Landkreis Harburg
Landrat Rainer Rempe zieht Bilanz für 2022 und gibt einen Ausblick
"Der Krieg gegen die Ukraine war im zurückliegenden Jahr ohne Frage das alles beherrschende Thema. Millionen Menschen flüchteten vor den verheerenden Angriffen Russlands aus der Ukraine, viele von Ihnen kamen nach Deutschland und auch in unsere Region. Mich hat tief beeindruckt, wie unglaublich groß die Hilfsbereitschaft in unserem Landkreis war und ist. Viele Bürgerinnen und Bürger haben gespendet oder nicht gezögert, Geflüchteten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Ich möchte allen für Ihre Bereitschaft zu helfen herzlich danken.
Insbesondere danken möchte ich in diesem Zusammenhang aber auch dem Deutschen Roten Kreuz und der Johanniter-Unfall-Hilfe. Ohne sie wären die Ausstattung und der Betrieb der Notunterkünfte und die Organisation der Unterbringung bei Privatpersonen so nicht möglich gewesen.
Neben den schrecklichen Folgen des Krieges für die Menschen in der Ukraine geriet schnell das Thema Energieversorgung in den Fokus. Schon im Juli, als noch niemand wusste, wie sich die Versorgungslage im Winter darstellen würde, tauschten sich Kreisverwaltung und Kommunen in einem ersten Schritt über mögliche Einsparmaßnahmen bei Gas und Strom aus. Allen Beteiligten war wichtig, sich so gut wie möglich vorzubereiten, um im Ernstfall sofort handlungsfähig zu sein. Im Oktober einigten sich Landkreis und Kommunen dann auf einige grundsätzliche Maßnahmen zum Einsparen von Strom und Gas in ihren Verwaltungsgebäuden und in Abstimmung mit den Schulen auch in Sporthallen und Schulgebäuden.
Die Sorge um eine ausreichende Versorgung mit Strom und Gas hat uns auch noch einmal deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es nicht nur aus Klimaschutzsicht ist, sich unabhängiger von fossilen Brennstoffen zu machen und auf klimafreundliche Energieträger umzusteigen. Für uns als Landkreis sind beim Thema Klimaschutz der Ausbau des ÖPNV – zuletzt durch die neue Linie 550, die Neu Wulmstorf und Hamburg verbindet –, die Förderung des Radverkehrs und die Erprobung intelligenter Mobilitätskonzepte wie beim On-Demand-Shuttle elbMOBIL nur einige der möglichen Stellschrauben. Es wird künftig aber auch darum gehen, den ÖPNV stärker auf emissionsneutrale Antriebe umzustellen. Als Mitglied des H2-Netzwerks Nordostniedersachsen wollen wir außerdem die Wasserstofftechnik voranbringen. Unser Ziel steht fest: Das Erreichen der Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 wie vom Kreistag beschlossen. Hierbei setzen wir auch auf vermeintlich kleine Maßnahmen – wie den kompletten Umstieg auf Recyclingpapier. Mit der ausschließlichen Verwendung von Blauer-Engel-Papier gehört der Landkreis Harburg zu den recyclingpapierfreundlichsten Landkreisen Deutschlands. Sehr erfreulich ist auch, dass der Landkreis Harburg in diesem Jahr für seine vielfältigen Klimaschutzaktivitäten erneut mit dem European Energy Award ausgezeichnet worden ist und sich damit auch weiterhin offiziell europäische Energie- und Klimaschutzkommune nennen darf.
Die Kooperation im Bereich Wasserstoffwirtschaft ist nur ein Projekt, das künftig in der neu gegründeten Innovationsagentur Nordostniedersachsen vorangetrieben wird. Gemeinsam mit neun weiteren Landkreisen aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg wollen wir Unternehmen stärken, Wissens- und Technologietransfer in der Region fördern, innovatives Potenzial erkennen und Betrieben einen besseren Zugang zu Fördermöglichkeiten verschaffen. Sitz der neuen Gesellschaft ist Buchholz in der Nordheide.
Um Zusammenarbeit und die Schaffung von Synergien geht es auch bei der Zukunftsregion Süderelbe. Im September übergab Ministerin Birgit Honé im Winsener Kreishaus den Bescheid zur Anerkennung als Zukunftsregion, verbunden mit einem Förderbescheid in Höhe von knapp 6 Mio. Euro. Das Geld kann die Gemeinschaftsinitiative aus den Landkreisen Harburg, Stade, Lüneburg, der Hansestadt Lüneburg und der Süderelbe AG zur Umsetzung von innovativen Leitprojekten im Rahmen des Konzepts Zukunftsregion Süderelbe nutzen. Als Zukunftsregion wollen wir gemeinsam unsere Innovationsfähigkeit weiter stärken und den Anteil an wissensbasierten Arbeitsplätzen kontinuierlich ausbauen.
