Konflikt mit dem Kreisverband
Piraten fordern ihre Ratsfrau im Stader Rat zum Rücktritt auf
In Stade schwelt ein Konflikt zwischen der Piratenpartei und ihrer einzigen Mandatsträgerin im Stader Rat. Dort sorgt Ratsherrin Karin Jacobs für einen Zwist mit ihrem Kreisverband. Es brodelte offenbar schon länger. Das Fass zum Überlaufen gebracht hat in dieser Woche Jacobs' Austritt aus der sogenannten "Bunten Gruppe" im Rat der Hansestadt Stadt Stade.
Unterschiedliche Auffassungen
Die Piraten-Politikerin wurde 2021 neu in den Rat gewählt. Dort hatte sie sich - wie schon ihr Vorgänger Wolf Vincent Lübcke - mit den Politikern von FDP und Unabhängiger Bürgerliste (UBLS) zu einer Gruppe zusammengeschlossen, die meist als "Bunte Gruppe" bezeichnet wird. Der Status als Gruppe bietet u.a. Vorteile hinsichtlich der Vertretung in den Ausschüssen. Jacobs selbst gehörte dem Ausschuss für Kinder, Jugend und Soziales (KJS) an. Jetzt erklärte Jacobs, dass sie die Gruppe "mit sofortiger Wirkung verlassen" habe.
Jacobs Begründung: "In der beinahe zweijährigen Zusammenarbeit habe ich leider festgestellt, dass wir vor allem bei den mir sehr wichtigen Themen wie Soziales, Umwelt und zukunftsorientierter Entscheidungen oft unterschiedlicher Meinung sind." Dennoch habe ihr die Zugehörigkeit zur "Bunten Gruppe" den Einstieg in die Ratsarbeit erleichtert. Sie bedanke sich, dass sie von anderen Politikern der Gruppe mehrmals im KJS vertreten worden sei, "als ich krankheitsbedingt ausgefallen bin". Künftig darf sie in einem Ausschuss nur noch ein sogenanntes Grundmandat ohne Stimmrecht wahrnehmen. "Allen Menschen mehr Teilhabe zu ermöglichen, wird auch zukünftig ein Fokus meiner Ratsarbeit sein", erklärt Jacobs hinsichtlich ihrer politischen Perspektive.
"Ein gravierender Fehler"
Das wird beim Piraten-Kreisverband ganz anders gesehen: "Wir fordern Karin Jacobs hiermit auf, das von ihr gezogene Mandat der Piratenpartei freizugeben und unverzüglich als Ratsfrau der Hansestadt Stade zurückzutreten", heißt es in einer vom Kreisvorsitzenden Richard Bodo Klaus veröffentlichten Erklärung. Die Kreis-Piraten gehen mit Jacobs hart ins Gericht: Ihre Aufstellung zu den Kommunalwahlen habe sich "im Nachhinein als gravierender Fehler" herausgestellt.
Klaus wirft Jacobs vor, ihre Pflichten im Stader Rat und in dessen Gremien nicht "konsequent und zuverlässig" wahrgenommen zu haben. Sie habe bisher keinerlei Anträge gestellt oder Anfragen an die Verwaltung gerichtet. Den Piraten-Kreisverband habe Jacobs bereits zu Jahresbeginn verlassen, weil sie dort wegen ihres Verhaltens keinen Rückhalt mehr gehabt habe, so Klaus. Er spricht in Bezug von Jacobs Austritt aus der "Bunten Gruppe" von einem Vertrauensbruch. Denn die Fortsetzung der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der FDP und UBLS im Stader Rat sei mit großer Mehrheit bei einer Mitgliederbefragung beschlossen und vom Kreisparteitag bestätigt worden.
Kreisverband distanziert sich von Jacobs
Der Kreisvorsitzender der Piratenpartei stellt klar: "Wir distanzieren uns von Frau Jacobs und ihrem Verhalten", obwohl diese formal noch als Ratsfrau für die Piratenpartei tätig sei. "Der Kreisverband Stade schließt kategorisch aus, Frau Jacobs in Zukunft wieder in seinen Reihen aufzunehmen. Das Vertrauen zu ihr ist nachhaltig und unwiederbringlich zerstört." Der Kreisverband bedauere die Geschehnisse zutiefst. Die Piraten würden sich künftig in der Verantwortung sehen, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten aufzustellen, die ihr Mandat ernst nehmen und im Sinne der Werte und Überzeugungen der Partei handeln.
Die Piraten wollen sich laut Klaus auch ohne Jacobs weiterhin "engagiert und verantwortungsbewusst" für die Belange der Stader Bürger einsetzen. Der Kreisvorsitzender verweist darauf, dass die Piraten von 2016 bis 2021 in der "Bunten Gruppe" erfolgreich mit FDP und UBLS im Sinne der Einwohner Stades zusammengearbeitet hätten. Man habe u.a. daran mitgewirkt, die ungerechte Straßenausbeitragssatzung abzuschaffen.
Wie geht es mit der "Bunten Gruppe" weiter?
"Die vertrauensvolle und engagierte Zusammenarbeit zwischen FDP und UBLS setzen wir selbstverständlich fort", erklärt der Gruppen-Vorsitzende Enrico Bergmann (FDP) auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Im Ausschuss für Kinder, Jugendliche und Soziales werde Jacobs durch Hendrik Deede (UBLS) ersetztn. Als kleine Gruppe im Rat binde man sehr erfolgreich hinzugewählte Mitglieder in die Arbeit der Ausschüsse ein. "Ich bin sicher, dass wir unsere Wählerinnen und Wähler im Rat der Hansestadt Stade weiterhin sehr gut vertreten werden."
Das WOCHENBLATT hatte Karin Jacobs am Freitag um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen seitens des Piraten-Kreisverbandes gebeten. Eine Stellungnahme lag bis Montagabend nicht vor.
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