Bundeswaldinventur
Deutscher Wald durch Klimakrise erheblich geschädigt

Der Wald muss noch viel Arbeit ertragen | Foto: Pexels / Felix Mittermeier
  • Der Wald muss noch viel Arbeit ertragen
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Die Wälder in Deutschland tragen nicht wie erwartet zur Speicherung des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid bei. Das ist das Ergebnis der jüngsten Bundeswaldinventur (BWI) nun vorgestellt hat. Demnach ist der Wald, lange Zeit als Kohlenstoff-Senke geschätzt, in den letzten Jahren aufgrund der Klimakrise und ihrer Folgen zur Kohlenstoff-Quelle geworden. Das bedeutet, der überwiegende Abgang durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall ist größer als der Zuwachs an lebender Biomasse. Seit 2017 hat sich der Kohlenstoffvorrat im Wald um 41,5 Millionen Tonnen verringert. Die Bundeswaldinventur ist die umfangreichste Erhebung zum Zustand und zur Entwicklung des Waldes in Deutschland.

Noch viel Arbeit ...

Dazu sagt der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir: „Die Bundeswaldinventur bestätigt, dass ... wir noch viel Arbeit vor uns haben. Dennoch ist der Wald zur Kohlenstoff-Quelle geworden. Es braucht Geduld und Ausdauer, um dies durch den Umbau der Wälder wieder umzukehren. Wir müssen schützen, was wir nutzen. Ein starker Wald heißt Klimaschutz. An der Notwendigkeit kann kein Zweifel bestehen. Der Wald ist auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der hunderttausende Arbeitsplätze sichert. Der Vorschlag für ein neues Bundeswaldgesetz unterstützt die Besitzer dabei, ihre Wälder zügig und effektiv umzubauen. Die Herausforderungen sind groß, doch mit vereinten Kräften können wir unsere Wälder für künftige Generationen bewahren und ihre zentrale Rolle für Biodiversität, Klimaschutz, Erholung und nachhaltige Holznutzung sichern. Mein herzlicher Dank gilt den vielen Beteiligten, die die Bundeswaldinventur vorbereitet, durchgeführt, abertausende Daten analysiert und die Ergebnisse sichtbar gemacht haben“

Insgesamt zeigt die Bundeswaldinventur eine leicht positive Waldflächenentwicklung in Deutschland. Der Holzvorrat hingegen ist, nachdem er bis 2017 angestiegen war, aufgrund der Dürre und deren Folgen seit 2018 wieder auf das Niveau von 2012 zurückgefallen.

Die Menge an Totholz ist gestiegen

Aus Sicht des Naturschutzes und der Biodiversität zeigt die BWI auch positive Entwicklungen. Die Menge an Totholz ist um ein Drittel gegenüber der letzten Inventur gestiegen. Mit der Zunahme an alten und dicken Bäumen nehmen auch die vielen ökologisch wertvollen Mikrohabitate an diesen Bäumen zu. Außerdem sind die Wälder strukturreicher geworden. Sie haben eine größere Baumartenmischung und vermehrte Schichtung, auch die Naturnähe hat zugenommen. Die Daten zur nachwachsenden Waldgeneration bestätigen diesen Trend. Die politischen Maßnahmen zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel zeigen Wirkung.

Der eingeschlagene Weg zu stabilen, arten- und strukturreichen Wäldern muss konsequent weitergegangen werden. Waldbauliches Handeln muss sich den neuen klimatischen Herausforderungen anpassen. Denn der Klimawandel bedroht nicht nur die Vitalität unserer Wälder, sondern auch ihre Funktion als wirtschaftliche Grundlage vieler Betriebe.

Zentrale Ergebnisse auf einen Blick:

- Kohlenstoffspeicherung und Klimabilanz: Verlust von 41,5 Mio. Tonnen Kohlenstoff seit 2017. Der Wald ist erstmals seit Jahrzehnten zur Kohlenstoffquelle geworden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit dringend erforderlicher Maßnahmen zur Anpassung und Wiederherstellung der Wälder, um ihre Rolle als Klimaschützer wieder langfristig zu stärken.

