Alpha-E
Projektsprecher entlarvt Falschaussagen des Verkehrsministeriums

Tostedts Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam, Sprecher des Projektbeirats Alpha-E | Foto: bim
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Zu den Ausführungen des Bundesverkehrsministeriums zu Alpha-E und Deutschlandtakt nimmt Tostedts Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam in seiner Funktion als Sprecher des Projektbeirats Alpha-E Stellung - und beantwortet auch die Fragen, auf die der Ministeriumssprecher Antworten schuldig geblieben ist. Auch entlarvt er Falschaussagen. Dörsam hat die Planungen und Diskussionen von Beginn an verfolgt.

"Auffällig ist, dass die Frage zum Stand des Ausbaus des optimierten Alpha-E gar nicht beantwortet bzw. nur zur Strecke Hamburg-Hannover geantwortet wird. Am weitesten vorangeschritten ist die Planung für das zweite Gleis auf der Strecke Rotenburg-Verden. Hier hat der Bundestag am 24. Juni 2021 die gesetzliche Vorzugsvariante und die Kernforderungen der Region für insbesondere übergesetzlichen Lärmschutz in Höhe von bis zu 183,5 Millionen Euro beschlossen. Die Entwurfs- und Genehmigungsplanung wurde begonnen. Jetzt müsste eigentlich alles für eine möglichst schnelle Umsetzung getan werden, denn mit der Umsetzung werden dringend benötigte Kapazitäten und eine zusätzliche Redundanz geschaffen", sagt Dörsam.

Die Behauptung, dass im Dialogforum festgestellt wurde, dass ein dreigleisiger Bestandsausbau (Alpha-E) „die verkehrlichen (kapazitiven) Anforderungen nicht vollumfänglich erfüllt“, sei falsch. Im Abschlussdokument des Dialogforums Schiene Nord heiße es: „Die DB AG weist darauf hin, dass vom Gutachter des Bundes der Alpha-E-Variante am 6. Oktober 2015 eine ausreichende Kapazität für die prognostizierte durchschnittliche Belastung 2030 bestätigt wurde. Restkapazitäten sind für zusätzliche Verkehre auf alternativen Laufwegen Richtung Süd-Ost und Süd-West, nicht aber Richtung Süden verfügbar. Die DB AG weist darauf hin, dass sie für den Fall, dass das tatsächliche Verkehrsaufkommen die prognostizierten Werte erreicht und übersteigt und damit die Leistungsfähigkeit der Infrastruktur überschritten wird, weitere Ausbaumaßnahmen beim Bund beantragen muss. Wenn solche Maßnahmen notwendig werden sollten, würde dies in einem neuen Dialogforum mit den Betroffenen erarbeitet werden.“

"Mit der Aufnahme des optimierten Alpha-E in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 wurde die DB Netz AG keinesfalls mit einer ergebnisoffenen Prüfung aller Varianten beauftragt", betont Dörsam. Dass die Strecke mit „ABS/NBS Hannover – Hamburg bezeichnet“ wurde, sei ausdrücklich damit begründet, dass für mögliche Ortsumfahrungen auch Neubauanteile möglich sein müssten. "Ansonsten ist die Strecke im Bedarfsplan Schiene sehr eindeutig beschrieben. Es wird ein drittes Gleis zwischen Lüneburg und Uelzen vorgesehen und mögliche Ortsumfahrungen. Hieraus lässt sich kein Auftrag für die Planung einer Neubautrasse ableiten. Da Frank Limprecht, Leiter Großprojekte Norddeutschland bei der Bahntochter DB Netz AG, in Seevetal sagte, dass der Planungsauftrag durch die 'Arbeitsebene' gegeben wurde, geht er offensichtlich auch davon aus, dass sich aus dem Bedarfsplan Schiene kein solcher Auftrag herleiten lässt", so Dörsam.

Auch die Behauptung, dass wegen der Rechtssicherheit bei einem Streckenausbau auch bestandsferne Neubauvarianten geprüft werden müssten, passe nicht. So habe die DB Netz AG z.B. bei der Strecke Rotenburg-Verden keine Neubauvarianten alternativ zu dem zweiten Gleis geprüft.

