Bis Ende Juli lediglich 1.400 Erstimpfungen pro Woche
Die Impfpriorisierung ist weg - doch im Stader Impfzentrum standen vorher schon 17.000 Menschen auf der Warteliste
jd. Stade. Das lange Warten auf den Impftermin: Die Warteliste für das Impfzentrum Stade umfasst mittlerweile rund 17.000 Namen. Und es werden nicht weniger. Im Gegenteil: Aktuell wird die Liste täglich länger. Woche für Woche tragen sich dort mehr als 1.000 Impfwillige neu ein, damit sie im Stader Impfzentrum den ersehnten Piks erhalten.
Impfzentrums-Leiterin Nicole Streitz blickt bereits mit Sorge auf die kommenden Wochen: Der Beschluss der Bundesregierung, die Impfpriorisierung ab dem heutigen Montag, 7. Juni, aufzuheben, macht die Situation nicht einfacher. "Die Warteliste wird geradezu explodieren", befürchtet Streitz. "Wir haben mangels Impfstoff keine Chance, die Liste in den kommenden Wochen abzuarbeiten."
Wer sich jetzt bei der zentralen Impfhotline des Landes Niedersachsens oder beim Online-Impfportal (www.impfportal-niedersachsen.de) registrieren lässt, kann sich nach dem aktuellen Stand der Dinge auf wochenlanges Warten einstellen. Da bleibt nur die Hoffnung auf die Zusage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass jeder Impfwillige bis zum Ende des Sommers ein Impfangebot erhalten wird. Doch der Sommer hat noch nicht einmal begonnen - und schon jetzt sind Zweifel an Merkels Versprechen durchaus berechtigt, wenn man sich die Lage vor Ort anschaut.
Denn die Perspektiven für das Stader Impfzentrum sehen zumindest für die ersten Sommerwochen eher düster aus: Streitz rechnet zwar mit rund 54.000 Dosen, die bis Ende Juli an das Stader Impfzentrum geliefert werden. Doch jetzt kommt das große Aber: Davon sind mehr als 33.000 von vornherein für Zweitimpfungen reserviert. Von den restlichen knapp 21.000 Impfdosen für die Monate Juni und Juli (Kalenderwochen 22 bis 30) sind aber fast 4.000 für die Wahlhelfer reserviert, die bevorrechtigt sind.
Unterm Strich bleiben so etwas mehr als 17.000 Impfungen für den "normalen" Bürger - aber auch nur theoretisch. Denn die Berechnung wird noch komplizierter: Der Zeitraum zwischen dem 1. Juni und dem 31. Juli umfasst zwar knapp neun Kalenderwochen. "Ich muss diese 17.000 Impfdosen aber nicht durch neun, sondern durch zwölf teilen, weil von dieser Menge wiederum drei Wochen-Rationen für Zweitimpfungen abgezweigt werden müssen. Diese erfolgen ja sechs Wochen nach der Erstimpfung", erläutert Streitz. So stehen letztlich bis Ende Juli weniger als 13.000 Impfdosen für Erstimpfungen zur Verfügung. Das sind im Schnitt etwa 1.400 pro Woche.
"Das ist aber nur ein Durchschnittswert", betont Streitz. So werde es in der übernächsten Woche (14. bis 20. Juni) ausschließlich Zweitimpfungen im Stader Impfzentrum geben. Und ein zusätzlicher Termin für Erstimpfungen am kommenden Dienstag konnte nur angesetzt werden, weil unerwartet eine Lieferung mit 1.000 Moderna-Impfdosen angekündigt wurde.
"Ansonsten erfolgen die Lieferungen für Erstimpfungen nur in homöopathischen Dosen", meint Streitz in leicht ironischem Unterton. Nach ihrer Einschätzung werden im gesamten Juni höchstens 4.000 Erstimpfungen vorgenommen. Die Leiterin des Stader Impfzentrums stellt aber klar: "Das sind alles keine belastbaren Prognosen." Sie stelle nur hilfsweise Berechnungen auf Basis der Vorankündigungen des Landes an. "Ob das Land seine Lieferzusagen tatsächlich einhält, steht in den Sternen."
Trotz der geringen Zahl der Erstimpfungen kann das Team im Stader Impfzentrum nicht die Hände in den Schoß legen. Zählt man nämlich die Zweitimpfungen dazu, erfolgen im Schnitt pro Woche 6.000 Impfungen. "Offiziell sind wir vom Land beauftragt, die räumlichen und personellen Kapazitäten für 6.145 Impfungen pro Woche bereitzustellen", so Streitz. Pro Tag können in den 32 Kabinen bis zu 1.400 Spritzen gesetzt werden. Pro Woche wären so bis zu 7.000 Impfungen möglich.
"Dass wir solche Zahlen oftmals nicht erreichen, liegt nicht an uns", sagt Streitz. Der fehlende Impfstoff stelle derzeit den Flaschenhals dar. Wenn das Impfzentrum unter "Volllast" laufe, dann seien zehn Impfärzte und mehr als 80 Mitarbeiter im Einsatz. Sollte eines Tages doch deutlich mehr Impfstoff geliefert werden, könnte man - sofern das Land dies in Auftrag gibt - auch auf einen Zwei-Schicht-Betrieb von 6 bis 20 Uhr an sieben Tagen in der Woche umstellen, so Streitz. "Dafür bräuchten wir aber wesentlich mehr Personal."
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