IHK-Konjunkturumfrage für Niedersachsen
Standortprobleme der niedersächsischen Wirtschaft bleiben ungelöst
In der niedersächsischen Geschäftswelt haben sich die Erwartungen im ersten Quartal in Anbetracht der Schuldenpakete erholt. Der IHK-Konjunkturklima-Indikator für das erste Quartal 2025 steigt um neun auf 89 Punkte (Vorquartal: 80 Punkte). Das ergab die Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern bei knapp 1.900 Unternehmen. Während die kurzfristigen Stimmungsindikatoren wie die Beurteilung der Geschäftslage und die Erwartungen zulegen konnten, zeigen die konkreten Bestands- und Planungsindikatoren der IHK-Umfrage wie Auftragseingänge oder Investitionsplanungen das Dilemma: Die Strukturprobleme sind gewaltig.
Die aktuelle Geschäftslage wird etwas besser eingeschätzt als zu Jahresbeginn. 22 Prozent (Vorquartal: 17 Prozent) der Unternehmen sehen die Lage als gut an, 52 Prozent (Vorquartal: 55 Prozent) sind zufrieden und 27 Prozent (Vorquartal: 28 Prozent) beurteilen ihre Lage als schlecht. Die Erwartungen an die kommenden Monate haben sich leicht verbessert: 12 Prozent der Unternehmen (Vorquartal 8 Prozent) rechnen mit einer günstigeren Geschäftsentwicklung, 61 Prozent (Vorquartal 56 Prozent) erwarten gleichbleibende Geschäfte und 28 Prozent (Vorquartal 36 Prozent) rechnen mit einer ungünstigen Entwicklung.
Die Geschäftsentwicklung der Industrie bleibt kritisch und dürfte nicht zuletzt von der Einführung von Zöllen abhängen, die zumindest indirekt über Lieferverflechtungen für mehrere Branchen bestimmend sind. Die Auftragseingänge haben sich leicht verbessert, der Auftragsbestand bleibt im Saldo aber unbefriedigend. Bei den energieintensiven Branchen wie der chemischen Industrie haben sich die Erwartungen mit der Aussicht auf niedrigere Energiepreise erhöht.
Die Perspektiven der Bauwirtschaft haben sich mit den Sondervermögen für Infrastruktur erheblich verbessert. Der Tief- und Infrastrukturbau dürfte in den kommenden Jahren keinen Auftragsmangel haben. Schwierig bleibt die Situation dagegen im Wohnungsbau: Die erhöhten Baupreise haben bei real stagnierenden Einkommen die Nachfrage reduziert. Preiswertes Bauen durch serielle Fertigung und Typengenehmigungen könnten dem Wohnungsbau einen Schub geben.
Die Geschäftslage im Einzelhandel hat sich trotz steigender Einkommen nicht verbessert. Insbesondere die Innenstadtsortimente melden einen schlechten Geschäftsverlauf und haben ungünstige Erwartungen: Fast drei Viertel der Bekleidungsgeschäfte im stationären Einzelhandel rechnen mit schwachen Geschäften.
Online haben die Umsätze nach Angaben des Statistischen Bundesamtes dagegen wieder zweistellig
Wachstumsraten erreicht. Die Geschäfte des Großhandels haben sich nach dem Umfragetief im Herbst/Winter auf niedrigem Niveau erholt.
Die Geschäftslage des Verkehrsgewerbes bleibt schwierig. Das Beförderungsvolumen war im ersten Quartal nicht ausreichend: Knapp jedes zweite Unternehmen berichtet von rückläufigen Mengen. Für die kommenden Monate wird bei steigenden Preisen von einem stabilen Beförderungsvolumen ausgegangen. Bei Speditionen wie Busunternehmen beeinträchtigt der Fahrermangel unverändert die Geschäfte.
Das Gastgewerbe war im ersten Quartal mit den Übernachtungszahlen annähernd zufrieden. Die Umsätze im Restaurationsbereich waren jedoch in jedem zweiten Betrieb rückläufig. Die Kostensteigerungen (Löhne, Einkauf) stehen nach wie vor der Sparsamkeit der Gäste gegenüber. Die Erwartungen sind eher zurückhaltend.
Gute Geschäfte meldet dagegen der Finanzsektor. Bei den Kreditinstituten bleibt das Kreditgeschäft sowohl bei Privat- als auch bei Geschäftskunden expansiv. Bei den Versicherungen wird das Geschäft auch dank Beitragssteigerungen positiv beurteilt.
Die Umsätze der Dienstleistungsunternehmen stagnierten in den ersten Monaten. Bis auf den Bereich der Zeitarbeit und die personenorientierten Dienstleister wurde die Geschäftsentwicklung überwiegend zufriedenstellend beurteilt. Die robuste Entwicklung setzt sich damit unverändert fort.
„Für eine Aufbruchstimmung braucht es starke Reformen, die sich auf private Investitionen und nicht auf schuldenfinanzierte Staatsausgaben stützen. Die Unternehmen brauchen Investitionsanreize über steuerliche Entlastungen, weniger Bürokratie und mehr Freiraum in Verbindung mit mehr Tempo“, sagte IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt. „Die Politik muss alles tun, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu stärken. Dazu zählt nicht zuletzt auch bezahlbare und sichere Energie. Das alles brauchen wir nicht erst in zwei oder drei Jahren, sondern so schnell wie möglich“, so die Einschätzung Bielfeldts.
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