Wenn der Krebs zurückkehrt:
Neue Behandlungsoption für Mundtumore
Brachytherapie vereint höchste Wirksamkeit mit optimaler Schonung
nf/nw. Buchholz. Wund im Mund? Das kann ein Alarmzeichen sein. Wenn die Wunde nicht mehr verschwinden will, steckt manchmal Krebs dahinter. In den meisten Fällen können diese Geschwüre erfolgreich operiert und anschließend bestrahlt werden. Doch was tun, wenn der Tumor zurückkommt?
Im Krankenhaus Buchholz bieten Dr. Jens Hummel, Chefarzt der HNO-Abteilung, und Dr. Günther Bohlen, Chefarzt der Strahlentherapie, eine Behandlungsmethode an, die ebenso effektiv wie schonend ist und bisher nur an Universitätskliniken verfügbar war: die Brachytherapie für den Mund. Vielfach wird Krebs im Mund-Rachen-Raum - meist hervorgerufen durch Rauchen und Alkoholkonsum - erst spät bemerkt: "Die Tumoren können sich in Zahnfleischtaschen verbergen, als hartnäckiges Zahnfleischbluten fehlgedeutet oder samt dem plötzlich auftretenden Mundgeruch lange ignoriert werden", sagt Dr. Hummel. Doch je später behandelt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Rückfall kommt. Tumorneubildungen sind für Ärzte eine Herausforderung. Denn nur in den wenigsten Fällen können sie ein zweites Mal operiert und bestrahlt werden, ohne dass benachbartes Gewebe wie Speicheldrüsen und Augen leidet.
Strahlenschutzapplikatoren, die von speziell fortgebildeten Zahntechnikern und Zahnärzten („Epithetikern“) hergestellt werden, sind die Lösung des Problems. Was wie eine Aufbiss-Schiene aus der Anti-Schnarchtherapie aussieht, deckt das gesunde Gewebe während der Bestrahlung zuverlässig ab, erklärt Stefan Leisner, der für das Krankenhaus Buchholz mit seinem Unternehmen die Hightech-Hautauflagen baut. Für jeden Patienten werden die Strahlenschutzapplikatoren aus zahnmedizinischem Kunststoff individuell angefertigt und vor Ort angepasst. Das Besondere an den Schienen: In der Mitte ragen flexible Schläuche aus dem Konstrukt. Deren Positionierung ist der schwierigste Arbeitsschritt und wird von HNO-Arzt, Strahlentherapeut und Epithetiker gemeinsam vorgenommen. Denn wo die Schläuche angebracht werden, entscheidet wesentlich über die Wirksamkeit der Therapie. Strahlenziel und -Dosierung legen Strahlenarzt und Medizinphysiker auf der Basis einer Computertomographie fest. Passt alles, werden die Schläuche ohne Kontakt zu Haut und gesundem Gewebe des Patienten mit einem Gerät verbunden, das Afterloader heißt und über bis zu 24 Anschlüsse für Bestrahlungsschläuche verfügt. Durch die Schläuche wird die Strahlenquelle - das Element Iridium - direkt auf den Tumor gelenkt und anschließend wieder entfernt. Der Bestrahlungsvorgang, der zwischen 15 Sekunden und einer Minute pro Schlauch dauern kann, wird vom Computer kontrolliert. In zehn Behandlungsterminen an fünf Tagen bekommt der Patient die Strahlendosis verabreicht, die sonst in sechs Wochen üblich ist. „Die Therapie ist schnell und die Nebenwirkungen sind erfreulich gering“, bestätigt Dr. Bohlen. Gemeinsam mit Dr. Hummel ist er froh, „auch für diejenigen Patienten eine Therapieoption zu haben, denen wir bisher kaum helfen konnten.“
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.