Haushaltsloch von 44 Mio. Euro
Landkreis Stade steuert auf neues Rekord-Defizit zu
Auf den Landkreis Stade kommt ein neues Rekord-Defizit zu: Der auf der Kreistagssitzung am Montag vorgelegte Haushaltsentwurf für 2025 weist ein Minus von mehr als 44 Millionen Euro auf. Der aktuelle Haushalt mit 20,5 Millionen Euro Miesen war bereits ein Drama. Jetzt kommt es noch dicker. Als Symbol für die prekäre Lage hängte Landrat Kai Seefried bei der Vorstellung der Eckdaten des geplanten 2025er-Etats einen Rettungsring vor das Rednerpult. Aus eigener Kraft könne sich der Landkreis nicht mehr finanziell über Wasser halten, so Seefried. Leider habe man selbst keinen finanziellen Rettungsring. "Diesen Rettungsring brauchen wir aus Hannover und Berlin." Rettung sei nur dann möglich, wenn es endlich eine faire Lastenverteilung zwischen Bund, Land und Kommunen gebe.
Im Kreishaus wurde der Rotstift angesetzt
Dass der Landkreis Stade zu den drei letzten Landkreisen in Niedersachsen gehörte, die bis zum Vorjahr dank eines ausgeglichenen Haushaltes keinen finanziellen Schiffbruch erlitten, ist angesichts des Zahlenwerkes für 2025 nur ein schwacher Trost. Das von der Kreisverwaltung kalkulierte Defizit von 44 Millionen Euro bei einem Gesamtvolumen von 490 Millionen sei eine in der jüngeren Geschichte des Landkreises einmalig schlechte Entwicklung, mahnte der Landrat. Er verwies darauf, dass bereits bei der Vorbereitung des Haushaltsentwurfes im Kreishaus rigoros der Rotstift angesetzt wurde. Die Mittelanmeldungen aus den einzelnen Ämtern wurden drastisch gekürzt - im Schnitt um rund ein Drittel.
13 Millionen Euro für die Kreisstraßen
Trotz der roten Zahlen wird der Landkreis Stade auch im kommenden Jahr größere Investitionen tätigen. Für die dringend erforderliche Sanierung von Kreisstraßen stehen 2025 insgesamt 13 Millionen Euro zur Verfügung - so viel wie in keinem Jahr zuvor. Bei den Straßen bestehe schließlich erheblicher Nachholbedarf, so Seefried. Eine weitere Investition in Höhe von 15 Millionen Euro betrifft die Elbe Kliniken. Für deren Modernisierung wenden der Landkreis Stade und das Land Niedersachsen bis 2032 mehr als 300 Millionen Euro auf. Dies dürfte das größte Bauprojekt in der Region sein, erklärt der Landrat. Weitere Investition wird es angesichts der schwierigen Haushaltslage nicht geben. Aus diesem Grund wird auch das Landkreis-Personal nicht aufgestockt. "2025 machen wir beim Stellenplan eine Nullrunde", sagt Seefried. Man schaffe in einigen Ämtern zwar neue Stellen, streiche diese aber woanders.
Fünf große Posten belasten den Haushalt
In seiner Vorstellung des Haushaltsentwurfes 2025 benannte Seefried die fünf größten Posten, die den Etat besonders belasten: Das sind vor allem die Bereiche Soziales und Teilhabe sowie Jugend und Familie. Ein weiteres Loch in den Etat reißt das Thema Gesundheitsvorsorge - konkret eine weitere Zuwendung für die Elbe Kliniken. Hohe Kosten verursachen auch die Kita-Betreuung und der ÖPNV - dort in erster Linie die Schülerbeförderung. Mit kalkulierten 19,5 Millionen für das kommende Jahr hat sich der finanzielle Aufwand für den ÖPNV seit 2018 verdoppelt. Preistreiber ist hauptsächlich die Inflation mit höheren Lohn- und Spritkosten. Außerdem führt das Deutschland-Ticket zu Mindereinnahmen.
Liquidität der Elbe Kliniken sichern
Im Jahr 2025 müssen nochmals zehn Millionen Euro als Liquiditätshilfe für die Elbe Kliniken eingeplant werden. Bereits in diesem und im vergangenen Jahr flossen 15 Millionen Euro aus dem Kreishaushalt in die Kliniken. Seefried betonte erneut, dass dieser finanzielle Engpass nicht von den Elbe Kliniken selbst verschuldet ist, sondern Folge der unzureichenden Krankenhausfinanzierung durch Bund und Land. Allein in Niedersachsen haben die Kommunen 2023 rund 600 Millionen Euro in den laufenden Betrieb der Krankenhäuser gesteckt, damit diese nicht in den finanziellen Ruin getrieben werden. „Ich kann es nicht begreifen, dass die Bundesregierung diese Entwicklung sehenden Auges provoziert“, sagte der Landrat.
Kostensteigerung beim Sozialetat
Mit Blick auf die steigenden Kosten im Sozialetat sprach Seefried von „Lasten, die von Bund und Land immer mehr auf die kommunale Ebene abgewälzt werden und die uns über die Leistungs- und Belastungsgrenze hinausbringen“. Der Gesamtaufwand im Bereich Jugend und Familie steigt um 16,6 Millionen Euro auf rund 87 Millionen Euro. Zieht man die Zuwendungen des Landes ab, verbleiben beim Landkreis Stade Kosten in Höhe von 72 Millionen Euro, im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um 20 Millionen Euro. Innerhalb von zehn Jahren sind die Kosten für den Landkreis um fast 280 Prozent gestiegen.
Schere geht immer weiter auseinander
Im Bereich Soziales und Teilhabe steigen die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 15 Millionen Euro auf fast 200 Millionen Euro. Während die Kosten nach oben gehen, gibt das Land weniger Zuschüsse, kritisiert Seefried: "Die Schere bei der Kostenverteilung zwischen dem Land und den Kommunen geht immer weiter auseinander." Ähnliches gilt für den Kita-Bereich, für den der Landkreis 2025 rund 29 Millionen Euro und damit doppelt so viel wie im Vorjahr aufwendet. Hier liegt die Steigerung innerhalb der vergangenen zehn Jahre bei mehr als 800 Prozent.
Erst sinkt die Kreisumlage, dann steigt sie
Angesichts der zu erwartenden roten Zahlen kündigte Seefried eine Erhöhung der Kreisumlage auf 48 Prozentpunkte an. Die Kreisumlage ist ein finanzieller Beitrag, den Kommunen innerhalb eines Landkreises an diesen zahlen müssen, um die Kosten für übergeordnete Aufgaben und Dienstleistungen des Kreises zu finanzieren. Was in diesem Zusammenhang paradox anmutet: Die Kreisumlage wurde auf derselben Sitzung im Zuge des Nachtragshaushaltes für 2024 von bisher 46,8 auf 45,3 Prozentpunkte gesenkt. Doch dahinter steckt eine andere Logik. Die Höhe der Kreisumlage wird seit zwei Jahren aufgrund eines ausgeklügelten Berechnungsmodells ermittelt, dem sowohl die Finanzdaten des Landkreises als auch der Kommunen zugrunde gelegt werden. Ergeben sich nach dem Aufstellen des Kreis-Haushaltes neue Zahlen in den Städten und Gemeinden, wird nachjustiert. Die jetzige Absenkung der Umlage bringt den Kommunen ein Plus von 4,5 Millionen Euro.
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