Auch die Digitalisierung bringt der Landkreis Harburg weiter voran: Mit der vierten Stufe des Serviceportals können nun auch die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Stelle Online-Dienstleistungen ihrer Kommune direkt, einfach und digital vom heimischen Sofa aus in Anspruch nehmen und online bezahlen. Das Serviceportal für den Landkreis Harburg bietet derzeit 80 Online-Services des Landkreises Harburg, der Städte Winsen und Buchholz, der Samtgemeinden Salzhausen, Hanstedt, Hollenstedt, Jesteburg, der Gemeinde Rosengarten und der Gemeinde Stelle an.
Im August wurde außerdem mit Bauen Online 2.0 eines der größten und wichtigsten Digitalisierungsprojekte des Landkreises Harburg abgeschlossen. Bauanträge können ab sofort über das Serviceportal für den Landkreis Harburg vollständig digital eingereicht und abgewickelt werden. Wir sind damit der erste Landkreis in Niedersachsen, der das Baugenehmigungsverfahren, einen der komplexesten kommunalen Verwaltungsprozesse, komplett digital bearbeitet.
Im Rahmen des Breitbandausbaus haben zudem 54 Schulen Hochgeschwindigkeitsinternet erhalten und auch die Schließung der sogenannten weißen Flecken läuft: Der Breitbandausbau hat in allen vier Ausbaugebieten begonnen.
Eine Zukunftstechnologie nimmt das Projekt USIN5G in den Blick: Gemeinsam mit unseren Partnern schaffen wir im TIP Innovationspark Nordheide ein einzigartiges Reallabor, mit dem wir Unternehmen und Wissenschaft ein Versuchsfeld für Anwendungen und Projektideen auf Grundlage des 5G-Mobilfunkstandards eröffnen. Erste konkrete Projekte mit den Schwerpunkten „Intelligenter Katastrophenschutz“ sowie „Smarte Produktion und Gebäude“ nehmen bereits Gestalt an.
Ein voller Erfolg war in diesem Jahr erneut der „Tag der Wirtschaft“, den die Stabsstelle Kreisentwicklung/Wirtschaftsförderung der Kreisverwaltung zum vierten Mal als Tag der offenen Unternehmen ausrichtete. Nahezu 700 Besucherinnen und Besucher nahmen das Angebot von 17 Unternehmen an, die ihre Türen öffneten und den Blick hinter die Kulissen ermöglichten.
In 2022 ebenfalls sehr erfreulich: Der Landkreis Harburg gehört weiterhin zu den Spitzenreitern im Gründungs-Ranking des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn und damit zu den attraktivsten Regionen in Deutschland für Existenzgründer und junge Unternehmen. Wie in den Vorjahren sind wir mit großem Abstand die Nr. 1 in Niedersachen. Bundesweit belegt der Landkreis Platz 25 und ist damit im Bundesranking um fünf Plätze nach oben geklettert.
Um die Unternehmen im Landkreis Harburg weiter zu stärken, ist es auch wichtig, dem Fachkräftemangel entgegen zu treten, den Übergang zwischen Schule und Beruf erfolgreich zu gestalten und die Bildungs-Zusammenarbeit noch weiter zu verbessern. Genau darum ging es bei der ersten Bildungskonferenz im Landkreis Harburg, die im Mai mit gut 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Wirtschaft, Bildung und Verwaltung stattfand. Unterzeichnet wurde hierbei auch eine Kooperationsvereinbarung. Gemeinsame Ziele sind unter anderem die Stärkung der Ausbildungsbetriebe und der Berufsbildenden Schulen in der Region, die Verbesserung der Kooperation zwischen Schule und Wirtschaft sowie eine nachhaltige Förderung der Vernetzung untereinander.
Im September startete die Kreisverwaltung außerdem das Projekt „Kommunales Bildungsmanagement und Monitoring im Landkreis Harburg“. Der Schwerpunkt liegt auf dem Übergang zwischen Schule und Beruf.
Ein echter Erfolg ist das niedersachsenweit einzigartige Modellprojekt „Ausbildungsnetzwerk Pflege im Landkreis Harburg“, das seit mittlerweile zwei Jahren Pflegeunternehmen und ihre Auszubildenden bei der Umsetzung der 2020 neu eingeführten generalistischen Pflegeausbildung unterstützt. Mittlerweile umfasst das Ausbildungsnetzwerk 87 und damit nahezu alle ausbildenden Pflegebetriebe im Landkreis mit derzeit über 200 Auszubildenden in der generalistischen Pflege. Das erste große Etappenziel steht kurz bevor: Die ersten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner im Landkreis Harburg machen 2023 ihren Abschluss.
Erfolg schreibt weiterhin auch das Projekt „stadtlandpraxis“, durch das in den zurückliegenden Jahren 57 niedergelassene beziehungsweise angestellte Ärztinnen und Ärzte sowie 33 Weiterbildungsassistenten für den Landkreis Harburg gewonnen werden konnten.
Eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung hat für uns zweifelsfrei höchste Priorität. Hier werde ich mich persönlich als Mitglied des Krankenhausplanungsausschusses des Landes weiter intensiv dafür einsetzen, dass unsere beiden Krankenausstandorte in Buchholz und Winsen gestärkt werden.