Für die Planungskosten liegen dem Projektbeirat keine genauen Informationen vor. Zu den Gesamtkosten für die jetzige Version des Deutschlandtaktes seien für die in dem Unterabschnitt zusammengefassten Projekte rund 48 Milliarden Euro veranschlagt. Michael Theurer, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium und Beauftragter für den Schienenverkehr, habe bei der Veranstaltung zum Deutschlandtakt in Hamburg sogar von 70 Milliarden Euro gesprochen.

Beim Ausbau der Bahnhöfe fordert Dörsam dringend eine Beschleunigung. "Die Engpässe sind längst bekannt. Auch viele Missstände im Personennahverkehr sind auf mangelnde Kapazitäten in den Bahnhöfen zurückzuführen. Da in Hamburg nicht genug Gleise vorhanden sind, müssen z.B. die Metronomzüge hintereinander halten, daher können keine zusätzlichen Waggons angehängt werden."

Allgemeine Anmerkung:
Mit allen weiteren Informationen verdichtet sich der Eindruck, dass die DB Netz AG schon seit Jahren vorrangig eine Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover plant. Auf welcher rechtlichen Basis sie dies tut, bleibt vollkommen unklar. Unabhängig davon wurde der Öffentlichkeit gegenüber von der DB Netz AG und dem Bundesverkehrsministerium über viele Jahre beteuert, dass es nur um den Bestandsausbau geht und andere Betrachtungen nur zur Absicherung dieser Planung angeführt würden. Wenn jetzt eine Neubaustrecke durchgesetzt werden soll, wird jegliches Vertrauen in Dialogprozesse zerstört.

Offensichtlich soll die alte Y-Trasse wiederbelebt werden. Diese bestand 25 Jahre lang auf dem Papier und hat sinnvolle Ausbauplanungen blockiert. Auch die vollkommen unzureichende Anbindung des dritten Gleises zwischen Ashausen und Lüneburg erfolgte aufgrund der Absicht, die Y-Trasse zu bauen, weil nach deren Fertigstellung ja keine bessere Anbindung (Weichen) des dritten Gleises erforderlich sei. Jetzt droht wieder die Verzögerung von längst überfälligen Ausbaumaßnahmen, sodass die dringend notwendigen Kapazitätssteigerungen auf der Bestandsstrecke nicht erfolgen werden. Die Diskussion um eine wahrscheinlich nicht durchsetzbare Neubautrasse würde alles überlagern.

 • Hinter der Stellungnahme von Dr. Dörsam stehen u.a. auch die Samtgemeinde-Bürgermeister Wolfgang Krause (Salzhausen) und Olaf Muus (Hanstedt) sowie Seevetals Bürgermeisterin Emily Weede.

• Infos zum Bahnprojekt Hamburg/Bremen-Hannover unter www.hamburg-bremen-hannover.de/rotenburg-verden.html.

Die Aussagen eines Sprechers des Bundesverkehrsministeriums lesen Sie hier:

Alle Texte zu "Alpha-E“

5 Kommentare

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Ricarda Bronsema aus Salzhausen
am 03.12.2022 um 13:33

Mich haben die Aussagen von Herrn Dörsam ein wenig stutzig gemacht. Danke daher an Herrn Müller für die ergänzenden Quellen, die manches dann doch in ein anderes Licht rücken.

Je mehr ich mich mit dem Thema der Bahntrasse beschäftige, desto deutlicher wird, wie sehr einige nur ihre Partikularinteressen vertreten.

Herr Dörsam scheint dafür ein Paradebeispiel zu sein. Am Anfang dachte ich noch, der Projektbeirat vertritt die Interessen unserer Heideregion. Dass sensible Naturräume und mögliche Trassenanwohner geschützt gehören, sollte selbstverständlich sein. So habe ich den Anspruch des Projektbeirats anfangs auch erlebt.

