Zum Jäger werden aus Respekt vor Tieren und Natur
Frauen auf der Jagd sind noch immer eine Seltenheit, doch Janine Cohrs hat gute Gründe, es zu tun
ab. Tostedt. Eine kühle Herbstnacht im Wald. Ein Rehbock streift umher. Er verharrt in seinen Bewegungen, es fällt ein Schuss. Das Tier sinkt zu Boden. Hinter einem Baum tritt der Schütze hervor. Die Überraschung: Eine junge, hübsche Frau hat das Tier erlegt.
Es ist ein stetiger Anstieg bei jagenden Frauen zu beobachten: Lag der Anteil der Jägerinnen laut Deutschem Jagdverband vor rund 20 Jahren noch bei einem Prozent, sind es inzwischen zehn, Tendenz steigend.
Die 35-jährige Janine Cohrs gehört zur jagenden Zunft. Auf dem Hochsitz beobachtet die attraktive Tostedterin Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, erkennt Rufe und Stimmen und kann sie zuordnen. Hier kommt sie zur Ruhe. Sie schwärmt: „Eine Nacht im Wald zu verbringen, ist wunderschön.“ Es macht demütig, findet sie. „Mein Respekt vor der Natur ist sehr groß, ich sehe mich als Gast, der dort sein und sie genießen darf.“ Und ein Tier, das geschossen werde, habe bis zu Bruchteilen von Sekunden vor seinem Tod ein freies und schönes Leben geführt.
Noch immer gehören jagende Frauen einer Minderheit an. Gesellschaftlich gesehen sind Jägerinnen nach wie vor etwas Ungewöhnliches: Frauen stehen dafür, Leben zu geben, statt es zu nehmen, während Männer auf die Jagd gehen.
Vor gut einem Jahr hat Janine Cohrs ihr „grünes Abitur“, den Jagdschein, im Landkreis Stade bestanden. „Ich bin zwischen Jägern aufgewachsen“, erzählt die Marketing-Fachfrau. „Mein Opa hat gejagt, mein Vater jagt und mein Stiefvater ebenso.“
Früher hätte sie das Jagen für sich gar nicht in Erwägung gezogen, so Cohrs, „ich kannte auch keine Jägerinnen“, „sagt sie. Doch vor einiger Zeit hat sie sich intensiv mit Nachhaltigkeit und gesunder Ernährung auseinandergesetzt. Das schloss auch die Herkunft von Fleisch mit ein. Da Jäger das erlegte Tier meistens selbst verwerten dürfen, entschied sie sich dafür, selbst den Jagdschein zu machen.
Obwohl sie bereits als Kind ihre Verwandten auf die Jagd begleitet hatte, musste die Tostedterin ihre Hemmschwelle, selbst auf Tiere zu schießen, erst einmal überwinden. Inzwischen ist es ihr gelungen. Das Ausweiden hingegen habe ihr von Anfang an keine Schwierigkeiten bereitet. „Schon als Kind habe ich bei Schlacht-festen auf dem Nachbarhof begeistert mit angefasst“, erzählt Janine Cohrs.
Inzwischen hat sie mehrfach Wild erlegt, u.a. zwei Rehböcke, einer von ihnen war todkrank. „Ich konnte ihn von seinem Leid erlösen“, sagt Cohrs. Für sie stehen beim Jagen Nachhaltigkeit, Artenschutz und Naturschutz im Vordergrund: „Als Jägerin sehe ich es als meine Aufgabe, für ein Gleichgewicht in der Natur zu sorgen.“ Und das kann sie als Frau genauso gut wie ein Mann.
Redakteur:Alexandra Bisping |
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