Rechtsstreit in Fredenbeck
Keine Zufahrt, keine STRABS

Die Alte Schmiedestraße wurde vor rund zehn Jahren saniert | Foto: sb
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  • Die Alte Schmiedestraße wurde vor rund zehn Jahren saniert
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Das kann teuer werden: Wenn eine Kommune eine Gemeindestraße saniert oder erneuert, kann sie die Kosten im Rahmen der Straßenanliegergebühr (STRABS) anteilig auf die anliegenden Grundstückseigentümer umlegen. Die Höhe der Gebühr hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. der Art und Nutzung des Grundstücks und dem Anteil der Gemeinde an den Gesamtkosten. In vielen Gemeinden gibt es Diskussionen über die Fairness dieser Gebühr, und vielerorts wurde sie bereits abgeschafft oder durch andere Finanzierungsmodelle ersetzt.

In der Samtgemeinde Fredenbeck wurde die STRABS 2019 – zunächst vorläufig – ausgesetzt. Trotzdem ging es kürzlich vor dem Oberlandgericht in Lüneburg um einen STRABS-Streit in der Geestgemeinde. Stein des Anstoßes war die Sanierung der Alten Schmiedestraße in den Jahren 2008 bis 2014, als es in Fredenbeck noch eine Straßenanliegergebühr gab.

Wer muss zahlen ... und wer nicht?

Entlang der Straße befinden sich zahlreiche Acker- sowie eine Sandabbaufläche. Ein Großteil der Landwirte wollte die Rechnung der Gemeinde nicht akzeptieren. Dabei ging es nicht um die generelle Rechtmäßigkeit der Straßenanliegergebühr, sondern um deren Aufteilung. Denn der Sandabbaubetrieb war von der Kommune aus der Rechnung komplett herausgenommen worden. Der hätte laut der Landwirte jedoch den Löwenanteil übernehmen müssen. Ohne den Gewerbebetrieb summierte sich der Anteil der verbleibenden Anlieger auf das Sechs- bis Achtfache. "Das bedeutet beispielsweise für mich, dass ich statt rund 3.000 Euro jetzt 20.500 Euro zahlen soll", so einer der Landwirte gegenüber dem WOCHENBLATT. "Die höchste zu zahlende Summe beträgt für einen Landwirt satte 46.000 Euro."

Die Samtgemeinde Fredenbeck begründete ihre Rechnung damit, dass der Sandabbaubetrieb über keine Zufahrt zur Alten Schmiedestraße verfüge. Seine Zufahrt befindet sich auf der anderen Grundstücksseite an der Kreisstraße K70. Damit gelte er nicht als Anlieger. Das sahen die Bauern anders. Insgesamt 20 Kläger und Klägerinnen wandten sich an das Stader Verwaltungsgericht – und bekamen 2020 zunächst einmal recht. Die Richter verwiesen auf wesentliche Formfehler, gaben der Kommune jedoch die Möglichkeit, diese zu heilen. Daraufhin zogen die Landwirte vor die nächste Instanz, das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Vertreter des Senats kamen Ende Oktober zu einem Verhandlungstermin ins Fredenbecker Rathaus, um die Möglichkeit zu haben, die Straße selbst in Augenschein zu nehmen.

Der Vor-Ort-Termin war dann jedoch nicht nötig. Das Oberverwaltungsgericht stellte klar, dass der Gewerbebetrieb berechtigterweise nicht an der Straßenanliegergebühr beteiligt wurde. Denn beim Genehmigungsverfahren der Kiesgrube erhielt das Unternehmen vom Landkreis Stade die rechtliche Vorgabe, dass die Zufahrt zum Gelände ausschließlich über die Kreisstraße K70 zu erfolgen habe, um die Gemeindestraße zu entlasten. Zusätzlich wurde der Betreiber aufgefordert, zum Schutz der Umwelt und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt an der Grundstücksgrenze entlang der Alten Schmiedestraße eine Heckenanpflanzung aus Weißdorn und Stieleichen anzulegen und dauerhaft zu erhalten. Damit ist dem Gewerbetreibenden eine Zufahrt von seinem Gelände auf Gemeindestraße sowohl untersagt als auch unmöglich. "Wer keinen Zugang zur Straße hat, ist auch kein Nutzer und muss keine STRABS bezahlen", so ein Sprecher des Oberverwaltungsgerichts. Nachdem die Gerichtsinstanz die Regelung im Fredenbecker Rathaus bekanntgegeben hatte, zogen alle anwesenden Landwirte ihre Klage zurück. 

Gut zu wissen: Die Straßenausbaubeitragssatzung (STRABS) gilt in der Regel nur für Gemeinde- und nicht für Kreisstraßen. Die Kosten für die Sanierung und den Ausbau von Kreisstraßen werden üblicherweise vom Landkreis getragen, da diese Straßen eine überörtliche Bedeutung haben und somit in die Zuständigkeit des Landkreises fallen. Die STRABS bezieht sich daher meist auf Straßen, die ausschließlich von der jeweiligen Gemeinde verwaltet und instand gehalten werden.

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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