Ingrid Holst überlebte plötzlichen Herzstillstand im Amtsgericht Winsen dank tatkräftiger Hilfe
Sie wurden zu Lebensrettern
(os/nw). Für Ingrid Holst aus Döhle bei Egestorf (Landkreis Harburg) war der Jahreswechsel der Beginn eines neuen Lebens – eines geschenkten Lebens. Bei einem Behördenbesuch hatte ihr Herz plötzlich aufgehört zu schlagen. Dass Ingrid Holst überlebte, verdankt sie der Geistesgegenwart und dem tatkräftigen Zupacken zweier Wachleute.
Das vergangene Jahr hat es nicht gut gemeint mit Ingrid Holst. Vor Kurzem starb ihr Mann, den sie drei Jahre lang zu Hause gepflegt hatte. Um Erbschaftsangelegenheiten zu regeln, fuhr Ingrid Holst zum Amtsgericht nach Winsen. Als sie dort den Wartebereich betrat, bekam sie gesundheitliche Probleme: „Mir wurde so komisch, ich musste mich setzen.“ Sie packte die Lehne einer Bank, um sie ein wenig von der Wand wegzuziehen. „Doch ich merkte, dass ich dazu gar nicht die Kraft hatte, das Möbelstück rührte sich nicht.“
Was Ingrid Holst erlebte, war Kammerflimmern, eine akute Herzrhythmusstörung. Zur Vorgeschichte einer Herzrhythmusstörung gehört meist eine Verengung der Gefäße (Atherosklerose), die die Blutversorgung des Herzmuskels behindert. Beim Kammerflimmern gerät der Herzschlag aus dem Takt und setzt dann völlig aus. Der Blutdruck fällt ab, der Betroffene wird ohnmächtig und hört nach zwei bis drei Minuten auf zu atmen. Das Zeitfenster, in dem eine Wiederbelebung erfolgversprechend ist, beträgt lediglich zehn Minuten.
Schon seit Längerem hatte Ingrid Holst Probleme mit dem Herzen gehabt. Auch der große psychische Druck der vergangenen Monate setzte der 66-Jährigen aus Döhle zu.
Nach dem Notfall wurde sofort ein interner Notruf ausgelöst. Die Justizwachtmeister Anja Battermann und Jens Timmermann rannten zur Unglücksstelle. Beide verfügen über sehr gute Kenntnisse in Erster Hilfe. Und sie trauten sich auch, diese anzuwenden. Sofort begannen sie mit einer Herzdruckmassage, besorgten sich den automatischen Defibrillator (AED, siehe Kasten), der im Amtsgericht für alle Notfälle verfügbar ist. Das Duo setzte den Defi lebensrettend ein, bevor der Notarzt kam.
Ingrid Holst bekam vom Kampf um ihr Leben nichts mit. Woran sie sich erinnert: „Ich wachte auf und dachte, ich sei wohl wieder vor dem Fernseher eingeschlafen.“ Der Blick auf grüne Aktendeckel und auf eine Reihe von erschreckten Gesichtern belehrte sie eines Besseren. Die Fragen des Notarztes konnte sie ohne Weiteres beantworten. „Schmerzen hatte ich nicht, nur schrecklichen Durst“, erinnert sie sich.
Ingrid Holst wurde mit dem Krankenwagen in das Krankenhaus Buchholz gebracht. Im Kathetherlabor wurde das verstopfte Gefäß wieder aufgeweitet und mit einem Stent versehen. Nach nur einer Woche verließ die Patientin die Klinik an der Steinbecker Straße, so tatkräftig und energisch wie eh und je. Wären nicht die Tabletten, die sie künftig einnehmen muss, könnte es so scheinen, als sei nichts passiert. Eine wunderbare Rettung wie aus dem Lehrbuch.
Anja Battermann und Jens Timmermann freuen sich, dass es Ingrid Holst jetzt wieder gut geht. Sie sind stolz, dass sie richtig und vor allem schnell genug reagiert haben. Ihre Erkenntnis: „Jeder sollte die wichtigsten Wiederbelebungsmaßnahmen kennen und auch regelmäßig üben, denn jeder kann in die Situation kommen, zum Retter werden zu müssen."
Was kann ein Defibrillator?
Wichtige Rettungshelfer für den Laiengebrauch sind Automatisierte Externe Defibrillatoren (AED), die mit Elektroschocks das Kammerflimmern durchbrechen. Sie stehen an vielen öffentlichen Plätzen zur Verfügung: bei Behörden, in Bahnhöfen, in Filialen von Sparkassen und Banken, sogar in Supermärkten. Sie sprechen mit dem Nutzer, geben klare Anweisungen und erkennen selbsttätig, ob eine Schockgabe nötig und sinnvoll ist. Wichtig: AEDs verbessern die Erfolgsaussichten einer Herz-Lungen-Wiederbelebung erheblich, ersetzen diese jedoch nicht. Experten betonen, dass die modernen AEDs von jedem auch ohne jegliche medizinische Vorkenntnisse genutzt werden können.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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