Eine "rote Karte" für den Sportplatz
jd. Ahlerstedt. Wie viele Kicker sind ein Fußballteam? Diese Frage war jetzt Thema in Ahlerstedt. Die Deutschen befinden sich derzeit in einem kollektiven Rausch: Der Auftritt von "Jogis Jungs" bei der WM in Brasilien bewegt die Gemüter. Doch nicht überall herrscht Begeisterung, wenn von Fußball die Rede ist: In Ahlerstedt steht ein Sportplatz, auf dem die Kicker des örtlichen Vereins trainieren, im Mittelpunkt eines Streits. Ein Anwohner möchte, dass der Platz am besten ganz verschwindet, und zog vor das Stader Verwaltungsgericht. Das gab dem Kläger jetzt recht - aber nur teilweise. Die Richter hoben zwar die Genehmigung des Landkreis zum Betrieb des Fußballplatzes auf. Doch im Prinzip darf dort wohl weiter gekickt werden - allerdings mit Einschränkungen. Wie diese aussehen, steht erst fest, wenn das schriftliche Urteil vorliegt. Knackpunkt könnte eine skurrile Frage sein: Wie viele Personen darf eine Fußballmannschaft beim Training umfassen? Von der Spielerzahl hängt nämlich der Richtwert für den Lärm ab.
Grölende Sportler, grelle Flutlichtstrahler und Bälle, die mit lautstarkem Scheppern am Zaun abprallen oder darüber hinweg in die Rabatten fliegen - auch in Ahlerstedt sind es die typischen Gründe, die landauf, landab immer wieder zu Klagen gegen Sportplätze führen. In diesem Fall hat ein Nachbar die Nase gestrichen voll: Dessen Anwalt sprach auf einem kürzlich anberaumten Ortstermin vor einer "massiven Verletzung des Rücksichtnahmegebots".
Der Streit mit der Gemeinde Ahlerstedt, die Eigentümerin des Sportplatzes ist, schwelt bereits seit rund zehn Jahren. Es ist der klassische Konflikt: Der Kläger war aus Hamburg zugezogen - in der Erwartung, dass es auf dem Lande ruhiger zugeht. Doch Pustekuchen: Direkt nebenan trainierten die Fußballer - und das nicht gerade geräuschlos. Oftmals herrschte Betrieb bis zehn Uhr abends. Der genervte Anwohner machte sich schlau und stellte fest, dass für den Sportplatz gar keine Genehmigung vorliegt. Die ganze Ecke ist im Flächennutzungsplan als Mischgebiet ausgewiesen, das Sportplatz-Areal sogar als Wohngebiet.
Die Gemeinde hingegen argumentiert, dass es den Platz bereits seit 1946 gebe und dessen Nutzung quasi dem Gewohnheitsrecht unterliege. Um die Sache in trockene Tücher zu bringen, ließ man den Sportplatz-Betrieb nachträglich vom Landkreis absegnen. Das war 2011. Schließlich reichte der Nachblar Klage ein. Der Sportplatz gehöre gar nicht an diese Stelle, da es sich um ein "Kleinsiedlungsgebiet" handele, so dessen Anwalt. Nach einem Spaziergang waren die Verwaltungsrichter anderer Ansicht: In der näheren Umgebung befänden sich unter anderem eine Tankstelle, ein Schweinestall sowie das Vereinsgelände des Roten Kreuzes. Das lasse auf ein Mischgebiet schließen. Somit sei ein Sportplatz wohl grundsätzlich zulässig.
Dass die Richter dem Landkreis dennoch die "rote Karte" zeigten, lag offenbar an einigen Details: So geht das Lärmgutachten, das der Landkreis in Auftrag gegeben hat, nur von elf Spielern pro Fußballteam aus. Der Landkreis hingegen nennt in seiner Genehmigung eine Mannschaftsstärke von bis zu 18 Kickern. Schließlich seien bei einem Training mehr Spieler auf dem Feld als bei einem Match, so der Vertreter des Landkreises.
Wie die Sache auch ausgeht, eines steht fest: Der Gutachter ist offensichtlich kein Fußballfan. Sonst müsste er eigentlich wissen, dass zu einem Fußballteam auch Ersatzspieler gehören.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.