Die Richterin: "Was sie getan haben ist widerwärtig und schäbig"
Missbrauch in Lügde: Bewährungstrafe für Sextäter aus Stade
tk. Stade/Detmold. "Sie haben das Leid der Kinder gleichgültig und empathielos hingenommen", sagte Anke Brodda, Vorsitzende Richterin am Landgericht Detmold, zu Heiko V. (49) aus Stade. Er wurde am Mittwoch zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung wegen Anstiftung und Beihilfe zum schweren sexuellen Missbrauch von Kindern verurteilt. Es war das erste Urteil im Missbrauchsskandal von Lügde. Über viele Jahre hinweg wurden 40 Kinder auf dem Campingplatz im Lippischen missbraucht. Das Verfahren gegen Heiko V. wurde abgetrennt, gegen die beiden Haupttäter wird noch verhandelt.
Der 49-Jährige V. hat in den Jahren 2010 und 2011 per Livecam mindest vier Mal zugeschaut, wie Kinder auf dem Campingplatz missbraucht wurden. Er hat dabei auch "Regieanweisungen" erteilt und sich - für das Opfer sichtbar - selbst befriedigt. Zudem hatte die Polizei 31.00 Fotos und 11.000 kinderpornografische Videos auf dem Rechner des Staders gefunden.
Das Gericht ordnete außerdem an, dass sich Heiko V. einer Therapie unterziehen muss. Wobei der Dortmunder Psychiater Bernd Roggenwallner dem Angeklagten keine pädophile Neigung attestiert hatte. V. habe Kinderpornos aus sexueller Langeweile geguckt. Im realen Leben habe der Stader keinen Kontakt zu Kindern. Auch wenn keine krankhafte sexuelle Störung bei dem Mann vorliege, sei eine Therapie wegen einer Rückfallgefahr notwendig, so der Gutachter.
Heiko V. hat vor Gericht erklärt, dass er in Kontakt mit dem Hauptbeschuldigten Andreas V. über ein Webportal gekommen sei. Dass er überhaupt ins Visier der Ermittler geriet, ist dem guten Erinnerungsvermögen einer heute 19-jährigen Frau zu verdanken. Sie war eines der Opfer und konnte sich noch nach zehn Jahren an Heiko V. und seinen Namen erinnern.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten gefordert. Mit diesem Strafmaß wäre eine Aussetzung zur Bewährung nicht mehr möglich gewesen. Die Anwältin des 19-jährigen Opfers wollte den Stader für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis schicken. Das Gericht hielt Heiko V. zu gute, dass er ein Geständnis abgelegt hatte und sich bei den Opfern des Missbrauchs entschuldigt habe. Er sei sich seiner Verantwortung bewusst, so die Vorsitzende Richterin. Das, was Heiko V. getan hat, bezeichnete sie dennoch als "widerwärtig und schäbig". Heiko V. habe sein sexuelles Verlangen "über die Angst und das Leid der Kinder gestellt".
Die juristische Aufarbeitung des gigantischen Missbrauchsfalles auf dem Campingplatz in Lügde ist mit diesem Urteil noch nicht abgeschlossen. Gegen die beiden Hauptbeschuldigten wird in einem separaten Verfahren vor dem Landgericht in Detmold weiter verhandelt. Ob das Urteil gegen Heiko V. Bestand hat, wird sich zeigen. Die Staatsanwaltschaft hat bereits am Donnerstag Rechtsmittel eingelegt.
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