Recherche von unschätzbarem Wert
Debbie Bülau veröffentlicht Buch über NS-Opfer in der Region
Seit Jahren recherchiert Heimatforscherin Debbie Bülau aus Kutenholz-Aspe zu NS-Opfern in der Region – unterstützt von der Stader Kreisarchäologie. Mit ihren Mitstreitern hat sie ein viel beachtetes Gedenkprojekt initiiert, die Installation von Stelen und Informationstafeln auf den Friedhöfen in der Samtgemeinde Fredenbeck angeregt und eine Wanderausstellung gestaltet. Manchem Angehörigen konnten die Recherchen Gewissheit geben, wo und unter welchen Umständen die Eltern oder Großeltern starben. Jetzt folgt mit „Niemand sollte zweimal sterben – erinnert euch an uns“ ein lesenswertes Buch.
Kürzlich übergab Autorin Debbie Bülau bei einem Besuch im Kreishaus ein erstes Exemplar des Buches an Landrat Kai Seefried. „Gerade in einer Zeit, in der vor Europas Grenzen wieder Krieg herrscht und wir auch im Landkreis Stade wieder einen starken Zustrom von Vertriebenen und Flüchtlingen verspüren, ist das Werk ein ermutigendes Signal der aktiven Gedenkarbeit und der gelebten Völkerverständigung“, sagte der Behördenleiter, der auch Kreisvorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist. „Es ist von unschätzbarem Wert. Ich kann die Lektüre nur wärmstens empfehlen und hoffe, dass auch die eine oder andere Schulklasse sich mit diesem Werk beschäftigen wird.“
Schicksale werden beispielhaft erzählt
In dem Buch werden die Schicksale von durch das NS-Regime getöteten Menschen in der Samtgemeinde Fredenbeck beispielhaft erzählt. Bülau: „Diese Kriegsopfer waren viel zu lange vergessen.“ Sie habe durch ihre Recherche mehreren Familien dabei helfen können, die Geschichte ihrer Angehörigen zu klären. „Wir konnten den Familien endlich Antworten geben. Antworten auf Fragen, die seit Jahrzehnten gestellt wurden – auf die jedoch niemand eine Antwort hatte.“
Einen Schwerpunkt in dem Buch bilden die Schicksale britischer Soldaten, aber auch andere Opfergruppen werden ausführlich thematisiert. „Im Landkreis Stade gibt es noch viel aufzuarbeiten. Ich wünsche mir, dass auch andere Interessierte sich damit beschäftigen und die Geschichten bewahren“, sagte Bülau. „Der Krieg spielte nicht nur in den großen Städten, der Krieg geschah vor unserer Haustür. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene gehörten selbst in den kleinsten Orten zum täglichen Bild.“
Die Heimatforscherin zeigt in dem Buch auch, wie sie bei ihrer Recherche vorging – etwa mit Hilfe der Online-Datenbank Arolsen-Archives. „Besonders erschreckt hat mich die hohe Zahl an Zwangsabtreibungen bei Zwangsarbeiterinnen im Landkreis Stade, die fein säuberlich in Listen dokumentiert wurden“, berichtete Bülau von ihren Recherchen. Als verstörend empfand sie auch die Personalakten der Deutschen Reichsbahn: In den Nachlässen der Bahnmeistereien Tostedt und Harsefeld fanden sich Arbeitsausweise von Kindern, die für die Bahn Zwangsarbeit leisten mussten. Die Unterlagen stammen aus dem Jahr 1943, manche Kinder waren erst zehn Jahre alt.
Familienbande neu geknüpft
Sie stellt in dem Buch dar, was ihre Nachforschungen bewirkt haben und welche internationalen Netzwerke entstanden sind: „Familienzweige haben sich durch uns wiedergefunden“, sagte Bülau. Mit dem Buch dokumentiert sie zudem die internationale Medienberichterstattung über das Gedenkprojekt. Zu lesen sind der Dankesbrief der verstorbenen Queen Elizabeth II. sowie Berichte von den Recherchereisen nach Schottland. Dort trafen sich Bülau und ihre Mitstreiter mit Vertretern der Robin Chapel in Edinburgh – einer Kapelle, die zu Ehren des britischen Leutnants Robin Tudsbery gebaut wurde, der mit seinen Kameraden am 30. April 1945 in Kutenholz starb.
Unterstützt wurden Bülaus Recherchen unter anderem vom Stader Kreisarchäologen Daniel Nösler, dem Kutenholzer Heimatforscher Frank Hoferichter, sowie den Lektoren Anja Nölke, Jürgen Dubau und Torsten Henneken. Das Buch erscheint im Eigenverlag.
Wer Kontakt zu Debbie Bülau aufnehmen möchte, kann die E-Mail-Adresse info@gedenkorte-kutenholz-und-umgebung.de nutzen. Weitere Informationen zu dem Gedenkprojekt und dem Buch gibt es auch auf der Internetseite www.gedenkorte-kutenholz-und-umgebung.de.
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