WOCHENBLATT-Serie "Blick über die Elbe" - Teil 1
In Kronsnest über die Krückau: Die kleinste Fähre Deutschlands
Die Elbe bildet auf einer Gesamtlänge von mehr als 100 Kilometern die nördliche Grenze der Landkreise Harburg und Stade. Seit jeher stellt der große Strom eine natürliche Barriere dar - besonders im Landkreis Stade, wo er mehr als zwei Kilometer breit ist. Die Elbe ist auch immer - abgesehen von wenigen Ausnahmen - eine Grenze für die Berichterstattung im WOCHENBLATT gewesen.
Das soll sich künftig ein wenig ändern. Das WOCHENBLATT startet in dieser Ausgabe eine neue Serie. Unter dem Titel "Blick über die Elbe" wird regelmäßig über interessante Themen vom Nordufer der Elbe berichtet. Es geht um Sehenswürdigkeiten, Besonderheiten, Kuriositäten und andere Dinge, die die Neugier der Redaktion geweckt haben. Die Serie startet gleich mit einem ganz speziellen "Superlativ": Es geht um die kleinste Fähre Deutschlands.
Einzige Krückau-Fähre
Die Krückau ist einer der Nebenflüsse auf der schleswig-holsteinischen Seite der Elbe. Knapp fünf Kilometer vor der Mündung gibt es die einzige Fähre, die über den kleinen Fluss führt. Die Fähre verbindet in Höhe des Dörfchens Kronsnest die beiden Gemeinden Neuendeich und Seester. Betrieben wird sie von einem Verein mit dem denkwürdigen Namen "Verein zur Förderung und Erhaltung der historischen Kronsnester Fähre als Denkmal auf dem Wasser e.V.". Der Verein stellt auch die Fährmänner bzw. -frauen, die erst nach einer amtlichen Prüfung Personen über die Krückau befördern dürfen.
Die Fährleute sind ehrenamtlich tätig - wie alle der rund 30 Aktiven im ca. 120 Mitglieder zählenden Fährverein. Dass die Ehrenamtlichen viel Herzblut in die Pflege und den Erhalt der Fähre stecken, ist deutlich sichtbar: Das Vereinsgelände, die Zuwegung, die Anleger und natürlich die Fähre selbst sind bestens in Schuss. Neben dem Prädikat "kleinste Fähre Deutschlands" kann der Verein übrigens mit einer weiteren Besonderheit aufwarten: Die Fähre Kronsnest ist die einzige handbetriebene Fähre in ganz Schleswig-Holstein.
Spezieller Ruderantrieb
Dieser "Handbetrieb" läuft auf ganz spezielle Weise ab, wie Vereins-Pressewart Norbert Gülicher erläutert. Zunächst werde "gestakt", indem der Fährmann sich mit voller Kraft vom Ufer abstößt. Mitten auf dem Fluss müsse man "wriggen", um die Fähre anzutreiben. Dafür dient der rund drei Meter lange Riemen, den Menschen mit wenig maritimer Sachkenntnis wohl als Ruder bezeichnen würden. "Das Wriggen erfolgt in Form einer geschwungenen Acht", erläutert Gülicher diese traditionelle Methode, die Fähre per Muskelkraft anzutreiben. Tradition hat auch die Fähre selbst: Ihr erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1576. Ende der 1960er Jahre dann die Zäsur: Der Fährbetrieb wurde eingestellt. Mit der Gründung des Fährvereins im Jahr 1992 gab es einen Neubeginn. Der Auftrag für den Bau eines neuen Fährkahns ging in den Landkreis Stade. Auf der Hatecke-Werft in Freiburg, die Holzboote nach alter Handwerkskunst baut, lief die "Hol över" im Frühjahr 1993 vom Stapel.
Eine kurze Überfahrt
Seitdem pendelt die Kronsnest-Fähre wieder regelmäßig über die Krückau. In Betrieb ist die Fähre vom 1. Mai bis zum 3. Oktober - jeweils an Wochenenden. Zwischen 5.000 bis 7.000 Fahrgäste zählt der Verein pro Saison. Die Überfahrt gibt es zum Schnäppchenpreis von 2 Euro; für die Fahrt retour legt man einen Euro drauf. Ein freundlicher Schnack mit den Fährleuten ist im Preis enthalten. "Dank des Fahrrad-Transports ist unsere Fähre auch bei Radlern sehr beliebt", sagt Gülicher. Ohne die Fährpassage müsste man bei Radtouren einen Umweg über das Krückau-Sperrwerk oder über Elmshorn fahren. Fahrgäste sollten unbedingt jeden Moment auf dem Boot genießen: Die Überfahrt dauert je nach Wasserstand höchstens zwei bis drei Minuten. Selbst bei Hochwasser ist die Krückau gerade mal 40 Meter breit.
Tolle Leckereien
Sollte es mal Andrang an der Fähre geben, lässt sich die Wartezeit angenehm überbrücken. Entweder mit einem Besuch des vereinseigenen Museumshäuschens, in dem gerade die Sonderausstellung "Leuchttürme der Unterelbe" läuft, oder mit Leckereien von der "Sööten Eck", die ebenfalls vom Verein betrieben wird und die Besucher mit Fährwaffeln und selbst gebackenem Kuchen beglückt. Besonders gefordert sind die "sööten Deerns" von der "Sööten Eck" an den Festtagen, die der Verein an verschiedenen Terminen ausrichtet und zu denen regionale Köstlichkeiten serviert werden (siehe unten).
"Eines der Feste wäre doch eine tolle Gelegenheit, der Fähre Kronsnest mal einen Besuch abzustatten", meint Gülisch. "Unser Verein würde sich über Gäste aus dem Landkreis Stade freuen."
Infos und Termine
Die Fähre Kronsnest ist vom 1. Mai bis 3. Oktober in Betrieb. Fährzeiten: samstags von 12 bis 18 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 10.30 bis 18 Uhr. Vom Elbfähre-Anleger Glückstadt beträgt die Entfernung mit dem Rad rund 20 Kilometer, vom Anleger Schulau sind es knapp 24 Kilometer.
Am Sonntag, 8. September, wird an der Fähre Kronsnest der Kartoffeltag gefeiert. Den Besuchern werden leckere Speisen rund um die Kartoffel serviert. Eine Spezialität sind die Kartoffelpuffer mit Fährmannsdipp. Regionale Köstlichkeiten gibt es auch am Donnerstag, 3. Oktober, wenn der Saisonabschluss begangen wird. Dieses Fest steht ganz im Zeichen des Kürbisses. Außerdem findet an beiden Terminen ein Kunsthandwerkermarkt statt.
Infos: www.faehre-kronsnest.de
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