Hundegesetz Niedersachsen
Gesetz schützt nicht vor bissigen Hunden
Vor zehn Jahren trat in Niedersachsen ein Hundegesetz (NHundG) in Kraft. Das Ziel: "Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorzubeugen und abzuwehren, die mit dem Halten und dem Führen von Hunden verbunden sind". Die jetzige Bilanz ist ernüchternd: Zwar hat sich die Anzahl der registrierten Hunde mehr als verdreifacht, auch, weil es zuvor keine Registrierungspflicht gab. Die verzeichneten Beiß- und sonstigen Vorfälle mit auffälligen Hunden sind aber auch nicht weniger geworden. Das Gesetz ist also vielmehr ein Papiertiger und ein Kassenfüller. Denn obwohl die Vierbeiner durch das vorgeschriebene Chippen bereits registriert sind, müssen Halterinnen und Halter sich für 14,50 Euro in einem damals eigens ins Leben gerufenen Zentral-Register anmelden. Zumindest unterstreichen die zehnjährigen Erfahrungen: Auffälligkeiten hängen nicht mit bestimmten Rassen zusammen, sondern befinden sich am anderen Ende der Leine.
Darum geht es:
Per Gesetz müssen Halterinnen und Halter seither ihre Sachkunde nachweisen, den Hund chippen lassen, eine Haftpflichtversicherung für die Vierbeiner abschließen und den Hund im Zentralen Hunderegister anmelden. Auf sogenannte Rasselisten wurde verzichtet. Mit den neuen Auflagen sollte dem auffälligen Verhalten von Hunden in Form von Beißvorfällen vorgebeugt werden. Doch erfüllt das Gesetz seinen Zweck? Oder kostet es lediglich die Hundehalter, die sich daran halten, viel Geld? Das WOCHENBLATT fragte beim Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) und bei den Landkreisen Harburg und Stade nach.
Zahl der Hundehalter in
zehn Jahren mehr als verdreifacht
Ergebnis: Die Zahl der Hundehalter in Niedersachsen hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdreifacht. Belastbare Daten lägen aber erst seit Beginn der Registrierungspflicht am 1. Juli 2013 vor. Vor zehn Jahren waren in Niedersachsen 157.212 Hunde gemeldet. Aktuell liegt die Gesamtzahl der in Niedersachsen im Zentralen Register gemeldeten Hunde bei 498.508.
Die Zahl der Hundebisse wird in Niedersachsen allerdings nicht zentral erfasst. "Auch wird nicht jeder Hundebiss der zuständigen Behörde bekannt, da es keine rechtliche Verpflichtung gibt, Hundebisse zu melden", teilt eine Ministeriumssprecherin mit. "Das Niedersächsische Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG) verbindet die potentielle Gefährlichkeit eines Hundes bereits seit 2003 nicht mehr mit der Rasse und führt keine Beißstatistik mehr." Die Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes durch die Fachbehörden (Landkreise und kreisfreie Städte) werde an den Einzelfall geknüpft.
Problem bei Beißunfällen
am anderen Ende der Leine
Und weiter: "Die Einstufung eines Hundes als per se gesteigert aggressiv oder gefährlich, anknüpfend an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse oder einem bestimmten Hundetyp, einer Größe oder Gewicht, ist wissenschaftlich nicht begründbar. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge liegt das Problem bei Beißvorfällen nicht bei den Hunden selbst, sondern am anderen Ende der Leine. Es gibt sowohl Beißvorfälle mit Schäferhunden als auch mit Pudeln, Teckeln oder Pitbull Terriern. Das Verhalten der Hundehalterin bzw. des Hundehalters hat maßgeblichen Einfluss auf die Art, die Häufigkeit und die Schwere eines Zwischenfalls mit einem Hund.
"Im Landkreis Harburg wurden im Jahr 2013 insgesamt 21 Hunde zu gefährlichen Hunden erklärt, in diesem Jahr wurde bisher in 25 Fällen die Gefährlichkeit nach dem Niedersächsischen Hundegesetz (NHundG) festgestellt bzw. befinden sich im laufenden Verfahren mit einem sehr wahrscheinlichen entsprechenden Ausgang", informiert Kreissprecherin Katja Bendig auf WOCHENBLATT-Nachfrage. "Zu den Rassen können wir keine Angaben machen", sagt sie. Laut Aussagen des Kreisveterinäramtsleiters gebe es aber keine besondere Häufung bei Rassen, die in anderen Bundesländern unter Rasselisten fallen.
Im Landkreis Stade wurden vor zehn Jahren 35 Fälle nach dem NHundG bearbeitet, im laufenden Jahr 2023 sind es bisher 25 Fälle. "Bei den angezeigten Vorfällen mit Hunden handelt es sich nicht zwingend in jedem Fall um Beißvorfälle, bei denen Menschen oder andere Tiere verletzt wurden. Es sind auch Anzeigen über Drohverhalten von Hunden oder zumindest als bedrohlich empfundene Situationen wie Anbellen, Anspringen, Nachlaufen etc., darunter, die hier ebenfalls zu einer Überprüfung führen", erläutert Kreissprecher Daniel Beneke.
Das sind die Vorgaben im "Hundegesetz"
Zentrales Register
Gemäß dem Gesetz muss jeder Hundehalter sein Tier beim Zentralen Register anmelden. Mit dem landesweiten Register soll der Hundehalter zügig ermittelt werden können - etwa bei einem Beißvorfall, wenn die Halterfrage vor Ort nicht anders geklärt werden kann.
Die Registrierung wird durch die Kommunale Systemhaus Niedersachen GmbH (KSN) im Auftrag des Landes Niedersachsen durchgeführt, wofür eine einmalige Gebühr erhoben wird. Für jede Online-Registrierung werden 14,50 Euro, für eine telefonische bzw. schriftliche Anmeldung 23,50 Euro fällig.
Nachweis der Sachkunde
Der Sachkundenachweis muss von Hundehaltern erbracht werden, die sich nach dem 1. Juli 2011 erstmals einen Hund angeschafft haben und laut Gesetz nicht anderweitig als sachkundig gelten.
Der Nachweis der Sachkunde besteht aus einer theoretischen und einer praktischen Prüfung. Beide Prüfungen werden jeweils ab 40 Euro kosten, über die genauen Beträge entscheiden die jeweiligen Prüfer.
Hundehaftpflicht
Immerhin, die günstigste Hundehaftpflicht ist laut dem Vergleichsportal Check 24 ab 2,50 Euro monatlich (30 Euro im Jahr) erhältlich mit 500 Euro Selbstbeteiligung bei einer Deckungssumme von drei Millionen Euro (Beispielrechnung für einen Labrador und einen 40-jährigen Halter).
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