Metronom
Ohne Lokführer, keine Zugfahrten/ Weniger Fahrten, aber zuverlässig

- Seit einige Zeit fahren aufgrund Lokführermangels weniger Metronom-Züge
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Das WOCHENBLATT berichtete kürzlich über die "Zuverlässigkeit" des reduzierten Metronom-Fahrplans. Das Unternehmen gab die Zuverlässigkeit aufgrund dieses "Stabilisierungsfahrplans" mit mehr als 99 Prozent an, Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) hatte deutlich gemacht, dass zuverlässig lediglich bedeutet, dass überhaupt ein Zug fährt. Die Pünktlichkeit der Metronom-Züge liege dagegen nur bei fast 75 Prozent. Drei WOCHENBLATT-Anfragen beim Metronom blieben zunächst aufgrund interner IT-Probleme unbeantwortet. Jetzt liegen die Antworten des Metronom-Pressesprechers Björn Tiedemann vor.
Zahlen aus Dienstplänen
und Zugleitsystemen
Auf die Frage, wie das Unternehmen die Planmäßigkeit von "mehr als 99 Prozent" der Züge ermittelt hat, erklärt er: "Das ist der Anteil der laut Fahrplan geplanten Zugfahrten, welche wir mit einem Lokführer besetzen und fahren konnten. Diese Zahlen ergeben sich aus den Dienstplänen und aus den Zugleitsystemen. Der Stabilisierungsfahrplan ist ja aus der Not heraus entstanden, da wir für die laut Fahrplan vorgesehenen Fahrten nicht genügend Lokführer an Bord hatten.
Bevor wir uns zu dem leicht reduzierten Stabilisierungsfahrplan entschieden haben, hat dies dazu geführt, dass einzelne im Fahrplan vorgesehene Fahrten kurzfristig ausgefallen sind – die Fahrgäste also meist schon am Bahnhof standen oder kurzfristig umplanen mussten. Diesen Zustand wollten wir ändern: Auch wenn wir nicht alle Züge wie eigentlich vorgesehen fahren können, wollten wir wenigstens zuverlässig bei den restlichen Fahrten sein. Zuverlässig also im Sinne, dass dieser Zug fährt. Das war das Mindestziel. Und ich glaube, mit 98 oder 99 Prozent haben wir dies ganz gut erreicht. Oder mit anderen Worten: Von mehr als 300 Zugfahrten pro Tag sind höchstens drei ausgefallen", sagt Tiedemann.
Lieber Fahren statt unbesetzte
Schichten zu akzeptieren
Dem Unternehmen sei bewusst, dass die im ursprünglichen Fahrplan vorgesehenen Fahrten trotzdem fehlten. Aber: "Ohne Lokführer keine Zugfahrt. Leider. Glauben Sie mir: Wir würden auch viel lieber fahren, als die unbesetzten Schichten akzeptieren zu müssen."
Der Metronom-Eisenbahngesellschaft gehe es nicht viel anders als den Kindergärten, Pflegestationen oder Bauämtern in der Region: "Es fehlen ausreichend geeignete und motivierte Menschen, die gerne Lokführer sein möchten."
In einem Kindergarten gebe es bei Personalmangel einen Aufnahmestopp, im Bauamt dauere der Antrag einfach länger. "Bei uns fallen Züge aus und jeweils 1.000 Menschen kommen nicht zur Arbeit oder nach Hause", erläutert der Metronom-Sprecher. "Das ist nicht schön und fast 600 Menschen arbeiten bei Metronom jeden Tag mit Leidenschaft daran, dass dies nicht passiert."
Die im reduzierten Fahrplan ausgewiesenen Züge seien auf allen Strecken zu 98 bis 99 Prozent auch gefahren. Das heißt auf den Strecken Hamburg – Buchholz – Bremen, Hamburg – Lüneburg – Uelzen und Uelzen – Hannover - Göttingen
Zu viele Zugfahrten
für zu wenige Zugführer
Die Ursache der früheren Zugausfälle seien fehlende Lokführer. "Im ursprünglichen Fahrplan waren zu viele Zugfahrten für zu wenige Lokführer vorgesehen. Deshalb mussten wir den Fahrplan etwas reduzieren, sodass die Anzahl der verfügbaren Lokführer ausreichend ist."
Es sei auch "nur ein Bruchteil der Fahrten" gestrichen worden. "Auf allen Strecken fahren wir unverändert einen stabilen Stundentakt – mindestens einmal pro Stunde fährt ein Zug in jede Richtung. Die vorübergehend gestrichenen Züge sind vor allem in den Abend- und Nachtstunden, am Wochenende und die Zwischentakte, d.h. die Zugfahrten alle 30 Minuten.
Weitere Gründe für Zugausfälle können sein: Baustellen, defekte Züge, Streckensperrungen.
