Bahntrassen-Äußerungen
Salzhäuser Politiker werfen Minister "Wortbruch" vor

Michael Klaproth, Vorsitzender der Salzhäuser CDU/FDP-Gruppe im Salzhäuser Samtgemeinderat | Foto: ce
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"Wortbruch" wirft die CDU/FDP-Gruppe im Salzhäuser Samtgemeinderat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vor. Anlass ist ein Schreiben Wissings an Hannovers Regionspräsident Steffen Krach (SPD), in dem der Minister erklärte, dass der Ausbau der Bahn-Bestandsstrecke nicht ausreiche, um den Deutschlandtakt zu erreichen, und den Verkehr immer mehr von der Straße auf die Schiene zu verlegen. Der Neubau einer Bahntrasse entlang der A7 auch durch die Samtgemeinde Salzhausen sei unumgänglich.

"Nichts gegen den Willen der Bevölkerung"

Noch vor Kurzem hatte Volker Wissing in einem persönlichen Gespräch in Berlin mit Michael Klaproth, dem Vorsitzenden der Salzhäuser CDU/FDP-Gruppe, beteuert, dass nichts gegen den Willen der Bevölkerung unternommen und an dem Beschluss von Alpha-E festgehalten werde. 2015 war diese Entscheidung, die einen umfangreichen Ausbau der bestehenden Strecke Hamburg - Hannover vorsah, in einem langwierigen Diskussionsprozess von Bund, Land, Bahn und Bürgerinitiativen getroffen worden.

„Ich bin entsetzt, dass dieser demokratisch erreichte Beschluss Alpha-E so mit Füßen getreten wird", empört sich Michael Klaproth. Die Grünen im Landtag hätten sich dafür eingesetzt, dass künftig auch Züge in der Heide halten. "Die Grünen müssen sich fragen lassen, ob sie eigentlich wissen, was eine Neubaustrecke für die dort lebenden Bürger bedeutet“, so Klaproth. Von Bahnhöfen und Nahverkehr sei bei der Planung einer Neubaustrecke entlang der A7 nicht die Rede.

Neubau nur für ICE und Güterzüge

Die Neubaustrecke - so die CDU/FDP-Gruppe - sei ausschließlich für schnelle ICE- und Güterzüge vorgesehen und würde überwiegend weit weg von der A7 quer durch schützenswerte Landschaft führen. "Die Grünen müssen sich fragen lassen, ob sie ihre Kernkompetenz - den Schutz der Umwelt und Natur - so mit Füßen treten und gegen die dort lebende Bevölkerung handeln wollen“, mahnt Klaproth. "Wir als Gruppe CDU/FDP der Samtgemeinde Salzhausen fordern die rot-grüne Landesregierung auf, an ihrem gemeinsamen Beschluss gegen eine Neubautrasse festzuhalten und nicht ebenfalls wortbrüchig zu werden!“

Michael Klaproth, Vorsitzender der Salzhäuser CDU/FDP-Gruppe im Salzhäuser Samtgemeinderat | Foto: ce
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) | Foto: Raphael Wedemeyer
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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2 Kommentare

Leserreporter
Ricarda Bronsema aus Salzhausen
am 02.08.2023 um 09:04

Noch vor Kurzem hatte Volker Wissing in einem persönlichen Gespräch in Berlin mit Michael Klaproth, dem Vorsitzenden der Salzhäuser CDU/FDP-Gruppe, beteuert, dass nichts gegen den Willen der Bevölkerung unternommen und an dem Beschluss von Alpha-E festgehalten werde.

