Medizinische Versorgung im Landkreis Harburg
Die angebliche Überversorgung mit Ärzten spiegelt nicht die Realität wider
Warum die gefühlte Unterversorgung mit Ärzten bei den Bürgern im Landkreis ihre Richtigkeit hat ts. Winsen. Laut den offiziellen Zahlen gilt der Landkreis Harburg bei der Zahl der niedergelassenen Fachärzte als überversorgt und bei der Zahl der niedergelassenen Hausärzte bei einer Quote von mehr als 90 Prozent als gut versorgt. Die Bevölkerung und ihre politischen Vertreter im Kreistag haben einen anderen Eindruck. Das die "gefühlte Unterversorgung" mit Ärzten im Landkreis Harburg die Realität widerspiegelt, wurde jetzt im Kreissozialausschuss deutlich, der die medizinische Versorgung zum Thema hatte.
Die Grundlage der offiziellen Zahlen ist völlig veraltet. Die sogenannte Bedarfsrichtlinie, die festlegt, wie viele Ärzte für die ambulante medizinische Versorgung der Bevölkerung in jeder einzelnen Region Deutschlands nötig sind, basiere auf Zahlen aus dem Jahr 1990, sagte Reiner Kaminski, Fachbereichsleiter Soziales beim Landkreis Harburg. Damals herrschte die Sorge vor einer "Ärzteschwemme". "Wir arbeiten heute noch mit Zahlen, die zur Begrenzung von Ärzten eingeführt wurden", sagte Kaminski in seinen Antworten auf eine SPD-Anfrage.
In einzelnen Fällen würden Bürger sechs bis acht Wochen auf einen Arzttermin warten. Und das bei sogenannter Überversorgung, sagte Reiner Kaminski. Altenpflegeheime hätten teilweise heute bereits Schwierigkeiten, die Zusammenarbeit mit Hausärzten gewährleisten zu können, berichtete er den Politikern.
Eine Unterversorgung mit Ärzten zeichnet sich auch wegen des hohen Durchschnittsalters der Mediziner ab. Von den rund 130 Hausärzten im Landkreis Harburg seien 50 mindestens 60 Jahre alt. "Das betrachtet, haben wir eine erhebliche Versorgungslücke", sagte Kaminski. Das Ziel müsse sein, eine hundertprozentige Versorgung zu erhalten.
Immerhin: Eine Anpassung der Bedarfsrichtline an die aktuellen Verhältnisse steht bevor. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Medizinern, Kliniken und Kassen, werde in den nächsten Monaten ein Ergebnis vorlegen, sagte Oliver Christoffers, Geschäftsstellenleiter der Kassenärztlichen Vereinigung Lüneburg. Er rät, Anreize zu schaffen, damit Ärzte sich im Landkreis Harburg niederlassen.
Einen wichtigen Schritt gegen einen Ärztemangel müsste das Land tun: Zusätzliche Studienplätze für Mediziner an den Universitäten seien notwendig, forderte Dr. Jörn Jepsen aus Hanstedt, Kreissprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Mit einer Abiturnote von 2,0 müssten junge Leute sechs Jahre auf einen Studienplatz warten. Anschließend kämen sechs Jahre Studium und Ausbildung dazu. "Das ist ein unglaublich langer Weg", gab Dr. Jepsen zu bedenken.
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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