Bereicherung im deutschen Pflegealltag
Multikulti im Seniorenheim
Ein Lächeln aus Fernost und Gesang aus Afrika: Das klingt nach exotischem Urlaub in fernen Ländern, ist jedoch im Landkreis Stade ein Weg aus dem Fachkräftemangel in der Pflege. Um den Bedarf in Pflegeeinrichtungen zu decken, schweift der Blick schon längst ins Ausland. Im Landkreis Stade macht das u. a. der DRK-Kreisverband in Freiburg an der Elbe und die Lebenswelt Fredenbeck vor.
In Kehdingen hat Emmanuel Mugisha-Mazimpaka (23) aus Ruanda (Ostafrika) kürzlich seine dreijährige Ausbildung zum Pflegefachmann abgeschlossen und arbeitet im DRK-Seniorenheim "Haus Kehdingen". In Fredenbeck arbeiten seit rund einem Jahr Geraldine Cabigon (40), Christienne Angeli Aloba (40) und Sabina Noha Bulalacao (33) von den Philippinen. Die drei Krankenschwestern haben in Deutschland eine Zusatzausbildung absolviert und sind jetzt nach deutschem Standard geprüfte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen.
Mit 19 Jahren in Deutschland gelandet
Emmanuel Mugisha-Mazimpaka kam mit 19 Jahren nach Deutschland. Nach seinem Abitur in Ruanda zog es ihn in die Ferne. "Eigentlich wollte ich irgendwo Medizin studieren", erzählt Emmanuel. Eine Cousine, die bereits seit 20 Jahren in Deutschland wohnt, schlug ihm vor, hier zunächst ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu absolvieren. Anschließend gebe es in Deutschland die Möglichkeit, ohne Schulgebühren eine Ausbildung zu absolvieren. "Diese Form des Bildungssystems fand ich megainteressant", erzählt der Afrikaner. "Deshalb habe ich angefangen, Deutsch zu lernen, und mich beworben."
Beim DRK in Freiburg wurde Emmanuel mit offenen Armen empfangen. Der junge Mann integrierte sich schnell und lernte im Rekordtempo, fließend Deutsch zu sprechen. Mit seiner Angewohnheit, bei der Arbeit zu singen, öffnete er rasch die Herzen seiner Mitmenschen. Und die Arbeit im Alten- und Pflegeheim gefiel ihm so gut, dass er das Medizinstudium gedanklich vertagte und die generalistische Ausbildung zum Pflegefachmann begann und auch erfolgreich abschloss. "Mir gefällt an meinem Beruf, dass ich hilfsbedürftigen Menschen etwas Gutes tun und sie auch mal zum Lachen bringen kann", sagt er. "Der Job ist nie langweilig und es gibt viel Anerkennung, sowohl von den Bewohnern als auch von den Kollegen. Es wäre jedoch schön, wenn die Politik es möglich machen würde, ganzheitlicher zu pflegen."
In seiner neuen Wahlheimat Deutschland fühlt Emmanuel sich wohl. "In Deutschland habe ich die Möglichkeit, meine Lebensziele zu verwirklichen. Und ich verdiene so viel, dass ich meine Familie finanziell unterstützen kann. Die Menschen sind nett und das Essen ist lecker." Natürlich vermisst der Afrikaner seine Eltern und seine Geschwister. Beruflich fühlt er sich angekommen. "Ich möchte jetzt erst einmal Erfahrungen sammeln und mich später weiterbilden."
DRK lobt erfolgreiche Zusammenarbeit
Der DRK-Kreisverband Stade freut sich über seinen dynamischen Mitarbeiter aus Ruanda. "Wir setzen erfolgreich auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Pflegekräften, die wir bereits auf ihrer Reise nach Deutschland begleiten konnten", sagt Geschäftsführer Uwe Lütjen. "Wir schätzen ihre wertvolle Unterstützung in diesen Zeiten des Pflegekraftmangels sehr." Trotz des damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwands, angefangen beim Beantragen der erforderlichen Bescheide bis hin zur Anerkennung, sieht der DRK-Kreisverband Stade dies als wichtigen Baustein, um die qualitativ hochwertige Pflege in der Region sicherzustellen. "Wir sind dankbar für die Vielfalt und das Engagement, das die ausländischen Pflegekräfte in unseren Teams einbringen."
Sabina Noha Bulalacao, Christienne Angeli Aloba und Geraldine Cabigon kamen 2022 über eine Agentur von den Philippinen nach Deutschland. Zuvor hatten sie in einem Onlinekursus Deutsch gelernt und eine B2-Sprachprüfung abgelegt. Nach einer zehntägigen Einführung in Damme (Landkreis Vechta) ging es für die drei Frauen weiter nach Fredenbeck.
Anspruchsvolle Prüfungen in Deutschland
Janet Schönfeld, Parkleiterin der Lebenswelt Fredenbeck, und ihr Team führten die drei Asiatinnen langsam in ihr neues Betätigungsfeld ein. So standen in den ersten Wochen überwiegend soziale Betreuung und leichte Pflegeeinsätze in einer Senioren-WG auf dem Programm. Später konnte das Trio Schritt für Schritt seine pflegerische Kompetenz unter Beweis stellen. Von April bis August absolvierten die Krankenschwestern aus Fernost dann in Oldenburg eine Fortbildung zur Anerkennung ihrer pflegerischen Ausbildung in Deutschland. Weiteres Fachwissen eigneten sie sich gemeinsam mit Praxisanleitern in Fredenbeck an. "Die Prüfung war sehr schwierig, weil alles auf Deutsch war", sagen die drei Frauen unisono. "Auch im praktischen Teil mussten wir viel sprechen und erklären, was wir tun und warum wir es tun." Zwar sprechen sie inzwischen nahezu fließend die für sie fremde Sprache. Der Berufsalltag sei jedoch von vielen Fachbegriffen geprägt. Umso stolzer sind sie jetzt auf ihr berufliches Anerkennungs-Zertifikat.
Auch die Parkleitung der Lebenswelt Fredenbeck ist mit den neuen Mitarbeiterinnen sehr zufrieden. "Sabina, Christienne und Geraldine haben sich hervorragend integriert, leisten Arbeit auf sehr hohem Niveau und sind für unser Team eine echte Bereicherung", sagt Janet Schönfeld.
Alle drei Frauen fühlen sich in Deutschland gut angekommen. Es seien bereits viele Bekannt- und auch Freundschaften entstanden. Die Kollegen und die Senioren seien ausgesprochen nett und hilfsbereit. Neben Fredenbeck haben sie auch schon andere Regionen ihrer neuen Heimat bereist und Städte wie Hamburg, Bremen und Berlin entdeckt. "Allerdings vermissen wir unsere Familien", sagt Sabina Noha Bulalacao. "Wir machen regelmäßig Videoanrufe nach Hause und zeigen unseren Verwandten Deutschland. Das ist für diese insbesondere dann spannend, wenn hier Schnee liegt."
Deutschland bietet viele Möglichkeiten
An Deutschland schätzen sie die vielen Möglichkeiten, die sie hier haben. "Wir können uns fortbilden und auch unsere Familien finanziell unterstützen", sagt Geraldine Cabigon. Und Christienne Angeli Aloba weist auf den hohen Lebensstandard in Deutschland hin. "Hier sind nahezu alle Lebensmittel sowohl erhältlich als auch erschwinglich", sagt sie.
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