Polizei und Banken starten neues Präventionsprojekt
Briefumschlag als letzte Warnung
Kampf gegen Enkeltrickbetrüger und falsche Polizisten
thl. Buchholz. "Hallo Oma, hier ist dein Enkel. Ich habe einen Unfall gehabt und brauche jetzt ganz schnell Geld für einen Anwalt."; "Guten Tag, mein Name ist Kommissar Meyer von der Polizei. Bei ihnen ist ein Einbruch geplant. Ich schicke gleich einen Kollegen vorbei, der ihre Wertsachen in Sicherheit bringt."
So und ähnlich klingen Anrufe von Gaunern, die mit der Enkeltrick- oder Falsche-Polizisten-Masche versuchen, Bürgern ihr Erspartes wegzunehmen. Das perfide dabei: Die Opfer gehören fast ausnahmslos der Generation 65+ an. Jetzt haben sich Polizei und Kreditinstitute zusammengeschlossen, um die Senioren zu sensibilisieren und Taten zu verhindern. Kontoinhaber, die künftig ungewöhnliche Beträge von ihrem Konto abheben, bekommen das Geld in einem Umschlag überreicht, auf denen eine Checkliste mit folgenden Fragen abgebildet ist:
Haben Sie den Geldbetrag abgehoben, weil Sie angerufen worden sind?
Hat Ihnen der Anrufer verboten, über den wahren Zweck der Abholung zu sprechen?
Sollen Sie das Geld an eine unbekannte Person übergeben?
Sollen Sie das Geld noch heute übergeben?
Hat sich der Anrufer als Familienangehöriger, Polizist, Richter, Arzt etc. ausgegeben?
Sollen Sie das Geld überweisen oder eine Geldwertkarte kaufen?
"Können Sie zwei oder Fragen mit Ja beantworten, dann rufen Sie sofort die Polizei unter 110 an", steht weiter auf den Umschlägen.
"Der Briefumschlag soll quasi die letzte Warnung für die Opfer sein, bevor sie ihr Geld an die Täter übergeben", sagte Frank Freienberg, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Harburg, als das Präventionsprojekt am Mittwoch vorgestellt wurde. Wie wichtig die Warnhinweise sind, zeigt die Tatsache, dass während des Pressetermins vier Bürger auf der Wache anriefen, die gerade Anrufe von falschen Polizisten gehabt hatten, aber nicht auf die Masche hereingefallen sind.
"Statistisch haben wir im Landkreis jeden Tag eine Tat", sagte Carsten Bünger, Präventionsbeauftragter der Polizei. Er geht allerdings auch von einer "nicht messbaren Dunkelziffer" aus. "Viele Opfer erstatten viel aus Scham keine Anzeige und behalten den Vorfall für sich. Andere, die den Gaunern Paroli bieten und auflegen, melden sich vielleicht auch nicht, weil das Thema für sie durch ist", so Bünger. Dabei ist jede Information für Polizei wichtig. "Nur so können wir Lagebilder erstellen", unterstrich Freienberg.
Haben die Täter ein Opfer "an der Angel", bombardieren sie es mit Anrufen im Minutentakt. "Die Leute kommen nicht mehr dazu, einen klaren Gedanken zu fassen. Hinzu kommt, dass die Täter geschult sind und wissen, wie sie mit ihrem Opfer umgehen müssen", so Freienberg weiter.
Von den rund 350 registrierten Taten im vergangenen Jahr, blieben die meisten ein Versuch. "Gelingt den Gaunern der Coup, geht der Schaden aber schnell in den fünfstelligen Eurobereich", so Bünger. Die Aufklärungsquote ist schwindend gering. Nur fünf Taten konnten aufgeklärt werden. Dabei wurden aber auch nur die angeheuerten Kuriere festgenommen, die das Geld von den Opfern abholen sollten. "Die Hintermänner sitzen meist irgendwo im Ausland", weiß Freienberg aus Erfahrung.
Als die Volksbank Lüneburger Heide und die Sparkasse Harburg-Buxtehude von den Präventionsplänen der Polizei mit den Umschlägen erfuhr, haben beide Banken gar nicht lange überlegt und ihre Teilnahme zugesagt. "Da stecken echte Schicksale hinter. Unsere Mitarbeiter sind geschult und warnen die Kunden, wenn es zu ungewöhnlichen Abhebungen kommt. Aber wenn die Leute mit uns nicht reden wollen, sind uns die Hände gebunden", sagte Sandra Becker von der Sparkasse. Und ihr Kollege Frank Soetbeer von der Volksbank ergänzte: "Wir sind immer wieder über die Heimtücke der Täter erstaunt, die ihren Opfern suggerieren, dass die Bankmitarbeiter mit de angeblichen Gangstern unter einer Decke stecken. Damit spielen sie mit den Ängsten der Menschen."
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