Spargelstechen im Selbstversuch
as. Lüllau. „Oha, das geht ganz schön in den Rücken“, merke ich, als ich mich über einen aus Erde aufgeschütteten Damm bücke. Erst die Folie beiseite legen. Zu sehen gibt es nicht viel, ein kleiner weißer Fleck zeigt mir, wo ich beginnen muss. Ich, WOCHENBLATT-Volontärin Anke Settekorn (31), bin auf dem Brookhoff in Lüllau, um Spargel zu stechen. Ausgerüstet mit einem kleinen Korb, Handschuhen und einem Spargelmesser versuche ich mein Glück.
Weißer Spargel wächst unter der Erde und wird gestochen, sobald sein Kopf die angehäufte Erde durchbricht. Folien schützen ihn vor den Sonnenstrahlen. Liegt die weiße Seite der Folie oben, soll das Wachstum der Stangen verlangsamt werden, liegt die Folie schwarz auf dem Feld, wird es wärmer und der Spargel wächst schneller.
Mit zwei Fingern lege ich vorsichtig ein Stück des Spargels frei. Dann das lange Messer neben dem Spargel in die Erde stecken und mit der unten leicht gebogenen Klinge in Richtung Spargel stechen. Klingt doch ganz einfach. Mit einem Ruck schiebe ich die Klinge nach vorn. Leicht geht da gar nichts. Ob das geklappt hat? „Das war nix, da musst du noch mal ran“, sagt Betriebsleiter Christian Schween, der mir während der ersten Versuche über die Schulter schaut. Also noch mal. Vorsichtig ziehe ich dann endlich den Spargel am Stamm aus der Erde. „Bloß nie am Kopf ziehen, der muss heil bleiben“, mahnt Schween. Stolz halte ich die weiße, glatte Stange in den Händen - mein erster Spargel. „Zum Verkaufen ist der Spargel leider zu kurz“, lautet das ernüchternde Urteil des Fachmanns. Also ran an die nächste Stange. „Hier ist der Kopf schon lila, versuch‘ den Mal“, sagt Schween. Bekommt der Spargel Sonnenlicht, verfärbt er sich lila, deshalb wird er vorher gestochen. Essen kann man den Spargel aber auch, wenn er lila ist. „Mir schmeckt der Spargel dann am besten“, sagt Christian Schween. Nur verkaufen lässt er sich so nicht. Zum Beweis nascht er gleich einen Spargel auf dem Feld. „Spargel schmeckt auch roh“, findet Schween.
Mit uns auf dem Feld sind Piotr, Marek, Mustafa, Boycho, Remzi und Seval, einige von ihnen kommen seit vielen Jahren zum Spargelstechen nach Lüllau. „Das ist gute Arbeit, gutes Geld“, sagt Marek. Der Pole arbeitet in seiner Heimat in einer Fabrik und nimmt dort frei, um in der Spargelsaison in Lüllau zu arbeiten.
Während ich im Schneckentempo meine zaghaften Stechversuche unternehme, machen sie richtig Meter. Seit sechs Uhr gehen sie in gebückter Haltung an den aufgeschütteten Dämmen entlang und ziehen Stange um Stange aus dem Erdreich. „Bei guter Ernte kann ein Arbeiter rund 100 Kilo am Tag schaffen“, erklärt Schween. Das werde ich wohl nicht ganz erreichen...
Spargelstechen ist eine harte Arbeit. Rücken und Handgelenk werden stark beansprucht. Hinzu kommt das Schleppen der vollen Kisten - gut 20 Kilo wollen jeweils vom Feld zum Auto bewegt werden. Langsam wird mir klar, weshalb der Spargel zu den teuersten Gemüsen gehört. „Die Lohnkosten machen rund 50 Prozent des Preises aus“, erklärt der Betriebsleiter.
Einmal pro Stunde werden die vollen Kisten abgeholt. Die Felder liegen alle unweit des Brookhoffs. „Unser Heidespargel kommt sozusagen direkt aus dem Dorf“, sagt Schween.
Am Brookhoff wird der Spargel gesäubert, bevor er zur Kühlung kommt. Der weiße Spargel wird bei 1 Grad in einem Wasserbad gekühlt, der grüne kommt ins Kühlhaus. Dort wird er dann nach Bedarf sortiert. Ist der Kopf noch geschlossen? Wie dick ist die Stange? Zwar wird schon am Feld grob aussortiert, Marek und Piotr finden mit geübtem Blick aber immer wieder Stangen, die nicht in den Verkauf sollen.
Auf dem Brookhoff und Ständen in der Umgebung wird der frische Heidespargel dann verkauft - auf Wunsch auch geschält. Im Hofladen gibt es dazu noch Kartoffeln, Schinken oder Soße - „Alles was man für ein leckeres Spargelessen braucht“, sagt Christian Schween.
Ich werde den Spargel künftig noch bewusster genießen, denn jetzt weiß ich, wieviel Arbeit dahinter steckt.
Redakteur:Anke Settekorn aus Jesteburg |
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