Landkreis Harburg
Tierschutzvereine konkurrieren um Fundtier-Aufnahme

- Das Tierheim Buchholz war bisher für die Unterbringung von Fundtieren aus fast allen Kommunen im Landkreis Harburg zuständig
- Foto: Tierheim Buchholz
- hochgeladen von Bianca Marquardt
Bekannt war schon länger, dass einige Kommunen aus dem Landkreis Harburg erwägen, die bisher über den Tierschutzverein Buchholz im Tierheim der Nordheidestadt erfolgte Fundtierunterbringung zum 1. Januar 2025 an das Tierzentrum in Neu Wulmstorf abzugeben. Offizielle Mitteilungen gab es aber von keiner der Kommunen. Einige von ihnen haben diese Neuigkeit erst in den vergangenen Tagen nach und nach auf ihren Homepages veröffentlicht. An der Qualität der Unterbringung liegt es nicht. Hauptgrund für den Wechsel: Geld.
Die Gemeinde Rosengarten sowie die Samtgemeinden Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg und Tostedt bringen ihre Fundtiere ab sofort im Tierzentrum Neu Wulmstorf in Mienenbüttel unter. Die Höhe der Zahlung an das Tierheim Buchholz orientierte sich bisher an der Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner einer Kommune.
In der Region wohl
einmalige Situation
Dass Tierschutzvereine sich gegenseitig unterstützen, wenn ein Tierheim an die Belastungsgrenzen kommt, sollte selbstverständlich sein. Dass aber zwei Tierschutzvereine bei der Fundtier-Aufnahme in Konkurrenz treten, dürfte in der Region einmalig sein. Das Tierheim Buchholz weist auf seiner Homepage nun auch darauf hin, dass dort nur noch Tiere aus den Buchholzer Ortsteilen aufgenommen werden.
Von der eineinhalbjährigen "Hängepartie" spricht Buchholz' Tierschutzvereins-Vorsitzender Rolf Schekerka bezogen auf die Verhandlungen mit den betroffenen Kommunen. Der letzte Vertrag war Ende 2023 ausgelaufen. Mit den erhobenen Pauschalen, die in den Jahren immer wieder erhöht werden mussten, sei das Tierheim Buchholz über die Runden gekommen. "Wir hatten uns damals auf eine Einwohnerpauschale geeinigt, zum Beispiel für Personal- und Stromkosten", berichtet Schekerka, der die Regie des Tierschutzvereins im Jahr 2008 übernahm.
Wenn Geld übrig war,
wurde investiert
Finanziert werden muss außerdem der Erbpachtvertrag mit der Stadt Buchholz. "Wenn Geld übrig war, haben wir investiert", erklärt er. Zum Beispiel wurden ein Hundeplatz angelegt und aus Spenden vier Wohncontainer für Katzenräume sowie Quarantäne und Arztzimmer aufgestellt, um die Auflagen des Kreisveterinäramtes des Landkreises Harburg zu erfüllen und das Tierwohl zu verbessern.
Und wer Tiere hält, weiß, dass auch die Kosten für Tierarztbehandlungen extrem gestiegen sind, sodass manche Tierhalter sogar schon gezwungen waren, sich von ihren geliebten tierischen Mitbewohnern zu trennen, die dann zumeist auch im Tierheim landen.
Die Gemeinde Neu Wulmstorf bringt ihre Fundtiere bereits seit Ende 2022 im Tierzentrum unter, informiert die Gemeinde auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Neu Wulmstorf hatte zuvor einen Vertrag mit dem Tierzentrum Süderelbe in Hamburg. Die Gemeinde sei regelmäßig vor Ort zum persönlichen Austausch bzw. zur Besichtigung. Der Dienst rund um die Uhr an sieben Tagen pro Woche sei vertraglich geregelt und auch notwendig. "Bei der Gemeinde Neu Wulmstorf soll die Abgabe der Fundtiere ausschließlich erst nach Kontaktaufnahme mit dem Rathaus erfolgen. Um unbekannte Abgaben von Tieren beim Tierzentrum zu minimieren, wurde eine breite Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema vermieden", erklärt Bürgermeister Tobias Handtke nach Rücksprache mit Steffen Matthees, Fachdienstleiter für den Bereich Ordnung.
Aktuell 80 Ehrenamtliche
und 21 Mitarbeiter
Doris Firlus berichtet, dass aktuell ca. 80 Ehrenamtliche und 21 Mitarbeiter im Tierzentrum beschäftigt sind. "Das Tierzentrum ist 24/7/365 erreichbar. In der Zeit von 9 Uhr bis 17 Uhr holen wir Tiere ab. Ab 18 Uhr ist das Tierheim mit dem Notdienst besetzt, in dieser Zeit können Tiere gebracht, aber nicht abgeholt werden. Ausnahmen sind Sicherstellungen durch die Polizei. Die Behörden bringen ebenfalls Fundtiere", berichtet die Tierzentrumsleiterin.
Auf die Frage, ob das Tierzentum aktiv auf die Kommunen zugegangen sei oder sich die Verwaltungen von sich aus an das Tierzentrum gewandt haben, erklärt sie nur: "Es gab gemeinsame Gespräche."
