angehörige der beiden Großfamilien verwickelt sein.
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