Ergebnis der WOCHENBLATT-Leserumfrage
Knappe Mehrheit findet Notaufnahme-Gebühr richtig

Sollen Eltern zahlen, wenn sie bei einem kleinen Wehwehchen ihres Kindes die Notaufnahme aufsuchen? | Foto: AdobeStock / Viacheslav
  • Sollen Eltern zahlen, wenn sie bei einem kleinen Wehwehchen ihres Kindes die Notaufnahme aufsuchen?
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Wie krank muss ein Kind sein, damit die Eltern berechtigterweise an Wochenenden zur Notaufnahme gehen dürfen? Diese Frage stellt sich im Umkehrschluss zur Forderung des Kinderärzteverbands-Vorsitzenden Thomas Fischbach. Der hatte gefordert, dass Mütter und Väter eine Notfall-Gebühr zahlen, wenn sie mit ihrem Nachwuchs den Notdienst aufsuchen, obwohl es sich nur um eine Bagatellerkrankung handelt. Fischbach sprach wörtlich von "Pickel am Po der Kinder". Der Vorstoß des Ärztefunktionärs rief eine kontroverse Debatte hervor, bundesweit halten sich Befürworter und Kritiker des Vorschlags die Waage. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Online-Umfrage des WOCHENBLATT zu diesem Thema (siehe hier). Auch bei den Leserzuschriften ist ein durchaus unterschiedliches Meinungsbild auszumachen  (siehe unten).

Beim Leservoting zum Thema Strafgebühr für medizinische Bagatellfälle stellte das WOCHENBLATT die Frage: "Sollen Eltern für ihre Kinder eine Notaufnahme-Gebühr zahlen?" Vier Antworten standen zur Auswahl, wobei die vierte Option ("Das ist nur eine Sommerloch-Debatte") nur von zwei Prozent der Umfrage-Teilnehmer angeklickt wurde. Immerhin 44 Prozent der Leser, die sich an der Aktion beteiligten, lehnen eine Gebühr für das Aufsuchen der Notaufnahme grundsätzlich ab.

Zahlen, wenn kein echter Notfall vorliegt

Damit bleibt eine knappe Mehrheit von 54 Prozent der WOCHENBLATT-Leser, die sich für eine Notaufnahme-Gebühr ausspricht. Hier muss allerdings klar differenziert werden. Lediglich acht Prozent halten Notdienst-Gebühren prinzipiell für richtig. Die übrigen - diese machen mit 46 Prozent den größten Anteil bei der Umfrage aus - halten eine Gebühr nur dann für angemessen, wenn kein richtiger Notfall vorliegt. Wie so etwas praktisch in den Notaufnahmen gehandhabt werden soll, bleibt natürlich unbeantwortet. Soll die Bewertung, ob ein Notfall vorliegt, vor Ort im Ermessen des behandelnden Arztes liegen? Oder sollen die Kliniken bzw. Praxen einen Kriterienkatalog aufstellen, aus dem ersichtlich ist, für welche Behandlung in der Notaufnahme Gebühren erhoben werden?

Ob die Forderung nach einer (Nicht-)Notfall-Strafgebühr von der Politik aufgegriffen wird, bleibt fraglich. Denn jetzt wird schon wieder die nächste Sau in Sachen Gesundheitspolitik durchs Dorf getrieben: Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, fordert eine höhere Eigenbeteiligung der gesetzlich Versicherten bei medizinischen Leistungen.

Sollen Eltern für ihr Kind eine Notdienst-Gebühr zahlen?

Das sagen die WOCHENBLATT-Leserinnen und -Leser

Zur vom Kinderärzte-Funktionär Thomas Fischbach angeschobenen Debatte einer Notaufnahme-Gebühr (siehe Artikel oben) erreichten die Redaktion auch zahlreiche Leserzuschriften. Pro und contra sind dabei in etwa ausgeglichen. Das WOCHENBLATT hat jeweils drei Zuschriften exemplarisch ausgewählt.