Leider gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass er davon abgekommen ist. Wie die Bahn bei ihren jüngsten Veranstaltungen den Kommunen mitgeteilt hat und auch zuletzt im NDR berichtet wurde, soll die A7-Trasse wohl nicht nur in Sachsen Umweltauswirkungen am besten abschneiden. Auch sollen am wenigsten Anwohner betroffen sein. Da fragt man sich dann schon, was Dörsam als Beiratssprecher noch antreibt, gegen die A7-Trasse zu polemisieren. Zumal er die Interessen der Pendler offenbar nie auf dem Zettel hatte. Wenn diejenigen wegen der Streckenüberlastung verspätungsanfälligen ICE, die heute ohnehin ohne Halt durch Lüneburg, Uelzen und Celle fahren, von der dortigen Bestandsstrecke auf die Neubautrasse verlagert werden, kann an den Bestandsbahnhöfen mehr und pünktlicherer Nahverkehr fahren, was schon lange gefordert wird. Gleichzeitig können auch Garlstorf, Bispingen oder Bergen endlich einen Regionalexpresshalt bekommen.

Der Projektbeirat sollte dringend wieder die Interessen unserer Region in den Blick nehmen. Und darüber hinaus auch grundsätzlich mal darüber nachdenken, ob die Blockade von umweltfreundlicher Infrastruktur überhaupt noch zeitgemäß ist in Zeiten des Klimanotstands. Sonst macht sich der Beirat überflüssig.

Ohnehin beschleicht mich langsam das Gefühl, insbesondere, da Dörsam nun wieder Ängste vor der Y-Trasse schürt, die er ablehnt, dass es ihm nur darum geht, dass sein Tostedt, das ja von der Y-Trasse betroffen wäre, fein raus ist. Mit seiner grundsätzlichen Anti-Haltung gegen jede Neubaustrecke glaubt er sich wohl auf der sicheren Seite, wenn ihm zufolge nur der Bestandsausbau zumutbar sei. Das halte ich allerdings für einen Trugschluss, denn wie von der Bahn zu hören ist, soll die Bestandsvariante u.a. aufgrund der Häuserabrisse und Trassierung durch Naturschutzgebiete die schlechteste aller untersuchten Varianten sein. Wenn Dörsam in diesem Wissen trotzdem weiter die für Mensch und Umwelt offenbar schlechteste Trasse fordert, spricht das umso mehr gegen ihn. Da scheint es doch recht klar nur um Einzelinteressen zu gehen. Dann hat der Mann allerdings nichts mehr in seiner Funktion als Beiratssprecher verloren.

Leserreporter
Hans Meyer aus Hanstedt
am 03.12.2022 um 14:33

"Unabhängig davon wurde der Öffentlichkeit gegenüber von der DB Netz AG und dem Bundesverkehrsministerium über viele Jahre beteuert, dass es nur um den Bestandsausbau geht und andere Betrachtungen nur zur Absicherung dieser Planung angeführt würden. Wenn jetzt eine Neubaustrecke durchgesetzt werden soll, wird jegliches Vertrauen in Dialogprozesse zerstört."

Liebes Wochenblatt, das ist sachlich schlicht falsch. Schon im Dialogforum Schiene Nord hatte der Bundesgutachter klipp und klar gesagt, dass nur ein drittes und viertes Gleis den Engpass auflösen kann. Herr Müller hatte in seinem Kommentar entsprechend zum Dialogforum verlinkt. Jeder Teilnehmer des Dialogforums wusste, dass die Alpha-Lösung unzureichend ist. Eine knappe Mehrheit des höchst fraglich zusammengesetzten Dialogforums ( https://www.landeszeitung.de/lueneburg/44805-305208/ oder https://celler-presse.de/2015/11/08/dialogforum-schiene-nord-nicht-alle-teilnehmer-waren-begeistert/ ) entschied sich trotzdem aus egoistischen Motiven (nach dem Motto: lieber eine nicht umsetzbare Variante woanders, als eine sehr wohl umsetzbare vor der eigenen Haustür) ganz bewusst für diese Nicht-Lösung namens Alpha-E, von der alle wussten, dass sie mangels Wirtschaftlichkeit, Engpassauflösung und wegen Häuserabrissen niemals umsetzbar sein würde.