Die Gemeinde Rosengarten sowie die Samtgemeinden Jesteburg, Hanstedt, Hollenstedt und Tostedt geben eine gemeinsame Erklärung zu den WOCHENBLATT-Fragen ab. Hier statt Statement vermittelt durch Dr. Peter Dörsam, Samtgemeindebürgermeister Tostedt:
Die Gründe, die Fundtiere nicht mehr im Tierheim Buchholz, sondern jetzt im Tierzentrum Mienenbüttel unterzubringen:
"Bisher hatten die betroffenen Kommunen (die Gemeinde Rosengarten sowie die Samtgemeinden Jesteburg, Hanstedt, Hollenstedt und Tostedt) mit dem Tierheim Buchholz (Tierschutzverein) eine Vereinbarung zur Versorgung der Fundtiere geschlossen. Die Vereinbarung ist abgelaufen und im Rahmen der Verhandlungen über eine mögliche Verlängerung erfolgte ein umfangreicher Austausch über die möglichen neuen Konditionen. Hierbei wurde vom Tierschutzverein auf erhebliche Kostensteigerungen und Leistungsverminderungen hingewiesen. Aufgrund der Kostensteigerungen wurde für 2023 eine Nachzahlung und für 2024 in einem Übergangsvertrag eine sehr deutliche Erhöhung vereinbart. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen gab es aber mehrfache Neu-Kalkulationen des Tierschutzvereins und schließlich ein Angebot für eine Fortsetzung des Vertrages ab 2025, das nochmals einen weiteren erheblichen Aufschlag beinhaltete. Gegenüber dem bis 2023 gültigen Vertrag mit dem Tierheim wurde eine Kostensteigerung von 288 Prozent angeboten. Gleichzeitig sollten bestimmte Leistungen hinsichtlich der Rufbereitschaft und des Abhol-Services eingeschränkt bzw. zusätzlich kostenpflichtig gestellt werden. Auf Grund der Entwicklung wurden auch alternative Unterbringungsmöglichkeiten geprüft. Im Abwägungsprozess und bei der abschließenden Bewertung wurden das Tierwohl und der Bürgerservice (Erreichbarkeit) ebenso wie die Kosten berücksichtigt. Das Tierzentrum in Mienenbüttel stellte sich hierbei als sehr gut geeignete Alternative heraus.
Das Angebot für eine Fortsetzung des Vertrages mit dem Tierschutzverein Buchholz ab 2025 hätte für die Kommunen die doppelten Kosten gegenüber der jetzt gefundenen Lösung bedeutet.
Das Tierzentrum wurde von allen Kommunen am 27. August 2024 besichtigt. Es gab eine Führung über das gesamte Gelände. Alle Tiere und die Unterbringungen wurden gezeigt und ausführlich erläutert. Danach gab es eine Zusammenkunft, bei der alle Fragen besprochen werden konnten.
Das Tierheim Buchholz hatte diese Möglichkeit ebenfalls angeboten, so dass die Kommunen auch dieses Angebot gern angenommen haben und das Tierheim Buchholz besucht und die Tiere und das Gelände besichtigt haben. Auch hier wurde in einer anschließenden Runde vom Vorstand und von der Tierheimleitung alle Fragen beantwortet.
Beide Einrichtungen haben einen guten Eindruck hinterlassen.
Das Tierzentrum Mienenbüttel bietet eine Erreichbarkeit rund um die Uhr an, da eine 24-Stunden-Bereitschaft vor Ort gegeben ist. Nur in der Zeit von 9 bis 17 Uhr ist auch eine Abholung der Fundtiere durch das Tierzentrum möglich. Eine Abgabe eines Fundtieres ist aber rund um die Uhr an jedem Tag gegeben.
Mit der Information der Öffentlichkeit und der 24-stündigen Erreichbarkeit des Tierzentrums soll erreicht werden, dass keine Tiere einfach vor dem Tierheim Buchholz abgegeben werden. Auch im Sinne der Tiere kann nur dringend davon abgeraten werden, sie einfach vor einer Einrichtung, egal vor welcher, abzustellen.
Sollte es doch zu derartigen Situationen kommen, wird der Transport von dem Tierzentrum Mienenbüttel übernommen. Sollten Erstversorgungskosten entstehen, so wird man hier immer im Sinne des Tieres handeln und die zuständige Fundbehörde wird diese Kosten übernehmen.
Die abschließenden Beratungen haben sich bis in den Dezember hingezogen und eine gemeinsame Presseinformation ist dann zunächst über die Weihnachtsferien nicht zustande gekommen. Die Kommunen haben aber fast alle auf ihrer Homepage aktuelle Meldungen zu dem Wechsel veröffentlicht.
Wir möchten uns beim Wochenblatt für die Nachfragen bedanken und werden, zeitlich versetzt, auch eine Pressemitteilung veröffentlichen."
Vorstand des Tierschutzvereins Buchholz
Rolf Schekerka ist in der jüngsten Mitgliederversammlung als Vorsitzender im Amt bestätigt worden. Der bisherige langjährige zweite Vorsitzende Frank Kettwig kandidierte aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder. Rolf Schekerka wird bei der Vorstandsarbeit von drei Beisitzern unterstützt.



Redakteur:Bianca Marquardt aus Tostedt |
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