Damit auch im Notfall schnell Hilfe eintrifft, haben wir in diesem Jahr die Infrastruktur im Rahmen unseres Rettungsdienstbedarfsplans weiter optimiert und Mitte Mai die neue Rettungswache in Nindorf in unmittelbarer Nähe zum Baumwipfelpfad Heidehimmel am Wildpark Lüneburger Heide in Betrieb genommen. Das Projekt wurde in Kooperation mit dem Wildpark als Public-Private-Partnership-Projekt entwickelt. Ende August folgte die Eröffnung der neuen Rettungswache in Tostedt. Der Neubau bietet optimale und zeitgemäße Arbeitsbedingungen für die Rettungskräfte.
Investiert wurde auch in Schulen und Sportstätten: Fertiggestellt wurde das neue Oberstufengebäude der IGS Seevetal in Hittfeld, das auf insgesamt rund 2.200 Quadratmetern Nutzfläche ein modernes Lern- und Unterrichtsumfeld bietet. Die Kosten lagen hier bei knapp 9 Mio. Euro. Rund 1,3 Mio. Euro flossen in die Sanierung des Sportplatzes an der BBS Winsen, der nach rund 40 Jahren auf den neuesten Stand gebracht wurde. Mit der Sanierung wurde die letzte von insgesamt fünf Maßnahmen an Sportplätzen abgeschlossen.
Antworten auf die Frage, wie ein zeitgemäßes und bedarfsgerechtes Sportangebot aussieht und mit welchen Schritten sich dieses realisieren lässt, wollen der Landkreis Harburg und der Kreissportbund (KSB) Harburg-Land im Rahmen eines Sportentwicklungsplans erhalten, für dessen Erstellung im August eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben wurde. Der Sportentwicklungsplan soll eine Grundlage bilden, um Sportangebote künftig noch besser an die Bedürfnisse der Menschen anzupassen, Fördermittel noch gezielter einzusetzen und das Sportgeschehen im Landkreis Harburg noch besser zu koordinieren.
Ganz und gar nicht sportlich nehmen wir hingegen die Planungen der Deutschen Bahn für eine Neubautrasse entlang der A7. Für uns steht zwar fest, dass eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur nicht nur für den Fern- und Güterverkehr, sondern auch für viele Pendlerinnen und Pendler essentiell und ein Ausbau zweifellos notwendig ist – aber eben im Bestand. Ein Bahnstrecken-Neubau durch den Landkreis Harburg ist nicht akzeptabel. Wir fordern daher den sofortigen Stopp der Planungen für eine Neubaustrecke und verlangen stattdessen die Umsetzung der in einem fundierten Prozess gefundenen und in der Region breit getragenen Lösung eines Ausbaus der Bestandsstrecke, der Ausbauplanung Alpha E. Nachdrücklich kritisieren wir als Landkreis in Übereinstimmung mit den Kommunen das bisherige intransparente Vorgehen der Bahn und fordern weiter eine bessere Bürgerbeteiligung. Die Bürgerinnen und Bürger müssen unbedingt umfassend informiert und in den Prozess eingebunden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das gilt gleichermaßen für die Suche nach einem Atommüllendlager – auch diesen Prozess werden wir weiter kritisch begleiten und auf frühzeitige Informationen für Bürgerinnen und Bürger pochen.
Für mich persönlich war das zurückliegende Jahr auch ein Jahr der Entscheidung: Im Oktober haben Sie darüber abgestimmt, wer in den kommenden Jahren als Landrat an der Spitze der Kreisverwaltung steht und ich habe mich sehr gefreut, dass mir eine deutliche Mehrheit hierfür ihr Vertrauen ausgesprochen hat. Herzlichen Dank hierfür!
Vor uns liegen ohne Frage viele Herausforderungen – das Erreichen der Klimaneutralität ist sicher eine der wichtigsten davon. Genauso gilt es aber, unsere Wirtschaft weiter zu stärken, die Digitalisierung voranzutreiben, die Attraktivität unserer Schullandschaft zu fördern sowie eine leistungsfähige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Außerdem stehen wir weiter vor der Herausforderung, eine große Anzahl Geflüchteter aus der ganzen Welt unterzubringen. Hier werden wir im kommenden Jahr mehrere hundert neue Plätze in Unterkünften schaffen.
Und nicht zuletzt ist es mir sehr wichtig, dass unsere Kreisverwaltung Ihnen allen einen bestmöglichen Service bei Ihren Anliegen bietet.
Sie können sich darauf verlassen, dass ich mich für all das einsetzen und gemeinsam mit unseren Städten und Gemeinden die zukünftige Entwicklung unseres Landkreises weiterhin erfolgreich gestalten werde.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, ich wünsche Ihnen allen für das neue Jahr alles Gute, viel Glück, vor allem aber Gesundheit. Lassen Sie uns 2023 voller Zuversicht angehen – gemeinsam werden wir die anstehenden Herausforderungen meistern."
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