Umstrittener Rollstuhlfahrer-Zuschlag
Stader SPD-Politiker schlägt Wertgutscheine für Taxifahrten vor
"Mehr Diskriminierung geht nicht." Mit diesen deutlichen Worten kommentierte der Buxtehuder Behindertenbeauftragte Jens Nübel in der WOCHENBLATT-Ausgabe vom vergangenen Samstag die Einführung eines Rollstuhlfahrer-Zuschlages bei Taxifahrten. Seit knapp zwei Wochen müssen behinderte Menschen, die im Rollstuhl sitzen, einen Aufschlag von sieben Euro pro Strecke zahlen, wenn sie ein Taxi ordern. Auf den Artikel gibt es jetzt eine Reaktion aus der Politik: Der SPD-Kreistagsabgeordnete Kai Holm schlägt eine Lösung vor, bei der den Rollstuhlfahrern die sieben Euro erspart bleiben. Dass das Thema ein Aufreger ist, zeigt sich auch in den sozialen Medien: Bei Facebook wurde intensiv über den WOCHENBLATT-Bericht diskutiert (siehe unten).
Der Rolli-Zuschlag war mit der Mehrheit von CDU, SPD und FWG im Zuge der allgemeinen Anhebung der Taxitarife beschlossen worden. Grüne und Linke sprachen sich dagegen aus. Dabei geht es um diejenigen Transporte, bei denen Rollstuhlfahrer per Rampe ins Fahrzeug geschoben werden müssen, weil sie nicht vom Rollstuhl auf einen Sitzplatz wechseln können. Gerade diesen schwerbehinderten Menschen zusätzliche Kosten aufzubürden, sei schlichtweg "unanständig", so Nübel. Wohlgemerkt: Es geht nur um Taxifahrten aus privaten Anlässen und nicht um Transporte zum Arzt oder in die Klinik, die in der Regel von der Krankenkasse übernommen werden.
Holm, der ursprünglich mit seiner Fraktion für den Zuschlag gestimmt hat, hat nach dem WOCHENBLATT-Bericht nun eine andere Sicht der Dinge. Ihm sei bei der Sache schon seinerzeit nicht wohl gewesen, so der SPD-Politiker. "Das derzeitige Echo beweist, dass die Entscheidung nicht so klug war." Holm sieht jetzt kurzfristigen Handlungsbedarf und nutzt sein Recht als Abgeordneter, einen Antrag an den Landkreis zu stellen, ohne sich vorher mit seiner Fraktion darüber zu beraten.
Der SPD-Politiker beantragt die Einführung von Beförderungswertscheinen in Höhe von jeweils sieben Euro. Die Gutscheine soll der Landkreis an Rollstuhlfahrer ausgeben. Diese können damit bei Taxifahrten den Zuschlag begleichen. Die Taxiunternehmen wiederum reichen die Scheine beim Kreishaus zwecks Erstattung ein. Die Wertscheine könnten auch digital per App bereitgestellt werden, so Holm.
Die Zusatzkosten dürften sich nach Ansicht von Holm in Grenzen halten. "Ich gehe davon aus, dass es sich um eine überschaubare Anzahl von Betroffenen handelt und sich die kostenmäßige Belastung der Kreiskasse somit als erträglich erweist", heißt es in seinem Antrag.
Diskussion im Internet
Der Artikel über den Taxi-Zuschlag für Rollstuhlfahrer hat auch zu einer kleinen Diskussion bei Facebook geführt. Dort ging es im Kern um die Mehrkosten, die ein Taxiunternehmen hat, wenn es ein Fahrzeug rollstuhltauglich umrüstet. Solch ein Umbau soll zwischen 8.000 und 15.000 Euro kosten. Taxibetreiber weisen darauf hin, dass der Zuschlag von sieben Euro ohnehin nicht kostendeckend sei. Die Branche hätte daher sogar 15 Euro beantragt - ohne Erfolg.
Außerdem wird auf den zeitlichen Mehraufwand und höhere Spritkosten beim Rollstuhltransport verwiesen. "Deutsche Taxler sind kein Wohlfahrtsverein, sondern Wirtschaftsunternehmen", schreibt Dietmar S., der offenbar aus der Branche kommt. Er ist der Ansicht, dass "Vater Staat" die Rollstuhlzuschläge übernehmen sollte - genauso wie Facebook-User Norman S., der ebenfalls meint, dass die Mehrkosten keinesfalls bei den Taxiunternehmen hängenbleiben dürfen, sondern aus öffentlichen Mitteln getragen werden müssen.
Franziska S. wiederum versteht nicht, warum der Zuschlag als "skandalös" bezeichnet werde: Wenn ein Spezialfahrzeug kommen müsse, dann sei doch klar, dass es mehr koste.
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