Nichts gegen den Willen der Bevölkerung ist richtig. Nur sollte man dann eben berücksichtigen, was der Wille der Bevölkerung überhaupt ist. Eine Verhinderung der Neubaustrecke gehört nicht dazu. Bis auf ein paar wenige Querköpfe würde sich jeder, den ich kenne, hier in der Heide über einen neuen Bahnhof mit schneller Verbindung nach Hannover und Hamburg freuen. Selbst hier im Wochenblatt gab es doch mal eine Umfrage, in der sich eine Mehrheit für die Strecke aussprach. Wenn Wissing also keine Entscheidung gegen die Bürgermehrheit treffen will, muss er sich gegen Alpha-E und für den Neubau aussprechen, was er ja auch tut. Das ist kein Wortbruch, das ist nur konsequent. Außerdem fordern wir umfassenden und sogar übergesetzlichen Lärmschutz. Wissings Staatssekretär Theurer war mehrfach bei uns in der Heide zu Bescuh, um den Sachverhalt zu erläutern. Dabei hat er sich immer vom Dialogforum distanziert, das keine demokratische Legitimation habe (willkürliche Zusammensetzung, wobei Y-Trassengegner überrepräsentiert waren gegenüber A7- und Bestandsstrecken-Anwohnern) und damals unter anderen Verkehrsanforderungen stattfand.

"Die Grünen müssen sich fragen lassen, ob sie eigentlich wissen, was eine Neubaustrecke für die dort lebenden Bürger bedeutet“, so Klaproth. Von Bahnhöfen und Nahverkehr sei bei der Planung einer Neubaustrecke entlang der A7 nicht die Rede.

Doch, Theurer hat das erst vor drei Tagen gesagt: Nur ein „umfassender bestandsferner Aus- beziehungsweise Neubau“ gewährleiste langfristig ausreichende Kapazitäten. Das biete den Menschen in Niedersachsen zahlreiche Vorteile. „Neue Städte und Regionen könnten mit attraktiven Nahverkehrsangeboten erschlossen werden“, erklärt Theurer. „Auch im Bestand entstünden Kapazitäten, um den Schienenpersonenverkehr entlang der Strecke Lüneburg-Uelzen-Celle deutlich auszuweiten.“
https://www.az-online.de/uelzen/staatssekretaer-spricht-klartext-in-brief-an-projektbeirat-alpha-92429376.html

Leserreporter
Yann Faulus aus Winsen
am 13.09.2023 um 23:32

„Ich bin entsetzt, dass dieser demokratisch erreichte Beschluss Alpha-E so mit Füßen getreten wird", sagt Herr Klaproth. Alpha-E wurde mitnichten demokratisch erreicht, das Dialogforum Schiene Nord (DSN) war kein demokratisches Instrument, das Resultat Alpha-E somit auch nicht demokratisch entstanden (bspw wurden fast nur Betroffene der potentiellen Neubaustrecken, nicht jedoch der potentiellen Ausbaustrecken berücksichtigt). Die Geschäftsstelle des Dialogforums Schiene Nord schrieb dazu am 13.7.2015: Das Forum ist und bleibt nicht demokratisch besetzt. Es war so auch nicht konzipiert worden. Das Forum hat keinen  Parlamentscharakter und ist auch kein Gegenentwurf zu den Parlamenten auf den verschiedenen Ebenen. [...] Es handelt sich nicht um ein formales Verfahren auf Basis einer geltenden Rechtsgrundlage, sondern um einen nicht rechtlich definierten Dialog im Vorfeld von offiziellen Planverfahren.
Entweder ist Herrn Klaproth dieser Umstand nicht bekannt, dann hätte er sich mit Alpha-E nicht in ausreichender Tiefe auseinandergesetzt. Oder es ist ihm bewusst, dann würde er hier wissentlich Unwahrheiten verbreiten.
Auch die weiteren Äußerungen von Herrn Klaproth lassen mich an seiner Kompetenz in dieser Angelegenheit zweifeln. Erstens steht die Variante Alpha-E in der vom DSN vorgeschlagenen Form gar nicht mehr zur Debatte sondern wurde aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit durch das Optimierte Alpha-E + Bremen ersetzt. Zweitens ist es Aufgabe des Landes Niedersachsen, Nahverkehr auf der potentiellen Neubaustrecke zu bestellen. Von selbst wird die DB keine Nahverkehrsbahnhöfe dort planen, es ist also kaum verwunderlich, dass bisher in diese Richtung nichts bekannt ist. Hier muss die lokale Politik aktiv werden, anstatt nur zu meckern und die Hände in den Schoß zu legen.