Bund und Bahn haben im Anschluss zwar versprochen, alles zu versuchen, um Alpha-E doch irgendwie zu optimieren, aber die Quadratur des Kreises ist ihnen erwartungsgemäß nicht gelungen. Bereits 2016 bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans und des entsprechenden Bundesschienenwegeausbaugesetzes musste der Bundestag die Neubaustrecke zum dann "optimierten Alpha-E" ergänzen, sonst wäre nämlich zwischen Hamburg und Hannover gar nichts in den Wegeplan gekommen. Seit 6 Jahren ist damit vollkommen klar, dass eine Neubaustrecke auf dem Tisch liegt. Das weiß Herr Dörsam als Beiratssprecher ganz genau.

Dass "andere Betrachtungen als der Bestandsausbau nur zur Absicherung dieser Planung" angeführt würden, ist doch sachlogisch gar nicht möglich. Das Raumordnungs- und Umweltverträglichkeitsgesetz zwingt bei erheblichen Schützgüterbetroffenheiten, die nun mal rund um Lüneburg mit drohenden Häuserabrissen und Naturschutzgebietdurchfahrungen deutlich vorhanden sind, zur Betrachtung von Trassenalternativen - natürlich. Aber das ist doch kein rechtlicher Selbstzweck nach dem Motto: "Nun haben wir im Gegensatz zur sehr problematischen Ausbaustrecke deutlich verträglichere Neubaustrecken geprüft und gefunden, aber bauen einfach trotzdem die Ausbaustrecke." Welchen Sinn soll das bitte machen? Selbstverständlich strengt man eine Variantenprüfung ergebnisoffen an und wenn man dann (sogar übrigens sehr erwartungsgemäß, wenn wir an den o.g. Bundesgutachter im Dialogforum zurückdenken) feststellt, dass die Alternativen eben deutlich besser sind als die sehr schlecht abschneidende Ausbauidee, dann hat das natürlich planrechtliche Konsequenzen. Und zwar dergestalt, dass der Ausbau nicht umsetzbar ist und man rechtlich gesehen nur vor der Alternative steht, die verträglichste der untersuchten Trassen oder gar keine zu bauen. Denn alle anderen würden vom Bundesverwaltungsgericht kassiert. Das haben Bund und Bahn mit der frühzeitig angekündigten "Sensitivitätsanalyse" (Trassenauswahlverfahren im Schutzgütervergleich in Vorbereitung auf Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren) aber von Anfang an transparent angekündigt. Wer das Projekt schon lange verfolgt, ist sich dessen also seit dem Dialogforum bewusst.

Alles andere war Wunschdenken von manchen Bürgerinitiativen und Leuten wie Herrn Dörsam aus dem Projektbeirat.

Das Vertrauen in den Dialogprozess war seit dem fraglich zusammengesetzten Dialogforum beschädigt. Und insbesondere durch die ebenso zweifelhafte Abschlusserklärung, von der man wusste, dass sie der Bundesgutachter für nicht umsetzbar hält. Kein Wunder, dass die Bundespolitik das Projekt nur ein Jahr später mit der Hinzunahmen der Neubaustrecke in die Planung retten musste.

Das Vertrauen, dass Egoisten wie Dörsam, die umweltfreundliche Verkehrspolitik, die Erschließung des ländlichen Raums und Pendlerinteressen blockieren, wo es nur geht, Interessen der Heideregion noch vertreten oder überhaupt je vertreten haben, ist schlichtweg nicht existent.

Leserreporter
Peter Becker aus Seevetal
am 03.12.2022 um 14:47

Ohje Herr Dörsam, da muss die eigene Argumentationsarmut aber schon gewaltig sein, wenn Sie dem Bundesverkehrsministerium Falschaussagen unterstellen, die mit einem einfachen Blick auf die Fakten als Falschaussagen Ihrerseits zu entlarven sind.

Die Unterstellungen sind so billig und plump, dass sie es gar nicht wert sind, näher darauf einzugehen. Danke an Herrn Müller, dass Sie es trotzdem mal beispielhaft gemacht haben. Jedenfalls kann ja jeder die Fakten im Bundesschienewegeausbaugesetz, im Bundesverkehrswegeplan, auf der Projektwebseite der DB Netz, in der Dokumentation des Dialogforums Schiene Nord usw. oder in den vielen Presseberichten zum Thema nachlesen.

Es ist wirklich bedauerlich, mit welcher Penetranz manche Leute wie Herr Dörsam die Interessen der Region mit Füßen treten.