18 Jahre Begleitendes Fahren ab 17
Unfallzahlen der Fahranfänger im Landkreis Harburg kräftig gesunken

Die Zahl der schweren Unfällen mit Fahranfänger ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen | Foto: thl
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  • Die Zahl der schweren Unfällen mit Fahranfänger ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen
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Soll der Führerschein mit 16 eingeführt werden?

thl. Winsen. Im Jahr 2003 verunfallten bundesweit insgesamt 97.960 Autofahrer in der Risikogruppe der 18- bis 25-Jährigen. Rund 1.395 von ihnen wurden getötet. Das waren zwar über fünf Prozent weniger, als noch im Jahr zuvor. Trotzdem waren die Zahlen noch viel zu hoch.
Das sah auch der damalige niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) so: "Zwar gab es hier einen erfreulich hohen Rückgang der Getötetenzahlen auf 168 (200) bei der Gruppe der 'Jungen Fahrer' im Alter von 18 bis unter 25 Jahre. Dies entspricht einem Rückgang von 16 Prozent. Dennoch liegt der Anteil dieser Risikogruppe an der Getötetenrate mit 22 Prozent immer noch erheblich über ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung. Dieser beträgt lediglich 7,5 Prozent."
Um diese Zahlen weiter zu reduzieren, führte das Land Niedersachsen auf Initiative Schünemanns und seinem Team mit Verkehrsexperten im April 2004 das "Begleitende Fahren ab 17" ein. Allen Widerständen zur Trotz, denn Fachleute lehnten das Modell ab. Doch das Land behielt Recht. Im kommenden Monat wird der "Führerschein mit 17" quasi volljährig und wurde inzwischen bundesweit, bedingt durch eine Änderung des Fahrerlaubnisrechts, übernommen.
"Niedersachsen hat damals die Zeichen der Zeit erkannt", sagt Dirk Poppinga, Verkehrssicherheitsberater der Polizeiinspektion Harburg. "Denn es waren nicht nur die vielen schweren Unfälle selbst. In den meisten Fällen waren die Fahrer aus der Risikogruppe sogar die Verursacher." Zu hohes Tempo, Selbstüberschätzung, Angeberei, Alkohol und Drogen. Die Ursachen waren vielfältig. "Nach 5.000 Kilometer Autofahren meinten einige, dass sie eine 70er-Kurve auch mit 120 km/h durchfahren können, weil sie ja Autofahren können", so Poppinga.
Ganz vermeiden kann man solche Unfälle nie. Aber trotzdem: Die Zahlen gehen stetig nach unten. Ein Beispiel: Gab es in der Gruppe der Fahranfänger im Jahr 2012 im Landkreis Harburg noch 565 Unfälle, sank die Zahl bis zum Jahr 2020 auf 418 Unfällen. 2012 waren die Fahranfänger in 430 Fällen der Unfallverursacher. Im Jahr 2020 "nur" noch in 319 Fällen. Tendenz für das Jahr 2021: in beiden Fällen sinkend.
"Ein Jahr Fahrpraxis mit einem erfahrenen Autofahrer neben sich, machen schon viel aus", weiß Poppinga. "Zumal die Qualität der Begleiter besser und gewissenhafter geworden ist." Bei jemanden, der ein halbes Jahr mit Begleitung gefahren ist, sinke das Unfallrisiko um rund 25 Prozent, so der Beamte weiter.
Dass das "Begleitende Fahren mit 17" mittlerweile zum Alltag gehört, zeigen die Zahlen der sogenannten Fahrerlaubnis-Ersterteilungen im Landkreis Harburg. Von den 34.990 Führerschein-Neulingen im vergangenen Jahr, waren 24.556 der 17-Jährigen dabei. Darauf haben auch schon die Versicherungen reagiert und geben jungen Leuten, die mit 17 Jahren den Führerschein gemacht haben, bis zu 18 Prozent Rabatt auf die Versicherungsprämie.
Um die Unfallzahlen noch weiter zu reduzieren, gibt es in der Ampelkoalition auf Bundesebene Überlegungen, das begleitende Fahren auf 16 Jahre herabzusetzen. Poppinga hält die Idee für gar nicht so verkehrt: "Natürlich muss man sehen, ob man dafür auch genug Begleitpersonen bekommt. Aber grundsätzlich hätten die jungen Fahrer ein Jahr mehr Fahrpraxis, was ihnen zugute kommt. Das Alleinfahren muss aber bei 18 Jahren bleiben."
Nicht zuletzt zielt die Herabsetzung des Alters zum Erhalt der Fahrerlaubnis auch auf eine Gesetzeslücke ab. Denn 16-Jährige dürfen mit der entsprechenden Fahrerlaubnisklasse bereits Ellenatoren fahren. So heißen die kleinen Pkw Fiat 500, die durch die dicht zusammenstehenden Hinterräder zu vierrädigen Dreirädern umgebaut worden sind. Diese haben 20 PS und schaffen locker 120 km/h.

Begleitendes Fahren ab 17: Wer darf begleiten?
Begleiter eines 17-jährigen Fahranfängers kann jeder werden, der 30 Jahre oder älter ist, seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen die Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt und nicht mehr als drei Punkte im Verkehrszentralregister hat.
Außerdem muss der Begleiter die 0,5-Promille-Grenze beachten und darf nicht unter Drogeneinfluss stehen. Hierfür ist der Fahranfänger selbst verantwortlich.
Am häufigsten begleitet ein Elternteil die Jugendlichen. Auch Großeltern, Nachbarn oder Arbeitskollegen können Begleiter sein. Voraussetzung ist, dass sie in der Prüfungsbescheinigung des jungen Fahrers eingetragen werden und die Eltern einverstanden sind. Die Anzahl möglicher Begleitpersonen ist nicht begrenzt.

Die Zahl der schweren Unfällen mit Fahranfänger ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen | Foto: thl
Verkehrssicherheitsberater Dirk Poppinga | Foto: Polizei
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Thomas Lipinski aus Winsen

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