Protest bis nach Hannover
Straßenausbaubeiträge: Das kleine Hanstedt gilt als Keimzelle des "organisierten Widerstands" .
(mum). Das Thema Straßenausbaubeiträge bewegt die Menschen bundesweit. Auch Niedersachsen will die umstrittene Regelung zur Straßensanierung nun ändern. Doch in der rot-schwarzen Regierungskoalition gibt es - noch - keine gemeinsame Linie: Die CDU erwägt die komplette Abschaffung, währen die SPD ist für die Senkung der Beiträge ist. Das Beispiel Hanstedt, wo am Donnerstagabend mehrere Dutzend Menschen gegen die Regelung demonstrierten, zeigt, dass die Proteste gegen die Zwangsrechnungen zu nehmen.
Hinter dem juristischen Kunstwort "Straßenausbau-Beitragssatzung" verbirgt sich die Praxis, bei der Straßensanierung anliegende Grundstückseigentümer an den Kosten zu beteiligen. Laut eines Berichts des NDR aus dem Jahr 2015 verfahren rund zwei Drittel aller Kommunen in Niedersachsen so. Dabei entstehen allerdings für den einzelnen Haushalt schnell Kosten bis in den fünfstelligen Bereich. "Unzumutbar für die Eigentümer", argumentieren Kritiker; "gerechte Verteilung der Straßenbaulast", sagen Befürworter.
"Ziel ist es, eine deutliche Verbesserung für die Bürger zu erreichen", sagte CDU-Generalsekretär Kai Seefried. Die Kommunalpolitik müsse schauen, ob sie die Beiträge brauche oder darauf verzichten könne, so der SPD-Landtagsabgeordnete Bernd Lynack.
In Niedersachsen haben sich im Juni etwa 30 Bürgerinitiativen zu einem landesweiten Bündnis zusammengeschlossen. Sprecher Niels Finn - er gründete die Initiative "Rote Karte für die Strabs" in Hanstedt - forderte die Regierungskoalition auf, sich dem bayerischen Vorbild anzuschließen. Für die Abschaffung plädieren auch der Steuerzahlerbund sowie die Verbände von Haus- und Wohnungseigentümern. Die kommunalen Spitzenverbände hingegen wollen die Ausbaubeiträge unbedingt erhalten.
Das Kommunalabgabengesetz gibt Städten und Gemeinden die Möglichkeit, die Eigentümer bei Anliegerstraßen mit bis zu 80 Prozent, bei Durchgangsstraßen mit bis zu 40 Prozent an der Grundsanierung zu beteiligen. Kritiker wie Finn unterstellen den Kommunen, dass sie Straßen absichtlich verfallen lassen, weil die Anwohner für regelmäßige Reparaturen nicht aufkommen müssten.
Falls das Land den Kommunen die Möglichkeit entzieht, Beiträge zu verlangen, wäre eine Ausgleichszahlung fällig. Seefried hält eine Summe von unter 70 Millionen Euro für realistisch, in der SPD ist von bis zu 250 Millionen Euro die Rede. Die FDP nennt 30 Millionen Euro. Aus der Antwort der Landesregierung auf eine FDP-Anfrage geht hervor, dass die Kommunen im vergangenen Jahr rund 20 Millionen Euro Ausbaubeiträge kassiert haben. Das hat die Hannoversche Allgemeine recherchiert.
So sieht es im Landkreis Harburg aus
(mum). Im Landkreis Harburg gibt es ganz unterschiedliche Ansätze: In Jesteburg und Tostedt sind die Straßenausbaubeiträge seit Jahren abgeschafft. Seevetal und Hollenstedt haben sie gerade erst gestrichen. Allerdings wurde dafür beispielsweise in Jesteburg die Steuer erhöht. In Buchholz werden die Bürger nach wie vor zur Kasse gebeten. Winsen hat sie bereits 2011 abgeschafft.
In Hanstedt prüft die Verwaltung gerade verschiedene Modelle. Dabei geht es auch darum, wie die finanziellen Auswirkungen möglichst kompensiert werden können. Die Verwaltung soll Vor- und Nachteile gegenüber der bisherigen Regelung sowie den wiederkehrenden Beiträgen aufzeigen. Zudem ist eine rechtliche Würdigung der Zulässigkeit einer rückwirkenden Aufhebung der Straßenausbau-Beitragssatzung vorzunehmen. "Es bestand großes Einvernehmen zwischen den Fraktionen und Gruppen, dass ein Schnellschuss bei diesem komplexen und finanziell relevanten Thema, wenig zielführend ist", so Verwaltungschef Olaf Muus.
"Ausgerüstet mit diesen Informationen, wird der Rat dann in diesem Jahr ergebnisoffen und öffentlich diskutieren, ob die Straßenausbau-Beitragssatzung in der Gemeinde Hanstedt noch eine Zukunft hat", so der Samtgemeinde-Bürgermeister weiter.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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