Geheimnisvoller Granitbrocken
400-Kilo-Stein in den Harsefelder Klosterpark gewuchtet
Der in der Feldmark von Issendorf aufgefundene Kultstein aus der Bronzezeit (das WOCHENBLATT berichtete hier dazu ausführlich) hat jetzt seinen Ehrenplatz am Harsefelder Museum erhalten. Der rund 400 Kilogramm schwere Stein wurde mit viel Körpereinsatz zu seinem neuen Standort im Klosterpark Harsefeld gebracht. Mitglieder der Stader Arbeitsgemeinschaft Archäologie packten tüchtig mit an, um diesen besonderen Stein an seinen Platz zu wuchten.
Funktion liegt im Dunkeln
Im Harsefelder Klosterpark kann der sogenannte Schalenstein jetzt neben anderen steinernen Zeugnissen der Vergangenheit bestaunt werden. Wie berichtet, ist das Geheimnis, das sich um solche Steine rankt, bisher nicht entschlüsselt. Deren genaue Funktion liegt immer noch im Dunkeln: Man hat beispielsweise erfolglos versucht, anhand der Schalen ein Zahlensystem oder Sternenbilder zu identifizieren. Als Schalensteine werden Findlinge bezeichnet, in die in prähistorischer Zeit kleine Mulden gepickt oder geschliffen worden sind. Es gibt Exemplare mit mehreren Hundert Vertiefungen.
Europaweites Phänomen
Dieser Brauch begann bereits vor mehr als 4.500 Jahren am Ende der Jungsteinzeit. Während der Bronze- und Eisenzeit wurde die Herstellung von Schalensteinen ein europaweites Phänomen. Durch eine Ausgrabung bei Mulsum ließ sich feststellen, dass an den Schalensteinen kultische Zeremonien abgehalten worden sind. Möglicherweise wurden in den kleinen Näpfchen auch Opfergaben dargebracht, wie es heute noch in Estland üblich ist. In Schweden werden Schalensteine „Feensteine“ genannt – man vermutete unter ihnen die Wohnsitze der Feen.
Bei Feldarbeiten zutage getreten
Der aus Granit bestehende Issendorfer Schalenstein wurde im März von Eva Nielandt bei einer Radtour an einem Feldrand entdeckt. Sie hatte solche Steine während einer Reise in Estland kennengelernt und meldete ihren Fund daraufhin der Stader Kreisarchäologie. Der Stein war erst kurz zuvor bei Feldarbeiten ans Tageslicht befördert worden. Mithilfe des Grundstückseigentümers Helmut Dammann-Tamke konnte sogar noch der genaue Fundort lokalisiert werden. Dort ist seit längerem eine Siedlung der Bronze- und Eisenzeit bekannt. Sicher hat der Schalenstein in dem längst verschwundenen Dorf ehemals eine wichtige Rolle bei Festen und Gebräuchen gespielt.
In Niedersachsen sind bislang nur 60 Schalensteine bekannt, davon wurden allein im Landkreis Stade 16 Exemplare entdeckt. Eine so hohe Funddichte gibt es sonst nirgendwo in unserem Bundesland. Die Harsefelder Bürgermeisterin Susanne de Bruijn machte es schließlich auf unbürokratischem Wege möglich, dass der Stein durch Mitarbeiter des Harsefelder Bauhofs geborgen und in den Klosterpark transportiert wurde.
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