Und wie will das Unternehmen in Zukunft - auch mit Blick auf die Bewerbung für die neue Ausschreibung des Hansenetzes - die Mängel abstellen? Auf viele Dinge hat das Unternehmen schließlich gar keinen Einfluss, zum Beispiel den Fachkräftemangel bei Zugführern, das Überholen durch andere Züge oder technische Mängel an den DB-Srecken.
Intensiv für den
Beruf geworben
"Metronom und seine Schwesterunternehmen haben sehr große Anstrengungen unternommen, Menschen vom Beruf des Lokführers zu überzeugen. Wir haben intensiv für den Beruf geworben (es ist wirklich ein toller Job, wirklich!), und gezielt Menschen angesprochen, die bisher gar nicht daran gedacht haben.
Wir haben die Schichtpläne familienfreundlicher gestaltet, die Ausbildung nochmals verbessert sowie eigene Mitarbeiter, die bisher andere Aufgaben hatten, weitergebildet. Und wir haben unser Recruiting-Team nochmals vergrößert, sodass wir mit allen Interessenten ausführlich sprechen können und sehr schnell Antworten geben können."
Die Qualifizierung zum Lokführer dauere aber elf bis 13 Monate. "Das ist gut und notwendig, um Menschen, die aus anderen Berufen zu uns kommen, wirklich gut und umfassend auszubilden. Natürlich bekommt jeder auch schon während dieser Zeit sein Gehalt", so Tiedemann. "Das heißt aber auch: Lokführer, die wir vor mehr als einem Jahr überzeugen konnten, sind erst jetzt einsatzfähig. All unsere Maßnahmen zeigen Wirkung, entfalten diese aber erst nach einiger Zeit."
Zurück zur "alten" Zuverlässigkeit
Im Zuge der laufenden Ausschreibung des Hansenetzes wolle das Unternehmen zeigen, dass es auch aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. "Wir haben uns an die neuen Rahmenbedingungen angepasst wollem mit einem neuen Verkehrsvertrag endlich wieder zur 'alten' Qualität und Zuverlässigkeit des Metronom zurückkehren", so Tiedemann.
Ein weiterer Fahrgast-Bericht
Ein weiterer WOCHENBLATT-Leser - wie bereits mehrere zuvor - berichtet über seine negativen Erfahrungen mit dem Regionalverkehr Niedersachsen. Er bezieht sich insbesondere auf die Probleme bei der Metronom Eisenbahngesellschaft und bei Start Niedersachsen-Mitte, einem Tochterunternehmen der DB Regio AG (fehlendes Personal, technische Störungen an Zügen, defekte Türen, Verspätungen und Ausfälle usw.).
Das hat er erlebt:
"Die RE4 Richtung Bremen kommt am Mittwoch, 22. Januar 2025, um 23.14 Uhr mit zehn Minuten Verspätung in Buchholz an — sogar auf Gleis 1, um einen schnellen Umstieg auf die RB38 (Start) zu ermöglichen. Diese Regionalbahn ist allerdings pünktlich um 23.13 Uhr in Buchholz abgefahren.
Resultat: Mehrere Anschlussreisende müssen eine Stunde (!) in der Kälte auf die nächste Abfahrt um 0.16 Uhr warten. Dabei muss die RB38 ohnehin fünf Minuten in Handeloh auf den Gegenzug warten. Man hätte also wenige Minuten in Buchholz warten können.
Im Metronom gab es keinen Fahrgastbetreuer, der sich um den Anschluss hätte kümmern können. Es gab auch keine entsprechenden Durchsagen.
Um 0.16 Uhr (letzte Verbindung) fuhr übrigens die RB38 ab, ohne auf den verspäteten Metronom aus Hamburg (Abkunft 0.20 Uhr) zu warten. Der Triebfahrzeugführer der RB38 teilte uns mit, dass er keine Information erhalten habe.
Ich verpasse abends bereits zum vierten Mal in diesem Monat meinen Anschluss. Zweimal wurde sogar die allerletzte Fahrt verpasst, sodass ich mir ein Taxi nehmen musste. Im letzten Jahr sah es nicht viel besser aus.
Ich bin als Pendler mittlerweile nur noch genervt, aber vermutlich ist es politisch so gewollt, dass wir alle mit dem Auto fahren. Es gibt ohnehin nicht genügend Lokführer (siehe permanenter Notfahrplan beim Metronom). Ich kenne immer mehr Menschen aus Buchholz, die wieder auf das Auto umsteigen oder wegziehen. Auch ich spiele mit diesem Gedanken.
Die Qualität, die im niedersächsischen Regionalverkehr geboten wird, ist zunehmend miserabel. Die Schweizer, Dänen oder Niederländer beispielsweise machen vor, wie es mit der Verkehrswende besser laufen kann.
Schade, dass von politischer Seite kaum oder gar nicht gehandelt wird. Anscheinend können die Bahnunternehmen machen, was sie wollen."
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Redakteur:Bianca Marquardt aus Tostedt |
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