Auf ein Wort
Keine Lust auf kritische Öffentlichkeit?
Landkreis tut sich schwer mit WOCHENBLATT-Teilnahme an Veranstaltung der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.
Zugegeben - man könnte vielleicht annehmen, das WOCHENBLATT hätte ein Problem mit der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaft (KWG) im Landkreis Harburg. Unsere Zeitung kritisiert KWG-Geschäftsführer Joachim Thurmann offen. Zuletzt vor allem deswegen, weil die KWG nicht von der Stelle kommt. Seit der Gründung im Oktober 2017 hat Thurmann es mit seinen vier Mitarbeitern gerade einmal geschafft, 19 Wohnungen zu bauen. Korrektur: Die Wohnungen sind noch gar nicht fertig. Sie sollen erst im Laufe des Jahres bezogen werden können. Ursprünglich war Thurmann angetreten, innerhalb von nur fünf Jahren 1.000 neue Wohnungen zu schaffen. Dieses Ziel hat er inzwischen deutlich runtergeschraubt - in den kommenden sechs bis sieben Jahren sollen es nun 800 Wohnungen sein. Doch selbst das trauen Kritiker der KWG nicht zu. Dabei gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass günstige Wohnungen dringend benötigt werden. Je schneller und je mehr, desto besser.
Für Verdruss bei Thurmann sorgte zudem, dass das WOCHENBLATT die Kritik von Kreishandwerkerschafts-Chef Andreas Baier ("Ich habe das Gefühl, die KWG möchte das lokale Handwerk nicht beschäftigen!") veröffentlichte. Interessant: Als Replik auf die Baier-Kritik ließ der Landkreis ein riesiges Interview bei einer Tageszeitung platzieren. Tenor: Wir machen alles richtig. Es dauert nur etwas länger.
Eine gute Gelegenheit, die eigene Position zu erklären - vor allem aber, um für Transparenz zu sorgen -, wollen Thurmann und der Landkreis jetzt offensichtlich aus der Hand geben. Am Montag, 8. April, haben der KWG-Geschäftsführer und Landrat Rainer Rempe (in seiner Funktion als KWG-Aufsichtsratsvorsitzender) zu einer Gesellschafterversammlung eingeladen. Die Gesellschafter sind unter anderem die Bürgermeister, Gemeindedirektoren sowie einzelne Ratsmitglieder der beteiligten Kommunen. Nach der Begrüßung um 14 Uhr im Gründerzentrum Winsen (dort hat die KWG Büroräume angemietet) geht es auf eine etwa zweieinhalbstündige Busfahrt durch den Landkreis, um die Baustellen und Grundstücke der KWG zu besichtigen. Stopps sind in Salzhausen (Lüneburger Straße 16a), Jesteburg (Pfarrweg 34-36 und Brettbeekskoppeln), Rosengarten (Bahnhofstraße 53) und Winsen (Michael-Ende-Weg und Baugebiet Norderbülte) vorgesehen.
Schon vor der Abfahrt des Busses gibt es Kritik: "Ich frage mich, was das soll?", so ein Gesellschafter. "Wie eine Baustelle aussieht, weiß ich." Zudem würde es ja nur in Jesteburg und Salzhausen Bautätigkeit geben. "Was sollen wir uns da also ansehen?"
Spannend wird es allerdings im Anschluss zurück in Winsen. Laut Tagesordnung, die Rempe und Thurmann explizit als "persönlich und vertraulich" kennzeichneten und dem WOCHENBLATT dennoch vorliegt, soll es eine "Zwischeninformation Jahresabschluss 2018", eine "Vorabinformation Wirtschaftsplan 2019", "Erläuterungen Bauprogramm 2019" und der "Entwurf Unternehmenskonzept zum Thema Vermietung" geben, bevor der "lockere Ausklang mit Austausch" stattfindet.
Das WOCHENBLATT wollte an dieser Veranstaltung teilnehmen und bat bereits am Montag um eine Einladung. Tatsächlich besteht ein großes öffentliches Interesse, denn die Bürger sind mit einer erheblichen Summe Steuergeld an der KWG beteiligt. Doch Landkreis-Sprecherin Katja Bendig teilte mit, dass "Erster Kreisrat Kai Uffelmann dem eine Absage erteilt hat". Die Veranstaltung sei nicht öffentlich.
Auf erneute Nachfrage folgte im Laufe des Donnerstags dann die Kehrtwende. Via E-Mail wurden die Aufsichtsratsmitglieder befragt, ob das WOCHENBLATT an der Veranstaltung teilnehmen darf. Was wohl zu diesem Umdenken geführt hat? Für Transparenz wollen Thurmann und Rempe jedenfalls nicht sorgen. Denn erlaubt sei nur die Teilnahme an der Bus-Tour. "Bei der anschließende Versammlung wollen die Bürgermeister unter sich bleiben", so Bendig. Die Bürgermeister oder Thurmann? Vermutlich möchte der KWG-Geschäftsführer das WOCHENBLATT nicht dabeihaben, wenn kritische Fragen zu seiner Arbeit gestellt werden. Schade, Thurmann und auch der Landkreis vergeben eine große Chance für Transparenz - und vielleicht sogar für Verständnis für ihre Arbeit zu sorgen.
Sascha Mummenhoff
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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