Der Gehweg als Stolperfalle
jd. Harsefeld. Starke Schmerzen: Senioren stürzten auf Harsefelder Bürgersteig. "Ich muss Tabletten nehmen, weil die starken Schmerzen kaum auszuhalten sind", sagt Frieda M.* (79). Die Seniorin erlitt Prellungen am Rücken, als sie beim Spaziergang mit ihrem Mann Herbert* (79) strauchelte. Der war an der Straße "Am Rübenacker" in Harsefeld über eine hochragende Gehwegplatte gestolpert, verlor den Halt und riss seine Frau mit zu Boden. Der Rentner zog sich beim Sturz eine klaffende Wunde am Ellbogen zu, die eiterte und schließlich operiert werden musste. Er lag mehrere Tage in der Klinik. Der Fall des Ehepaars ist ein Klassiker: Der Gehweg als Stolperfalle - vor allem für ältere Menschen. Die beiden Senioren sind der Ansicht, dass die Gemeinde haften muss. Doch so einfach liegt die Sache nicht.
"Wenn jemand wegen schadhafter Pflastersteine auf öffentlichen Wegen stürzt und Schadensersatz oder Schmerzensgeld fordert, muss er diesen Anspruch bei der Gemeinde geltend machen", erläutert Rathauschef Rainer Schlichtmann. Die Kommune habe grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht. Das bedeute, dass nicht nur Straßen, sondern auch Bürgersteige in einem benutzbaren Zustand sein müssen. Regelmäßig seien Mitarbeiter des Bauhofes unterwegs, um Schäden zu registrieren, damit diese umgehend beseitigt werden.
Aus der Verkehrssicherungspflicht könne aber nicht abgeleitet werden, dass die Gemeinde bei jedem Sturz hafte, betont Schlichtmann. Wer einen Bürgersteig benutze, müsse mit Unebenheiten rechnen, denn keine Kommune könne eine absolute Mängelfreiheit garantieren. Fußgänger hätten Gehwegschäden hinzunehmen, sofern diese das übliche Maß nicht überschreiten. Welches Maß gilt, ist in der Rechtssprechung nicht einheitlich festgelegt: Mal liegt die Grenze bei zwei Zentimetern, mal werden sogar fünf Zentimeter als akzeptabel angesehen. In einem kürzlich ergangenen Urteil wird ein Kantenvorsprung von drei Zentimetern als noch hinnehmbar betrachtet.
Wie hoch die Platte herausragte, über die Herbert M. gestolpert war, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen. Die Gemeinde beauftragte umgehend ein Bauunternehmen damit, den betreffenden Gehweg wieder in Schuss zu bringen. Nun ist alles schön eben. "Wenn wir Hinweise auf Schäden erhalten, kümmern wir uns in der Regel sofort darum", erklärt Schlichtmann die "Ruckzuck-Aktion".
* Name von der Redaktion geändert
Großteil der Ansprüche wird abgeschmettert
Die Gemeinden müssen sich nicht direkt mit den Geschädigten auseinandersetzen: Diese Aufgabe übernimmt der Kommunale Schadensausgleich. Dort sind Juristen damit beschäftigt, Haftpflicht-Ansprüche an Kommunen zu prüfen. Im Durchschnitt wird ein Viertel der Forderungen als berechtigt anerkannt. Wer prozessiert, um seine abgewiesenen Ansprüche doch noch durchzusetzen, unterliegt meistens vor Gericht: Lediglich sieben Prozent der Kläger bekommen am Ende Recht.
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