- Waldfläche: 11,5 Millionen Hektar (+15.000 Hektar seit 2012). Die Waldfläche bleibt stabil, was ein positives Zeichen für den Erhalt dieser wichtigen Ressource als Basis für seine vielfältigen Ökosystemleistungen ist, insbesondere im Kontext der Flächenversiegelung durch Siedlung und Infrastruktur in einem dicht besiedelten und stark industrialisiertem Land wie der Bundesrepublik.

- Kalamitätsflächen: 2 Millionen Hektar Wald sind von Kalamitäten, also Schäden durch Naturgewalten, betroffen. Kalamitäten wie Dürre, Sturm und Borkenkäferbefall können einzelne Bäume, Baumgruppen oder ganze Bestände betreffen. Auf 34 Prozent der Kalamitätsflächen fand keine forstliche Nutzung statt, auf 20 Prozent wurden die abgestorbenen Bäume flächig genutzt. Die hohe Zahl der Kalamitätsflächen ist alarmierend und verdeutlicht die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz der Wälder gegen Schädlinge und Krankheiten.

- Holzvorrat: In den Wäldern sind 3,6 Milliarden Kubikmeter Holz vorrätig. Bis 2017 war der Holzvorrat auf 3,8 Milliarden Kubikmeter angestiegen. Aufgrund von Stürmen, Trockenheit sowie der darauffolgenden Kalamitäten sowie einem um 16 Prozent rückläufigen Zuwachs sank der Zuwachs auf das Niveau von 2012.

- Totholzanteil: Die Zunahme des Totholzanteils um 32 Prozent ist sowohl ein positives als auch ein negatives Zeichen. Totholz ist wichtig für die Biodiversität und bietet Lebensraum für viele Arten. Allerdings ist der Anstieg vor allem auf Klimaschäden zurückzuführen, was die Verwundbarkeit der Wälder in Bezug auf extreme Wetterereignisse verdeutlicht.

- Anteil der Laub- und Nadelbäume: 48 Prozent Laubbäume und 52 Prozent Nadelbäume. Der Anstieg des Anteils an Laubbäumen ist ermutigend, da es die Resilienz gegen das sich verändernde Klima steigert.

- Mischwälder: 79 Prozent der Wälder sind Mischwälder (+2 Prozent seit 2012). Die Zunahme des Anteils der Mischwälder ist ein positives Signal für die Biodiversität und die Resilienz der Wälder. Mischwälder bieten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten sowie eine bessere Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel. Diese Diversität trägt dazu bei, das Risiko von großflächigen Schäden durch Klimafaktoren zu verringern.

- Durchschnittsalter der Bäume: Erhöht auf 82 Jahre (+5 Jahre seit 2012). 30 Prozent der Wälder sind älter als 100 Jahre, 20 Prozent sind älter als 120 Jahre. Die Erhöhung des Durchschnittsalters der Bäume ist ein positives Zeichen insbesondere für die Biodiversität in den Wäldern. Dennoch ist es wichtig, eine angemessene Altersstruktur zu erhalten, um die langfristige Vitalität der Wälder sicherzustellen.

Hintergrund:

Die Bundeswaldinventur ist ein zentrales Instrument zur Erfassung und Analyse des Zustands sowie der Entwicklung der Wälder in Deutschland. Sie wird alle zehn Jahre durchgeführt und bietet umfassende, repräsentative Daten über wichtige Faktoren wie Waldfläche, Baumartenverteilung, Altersstruktur und weitere ökologische Parameter. Die BWI ermöglicht zudem eine ganzheitliche Betrachtung der Wälder und ihrer Multifunktionalität.

Die BWI wird von einer Vielzahl von Akteuren in Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut (TI) für Waldökosysteme realisiert, welches die wissenschaftliche Leitung innehat. Die Länder erheben die Daten, das TI wertet sie in enger Zusammenarbeit mit den Ländern aus. Die Inventur ist eine zentrale Grundlage für die Entwicklung einer nachhaltigen Forstwirtschaft und der nationalen Waldpolitik. Auf Basis der Ergebnisse der BWI können gezielte Maßnahmen ergriffen werden, um den Waldumbau voranzutreiben und die Widerstandsfähigkeit der Wälder gegen Klimaveränderungen zu stärken. Darüber hinaus ermöglicht die BWI eine langfristige Planung, die sowohl ökonomische als auch ökologische Ziele in Einklang bringt.

Redakteur:

Axel-Holger Haase aus Buchholz

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