WOCHENBLATT-Leser schildern ihre Erlebnisse
Gefürchtet, geliebt, gebraucht: der Hamburger Elbtunnel
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- Hier verschwindet die A7 unter der Erde bzw. dem Wasser: die südliche Zufahrt zum Elbtunnel im Hamburger Hafen
- Foto: Martin Elsen/nord-luftbilder.de
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50 Jahre Elbtunnel: Das WOCHENBLATT nahm das Jubiläum zum Anlass für einen kritischen Bericht (hier ist der Link zum Artikel: bitte klicken). Zugleich wurden die Leserinnen und Leser gebeten, ihre persönlichen Erlebnisse mit dem Elbtunnel zu schildern. Die Redaktion hat fünf Rückmeldungen ausgewählt:
Lieber durch den Elbtunnel als mit der Bahn fahren
Für Pendler Andreas Seinsch aus Glüsingen stellt die Hin- und Rückfahrt durch den Elbtunnel eine tägliche Herausforderung dar. Er berichtet, dass der Tunnel frühmorgens gegen 5 Uhr oft für kurze Zeit gesperrt sei. Auch längst nicht alle Fahrspuren seien freigegeben. Seinsch berichtet: Tagsüber sei die Verkehrssituation vor dem Elbtunnel "oft eine Katastrophe" - egal, in welcher Richtung. Stau sei dann keine Ausnahme, sondern die Regel.
Sein Fazit: Trotz all der Widrigkeiten bleibe der Elbtunnel für viele unverzichtbar. Der ÖPNV biete für ihn als Pendler keine echte Alternative, meint Seinsch. Die Fahrzeit zur Arbeit mit Bus und Bahn würde mehr als zwei Stunden dauern, während man bei freier Strecke mit dem Auto in 35 Minuten am Ziel ist. Bei Stau könnten es allerdings auch mal 90 Minuten werden. Dennoch endet der Bericht versöhnlich: „Trotz allem lieben wir ihn ja doch :)“
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- Die südliche Zufahrt zum Elbtunnel. Ausnahmsweise ist hier kein Stau
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Viele Autofahrer haben Angst
Günter Berner aus Harsefeld fährt seit 46 Jahren aus beruflichen Gründen regelmäßig durch den Elbtunnel. Er berichtet von einem Kollegen, der den Tunnel aus Angst meidet und immer den Umweg über die Elbbrücken nimmt. Berner meint, dass das ängstliche Verhalten vieler Autofahrer zur Staubildung beiträgt. Diese würden aus Furcht vor dem Tunnel das Tempo reduzieren. Seine Lösung: Eine Mindestgeschwindigkeit 70 km/h bei der Tunnelpassage einführen.
Zu Fuß durch den Elbtunnel
Man sollte den Elbtunnel nicht schlechtreden: Dieser Ansicht ist Stefan Kleenlof aus Buchholz. "Sicher wäre eine zweite Bahnquerung - hier sind die Elbbrücken ja noch allein - wünschenswert, vielleicht mag sie ja doch noch kommen und für Entlastung sorgen", meint Kleenlof. Der Buchholzer war mit dabei, als der Tunnel vor 50 Jahren für den Verkehr freigegeben wurde. "Vor 50 Jahren 'schnappten' meine Eltern mich am Eröffnungswochenende. Wanderung durch den Tunnel und retour, für mich Zehnjährigen ein großes Erlebnis. Und mein Vater wusste zu berichten, dass die ganze grüne Landschaft südlich der Elbe Hafenerweiterungsgebiet ist", erzählt Kleenlof.
Viele Jahre später kostete es ihn reichlich Überredungskunst, als er seinen Vater dazu bewegen wollte, zur Eröffnung der vierten Elbtunnel-Röhre mitzukommen. Der Vater konnte sich nicht verweigern, denn sein Sohn machte ihm unmissverständlich klar: "Du hast mich damals durch den Tunnel geschleppt, dann schleppe ich dich jetzt mit." Die vierte Röhre sei damals so von Besuchern überlaufen gewesen, dass die Fähren zum Rückweg völlig überlastet waren, berichtet Kleenlof.
Faszination nicht verloren
"Unsere Familie nutzt den Elbtunnel mehrmals die Woche für private und berufliche Fahrten", berichtet Frank Schrödter aus Seevetal. Er kommt meist zügig durch den Tunnel und gibt zu bedenken: Ursache für Staus vor dem Elbtunnel sind oft Maßnahmen, die der Sicherheit der Autofahrer dienen - wie etwa Auslösung der Höhenkontrolle oder Wartungsarbeiten. "Für uns war der Tunnel stets mehr als nur ein Verkehrsweg", erklärt Schrödter. "Er war für uns als Kinder und ist heute für unsere Kinder ein Abenteuer, für das man nach längeren Touren sogar geweckt werden wollte."
Er fand es spannend, wenn seine Eltern ihm erklärten, dass man gerade unter der Elbe durchfährt. Schrödter kommt regelrecht ins Schwärmen: "Auch nach 50 Jahren hat es nichts an Faszination verloren, wenn man den orangen Pfeil am Tiefstpunkt der Röhre passiert." Für ihn unvergessen bleibt der Moment, als er 1986 mit einem offenen VW-Käfer Cabrio mitten in der Nacht durch den leeren Elbtunnel fuhr und das Geräusch des Boxermotors von den Wänden der Röhre widerhallte.
Nervige Mittelspur-Schleicher
Zwei Jahre lang musste Vanessa Schumann aus Buchholz täglich durch den Elbtunnel fahren. Morgens um 5 Uhr war meist noch alles okay. War sie erst um 7 Uhr unterwegs, stand sie oftmals im Stau. Einmal brauchte sie für den Nachhauseweg rund fünfeinhalb Stunden. Schumann musste Freunde bitten, das Kind von der Kita abzuholen. Sie nennt mehrere Dinge, die ihr bei den täglichen Tunnel-Touren aufgefallen sind:
Viele Autofahrer wüssten wohl nicht, wie das Reißverschlussprinzip funktioniert, meint Schumann. Es gebe viele "Mittelspur-Schleicher", die offenbar meinen, dass die rechte Spur nur für Lkw sei. Manche Autofahrer würden sich nicht trauen, Lkw zu überholen, blieben aber aus Sturheit auf der Überholspur. Vor der Einfahrt in den Tunnel gebe es waghalsige Spurwechsel, wodurch andere Autofahrer unvermittelt ausgebremst und gefährdet werden. Schumann verweist auf ein Elbtunnel-Mysterium: "Egal, welche Seite hinter dem Tunnel: Der Stau ist immer weg, wie aufgelöst. Ein Rätsel, worauf niemand eine Antwort weiß."
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Redakteur:Jörg Dammann aus Stade |
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