Asylbewerber-Unterkunft in Undeloh: Die Entscheidung ist noch nicht gefallen
(mum). „Es gibt in Undeloh keinen Arzt, keine Apotheke, keine Lebensmittelgeschäfte, keine Vereine, keine Freizeitangebote, keine Möglichkeit der Nutzung gemeinnütziger Einrichtungen und keinerlei Möglichkeiten zur Ausübung von individuellen Glaubensmöglichkeiten.“ Mit diesem Argument lehnt der Undeloher Gemeinderat die Einrichtung einer Asylbewerber-Unterkunft ab (das WOCHENBLATT berichtete). Auch viele Undeloher haben diese Bedenken in Leserbriefen geäußert. Warum hat der Landkreis Harburg trotzdem den Standort mitten in der Heide ins Auge gefasst? Das WOCHENBLATT hat nachgefragt.
„Als uns das ehemalige Café angeboten wurde, haben wir uns intensiv mit dem Objekt und selbstverständlich auch mit der Infrastruktur des Ortes beschäftigt“, sagt Landkreis-Sprecher Bernhard Frosdorfer. Man sei gemeinsam mit „Human-Care“ (betreibt deutschlandweit 39 Unterkünfte; davon zehn in Niedersachsen und drei im Landkreis Harburg) zu dem Ergebnis gekommen, dort alle nötigen Voraussetzungen schaffen zu können. Geplant sei ein regelmäßiger Shuttle nach Hanstedt. „Dort gibt es Geschäfte und Ärzte“, so der Sprecher. Zudem könnten die Asylbewerber Angebote des Sportvereins nutzen. „Wir planen Deutsch-Kurse anzubieten“, sagt Frosdorfer. Während ein Sozialarbeiter regelmäßig vor Ort sei, stehe die Heimleitung sogar rund um die Uhr für Anwohner und Bewohner zur Verfügung.
Den Vorwurf, die Kreisbehörde messe mit zweierlei Maß bei der Genehmigung der Nutzung, widerspricht Frosdorfer. Sowohl für den beantragten Weiterbetrieb des Cafés mit Pension durch einen Undeloher Hotelier als auch für die Nutzung als Asylbewerber-Unterkunft gelten ähnliche feuerschutzrechtliche Bestimmungen, so der Kreissprecher. Auch die Kritik, der Landkreis habe den Gemeinderat im Vorfeld nicht ausreichend informiert, kann Frosdorfer nicht nachvollziehen. Es habe im Vorfeld mindestens ein Gespräch gegeben.
Während die Landkreis-Pläne für eine Asylbewerber-Unterkunft für 29 Flüchtlinge in Undeloh nach wie vor hitzig diskutiert werden, werden in anderen Orten bereits Nägel mit Köpfen gemacht: „Wir werden in nächster Zukunft zwei Einrichtungen für insgesamt 35 Asylbewerber in Winsen und Garlstorf eröffen“, sagt Landkreissprecher Bernhard Frosdorfer.
Zudem seien Gespräche über zwei weitere Einrichtungen in Stelle und Buchholz weit fortgeschritten. Beide Unterbringungen seien jeweils für 15 bis 20 Flüchtlinge ausgelegt. „Aber da reicht nicht“, so Frosdorfer. „Wir sind froh, wenn uns noch weitere Objekte angeboten werden.“ Interessenten können sich an Monika von der Heide, Leiterin der Abteilung Soziale Leistungen beim Landkreis Harburg, melden. Sie ist unter der Rufnummer 0 41 71 - 69 34 30 zu erreichen.
Und wie geht es in Undeloh weiter? „Es ist noch nichts entschieden“, sagt Frosdorfer. Vertreter des Landkreises haben sich am Donnerstag gemeinsam mit Samtgemeinde-Bürgermeister Olaf Muus und Albert Homann getroffen. Ziel sei ein Kompromiss.
•Die ausländerfeindlichen Äußerungen, die am Montag vor einer Woche während einer Gemeinderatssitzung in Undeloh gefallen sind, sorgen weiter für Kritik. Anwohner riefen unter anderem „Unsere Gäste wollen hier entspannen und nicht Dunkelhäutige oder Frauen mit Kopftuch sehen“, ohne dass Bürgermeister Homann eingriff.
„Solch eine Fremdenfeindlichkeit erschüttert mich“, sagt Florian Sievert, Schatzmeister der Piraten-Partei. Pauschale Annahmen über das zukünftige Verhalten vollkommen unbekannter Menschen dürften nicht zur Maxime des Handelns gemacht werden. „Es darf keine Menschen zweiter Klasse geben“, so Sievert.
Kritik gibt es auch von der „Linksjugend“ Niedersachsen: „Ich bin entsetzt, dass der Bürgermeister nichts gegen die fremdenfeindlichen Äußerungen unternommen hat“, sagt Landessprecher Dominique Mangelsdorf. „Das beweist zum wiederholten Male, dass Fremdenfeindlichkeit nicht nur ein Problem von rechts außen ist, sondern in der Mitte der Gesellschaft tief verwurzelt ist.“ Mit den während der Sitzung gefallen Äußerungen werde Rassismus legitimiert und der Grundstein für eine menschenfeindliche Gesellschaft gelegt.
• Voraussichtlich am Dienstag, 19. Februar, wird das Politik-Magazin Panorama 3 (21.15 Uhr) im NDR über die Vorfälle in Undeloh berichten. Ein Fernseh-Team drehte unter anderem in der Buchholzer WOCHENBLATT-Redaktion.
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Das Mediengewitter
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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