Brief von Landrat Rainer Rempe an Mitarbeiter
Dramatische Finanzlage im Landkreis Harburg

Landrat Rainer Rempe: "Uns droht ein Defizit bislang noch nichts bekannten Ausmaßes" | Foto: Landkreis Harburg
  • Landrat Rainer Rempe: "Uns droht ein Defizit bislang noch nichts bekannten Ausmaßes"
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Viele Kommunen stehen finanziell mit dem Rücken an der Wand. So auch der Landkreis Harburg: In einem Brief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der dem WOCHENBLATT vorliegt, zeichnet Landrat Rainer Rempe (61) ein düsteres Bild der Zukunft und stimmt auf einschneidende Kürzungen ein. So soll auch bei Nachbesetzungen in der Kreisverwaltung der Rotstift angesetzt werden. Das WOCHENBLATT veröffentlicht den Brief an dieser Stelle im Wortlaut:

"Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
wie Sie wissen, sind wir dabei, unseren Haushalt aufzustellen und anschließend politisch zu beraten. Wir haben schon in diesem Jahr feststellen können, dass die Haushaltsentwicklung sich deutlich verschlechtert hat.
Ursprünglich sind wir für 2023 von einem Defizit von 8 Millionen Euro ausgegangen und mussten das jetzt über den Nachtrag schon auf etwa 30 Millionen Euro korrigieren. Diese Entwicklung setzt sich leider fort. Wir werden vermutlich mit den 30 Millionen Euro in 2023 schon nicht hinkommen.
Für die Haushalte 2024/25 sind die Zahlen nochmal angewachsen. Das heißt, wir werden ein Defizit erreichen, das für den Landkreis Harburg bisher so nicht bekannt war, das wir einfach nicht kennen aus der Vergangenheit.
Dafür gibt es eine Reihe von Ursachen. Um nur die wichtigsten zu nennen: Zum einen geht es darum, dass die Pauschale, die wir vom Land für die Unterbringung von Flüchtlingen erhalten, nicht auskömmlich ist, und wir dadurch etwa 10 bis 15 Millionen Euro jedes Jahr an Unterdeckung haben. Zum anderen ist es so, dass die Situation der Krankenhäuser sich dramatisch verändert und verschlechtert hat, weil hier der notwendige Ausgleich für die Betriebskosten, die durch Inflation und andere Ursachen wie Energiekrise gestiegen sind, im Moment nicht geleistet wird. Als Träger unserer Krankenhäuser unterstützen wir natürlich unsere Häuser in dieser Situation. Auch das belastet unseren Haushalt.
Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer, einzelner Kostensteigerungen im Sozialbereich. Auch wenn wir wissen, dass wir nicht für alle diese Dinge ursächlich sind und sie auch nur bedingt beeinflussen können, muss es aber trotzdem Konsequenzen auch für unsere Haushaltsaufstellung für 2024 und 2025 haben. Wir müssen natürlich versuchen, alles, was wir beeinflussen können, auch in die Wege zu leiten, um diese wirtschaftliche Schieflage möglichst schnell beenden zu können. Das heißt, alles muss auf den Prüfstand.
Das heißt, wir werden uns darum kümmern und uns ansehen müssen, wo wir Ausgaben reduzieren können und andersherum, wo wir gegebenenfalls auch unsere Einnahmesituation verbessern können.
Das heißt, wir werden uns insbesondere natürlich auch bei den freiwilligen Leistungen anschauen müssen, wo es uns vertretbar erscheint, hier Kürzungen vorzunehmen. Andersherum ist es aber auch so, dass wir bei unseren Überlegungen den Personalbereich nicht aussparen können.
Wir haben uns dazu im Vorstand bereits Gedanken gemacht und erste Schritte sind auch schon eingeleitet. Wir haben uns dazu entschlossen, das bisher von uns angewandte Instrument der Personalbedarfsbemessung zunächst einmal auszusetzen. In der Vergangenheit was das für uns die Grundlage, über neue, über zusätzliche Stellen zu entscheiden. Das werden wir jetzt im Moment in Anbetracht dieser Situation, in der wir uns befinden, so nicht fortsetzen können. Gleichzeitig haben wir uns auch dazu entschieden, Nachbesetzungen von Stellen in jedem Fall nochmal zu prüfen und nur dort dann zu realisieren, wo es unumgänglich ist, wo also möglicherweise Leib und Leben in Gefahr sind oder wo wir gegebenenfalls auch neue Aufgaben hinzubekommen.
Das ist eine schwierige Situation und Sie können mir und dem Vorstand glauben, dass wir uns diese Entscheidungen auch nicht leichtgemacht haben. Wir wissen, dass die Situation, in der wir uns jetzt befinden, von allen ein hohes Maß an Flexibilität erfordert. Ich weiß aber auch, dass Sie diese Flexibilität in den letzten Jahren bei diversen Krisen immer wieder schon unter Beweis gestellt haben und insofern hoffe ich darauf, dass jede und jeder an seinem Platz uns die Unterstützung, die jetzt notwendig ist, auch zukommen lässt. Denn jetzt kommt es tatsächlich auf uns alle an, nur gemeinsam werden wir aus dieser Situation auch wieder herauskommen.
Ich vertraue auf Ihre Unterstützung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank." (os/nw).

Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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