Bestände nehmen in den Landkreisen Stade und Harburg stark zu
Wildschweine fühlen sich im Maisfeld sauwohl
jd. Stade. Die Maisernte steht bevor. Im September sind wieder die Maishäcksler unterwegs. Dann stellt sich heraus, welche Schäden die Wildschweine angerichtet haben: Im hohen Mais fühlen sich die Schwarzkittel sauwohl. Um an die Maiskolben mit den leckeren Körnern zu kommen, knicken sie reihenweise die Pflanzen um. Oft wird erst bei der Ernte festgestellt, wie heftig eine Rotte im Mais gewütet hat.
Jäger müssen Schäden ersetzen
"Die Verwüstungen können immens sein", sagt Stades Kreislandwirt Johann Knabbe. Allerdings bleiben die meisten Landwirte nicht auf ihren Schäden sitzen. "Dafür müssen oftmals die Jagdpächter aufkommen", erläutert Knabbe. Das sei in den Pachtverträgen so geregelt.
Folglich liegt es im Interesse der Jäger, die Schäden durch Wildschweine möglichst gering zu halten. "Doch das wird immer schwieriger", meint Helmut Dammann-Tamke, Präsident der Landesjägerschaft und selbst als Jäger auf der Stader Geest aktiv. Die Bestände seien weiter gestiegen, so Dammann-Tamke: "In der vergangenen Jagdsaison hatten wir in Niedersachsen mit 70.500 Tieren die höchste Schwarzwildstrecke, die jemals in der Statistik verzeichnet wurde."
Die Winter sind zu mild
Einer der Gründe für die steigenden Wildschweinpopulationen seien die milden Winter, so der Jägerfunktionär. Weil längere Frostperioden ausblieben, würden mehr Frischlinge überleben. Auch das nasse Wetter, das viele Jungtiere dahinraffe, fehle oft. Noch gravierender sei aber der reichlich gedeckte Tisch, den die Wildschweine nicht nur im Wald, sondern auch auf dem Feld vorfinden.
Beim Mais erweisen sich die Schwarzkittel geradezu als Feinschmecker: Sie sind heiß auf die frisch ausgelegten Maiskörner. "Im Frühjahr durchwühlen die Wildschweine die gerade gedrillten Äcker, um an die süßen Körner zu kommen", berichtet Norbert Leben, Kreislandwirt im Kreis Harburg. Wenn eine größere Rotte über ein Feld herfalle, könne auf mehreren Hektar über Nacht ein Totalschaden entstehen.
Von zerwühlten Feldern weiß auch Lebens Stader Kollege Günther Bube zu berichten: "In einem Fall wurden nur die Reihen auf der einen Ackerhälfte durchgewühlt." Bube vermutet, dass dies mit der unterschiedlichen Saatgutbeize zusammenhängt: Bei der anderen Hälfte des Ackers seien wohl Körner mit bitterer Beize gelegt worden. "Manche Landwirte mussten ihre Felder drei- bis viermal nachdrillen", berichtet Dammann-Tamke: "Ein teurer Spaß."
Drückjagden sollen Bestände reduzieren
"Auch in solchen Fällen müssen meist die Jagdpächter den Schaden ersetzen", sagt Leben. Damit es gar nicht erst zu Entschädigungszahlungen kommt, ziehen Bauern und Jäger in Sachen Wildschweine oft an einem Strang. "Viele Landwirte lassen bereits bei der Aussaat Platz für eine Jagdschneise im Maisfeld", berichtet Knabbe. So haben die Jäger ein freies Schussfeld. Viele Jagdpächter umzäunen auch die Maisfelder mit Elektrodraht, um so die gefräßigen Borstentiere fernzuhalten.
Am wichtigsten sei aber die "scharfe Bejagung", so Leben. In den vergangenen Jahren habe man zunehmend Drückjagden ausgerichtet, um die Wildschweinbestände konsequent zu reduzieren.
Dass die Bestände in der Region trotzdem weiter zunehmen, zeigen die Strecken: Im Landkreis Harburg wurden in der Jagdsaison 2019/20 fast 2.700 Wildschweine erlegt, im Jahr davor waren es knapp 1.700 Tiere. Das ist eine Steigerung von fast 60 Prozent. Im Landkreis Stade gab es bei der Strecke im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von 474 auf 671 Tiere (plus 42 Prozent).
Um deutlich zu machen, vor welchen Aufgaben die Jäger stehen, nennt Dammann-Tamke ein Rechenbeispiel: Ohne Jagd oder Wildunfälle würde sich der Wildschweinbestand innerhalb eines Jahres vervierfachen. Bei 100 Tieren wären es im Folgejahr dann bereits 400 Tiere.
Um ein Ansteigen des Bestandes zu verhindern, müssen jedes Jahr 75 Prozent der Wildschweinpopulation geschossen werden.
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