Für Notdienst-Gebühren:

• "Auf jeden Fall Gebühren nehmen, denn diese Eltern blockieren das Wartezimmer. Kleine Unpässlichkeiten kann man selber behandeln. Sollte das Kind wirklich ernsthaft krank sein, wird ein Krankenwagen gerufen. Da ist wahrscheinlich ein Notarzt dabei, der sofort eine Diagnose stellen bzw. das Kind behandeln kann."
(M. Lüdemann)

• "Wer von uns nimmt nicht gern Ressourcen (Waren/Dienstleistungen) - wenn kostenlos - in Anspruch? Ob nötig oder unnötig, spielt keine Rolle. Nur wenn eine Ressource etwas kostet, macht man sich Gedanken über Kosten und Nutzen. Jeder, der knappe Ressourcen - weil bequem und/oder kostenlos - in Anspruch nimmt, verhindert, dass Menschen, die tatsächlich in Not sind, sie nutzen können. Er handelt als Egoist und nicht im Sinne der Solidargemeinschaft." (Ulrich Kleinert)

• "Generell finde ich die Idee nicht schlecht. Ich habe schon oft erlebt, wie Eltern mit Kindern im Krankenhaus auftauchen, wo man augenscheinlich auch bis zum nächsten Werktag warten kann. Allerdings weiß ich noch, wie verunsichert und ängstlich ich war, als mein erstes Kind zum ersten Mal schlagartig 40 Grad Fieber hatte und kein Zäpfchen wirkte. Ich war froh, den Notdienst als Anlaufstelle zu haben. Man sollte ganz klar differenzieren: Was ist ein wirklicher Notfall und was nicht? Es sollten klare Regeln herrschen, denn ein Notfall ist immer Ansichtssache. Die einen warten, bis gar nichts mehr geht, die anderen finden 38,4 Grad Fieber schlimm." (Milena Denning)

Gegen Notdienst-Gebühren:

• "Als Vater bin ich über die Meinung von Herrn Fischbach entsetzt. Sparen auf Rücken der Kinder und deren Gesundheit finde ich absolut unsozial. Wenn Herr Fischbach Kosten einsparen möchte, sollte er doch gerne auf etwas von seinem üppigen Gehalt verzichten. Herr Fischbach ist ganz klar der Falsche auf diesem Posten." (R. Celebi)

• "Wenn wegen des Ärztemangels die Patienten notgedrungen in die Notaufnahme gehen, weil sie keine Alternative mehr haben, sollen sie im Zweifel zur Kasse gebeten werden. Das ist schlicht pervers. Woher sollen denn medizinische Laien wissen, was gefährlich ist und was nicht? Immer mehr Menschen leben in finanziell prekären Verhältnissen. Sie werden die Opfer von verschleppten Diagnosen sein, Todesfälle nicht ausgeschlossen." (Heinz Kühsel)

• "Gebühren für den Notdienst halte ich für sehr ineffektiv. Ich selbst war schon in der Notaufnahme und es wurde bei der Anmeldung aufgenommen, warum genau ich gekommen bin. Schon da wird nach Schwere 'sortiert', was Einfluss auf die Wartezeiten hat. Wenn es eindeutig um Bagatellen geht - wie einen Pickel am Po -, könnte gleich schon entschieden werden, dass der Patient wieder weggeschickt wird - mit dem Hinweis, seinen Hausarzt aufzusuchen. Warum sollten nicht die Notfallstationen vor Ort einem Patienten mitteilen, dass es sich bei ihm nicht um einen akuten Notfall handelt und ihn an den Hausarzt verweisen? Wenn sich das herumspricht, wird auch keiner die Abweisung riskieren. Notfall sollte Notfall bleiben, um auch die Ärzte und das Pflegepersonal zu entlasten." (Angelika Stüwe)

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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